Rede von Ruben Neugebauer, Sea-Watch, auf der 494. Montagsdemo am 16.12.2019
Vielen Dank, dass ich hier heute sprechen darf! Die 494. Montagsdemo schon! Ihr zeigt hier, was Durchhaltevermögen heißt! Ich war bei einer der ersten Montagsdemos dabei, gut zehn Jahre ist das jetzt her, aber diese Zeit ist mir gut in Erinnerung geblieben. Ich weiß aus dieser Zeit, dass ihr Euch hier mit Zivilem Ungehorsam auskennt.
Das ist gut, denn das Gegenteil des Zivilen Ungehorsams hat derzeit drastische Folgen, nicht nur hier in Stuttgart, wo wir das Loch da drüben begutachten können, sondern vor allem auch an den europäischen Außengrenzen oder dort, wo schon jetzt Menschen unter den Folgen der Klimakrise leiden.
„Allen Opfern des zivilen Gehorsams“ ist die Widmung in dem Aufruf, den unsere Kapitänin und meine gute Freundin Carola Rackete geschrieben hat, und genau darüber möchte ich sprechen.
Ich möchte Euch vom ersten Einsatz erzählen, den ich 2019 an Europas Seegrenze gefahren habe. Das war ein sehr trauriger. Auf der griechischen Insel Lesbos, wo wir mit Sea-Watch die Einsätze von Refugee Rescue unterstützen, mussten wir eine Leiche bergen.
Das war kein schöner Anblick, der Körper war völlig aufgedunsen und stark verwest, an Stelle des Gesichts waren Knochen, die Fische hatten die Augen gefressen. Es handelte sich um einen verhältnismäßig kleinen Körper. Nach mehreren Wochen im Wasser waren Alter und Geschlecht der Person von uns nicht mehr festzustellen; in der selben Gegend wurde aber ein neunjähriges Mädchen aus Afghanistan vermisst. Wir wussten nicht, was wir den Eltern sagen sollten, mit denen meine Crew in Kontakt stand, weil sie auch an der dramatischen Suche beteiligt war. weiterlesen