Rede von Dr. Winfried Wolf, Verkehrsexperte, Journalist und Herausgeber von ‚LunaPark21‘, auf der 564. Montagsdemo am 31.5.2021
Sehr geehrter Herr Nopper,
Sie haben im OB-Wahlkampf wiederholt betont: „Ich bin Stuttgarter vom Scheitel bis zur Sohle – ich […] habe tiefe Stuttgarter Wurzeln.“[1] Und Sie beziehen sich immer wieder positiv auf eine Landeshauptstadt, die „von Liberalität, Toleranz und wechselseitigem Respekt geprägt“ sein soll. In diesem Zusammenhang schwärmten Sie von einem neuen „Stuttgart Spirit“, der geschaffen werden müsse – irgendeine „ideale Mischung von Moderne und Tradition, von Spätzle und Spitzentechnologie“, eine Stadt „mit schaffigen und lebensfrohen Menschen zwischen Umsatz und Grundsatz“.[2]
Ich muss zugeben, dass mir bei diesem Wortgeklingel leicht schwindelig wurde. Doch betreiben wir keine Kaffeesatzleserei. Sie, Herr Nopper, sind Oberbürgermeister der baden-württembergischen Landeshauptstadt geworden, wobei Sie auch im zweiten Wahlgang keine absolute Stimmenmehrheit – sondern nur 42,3 Prozent – auf sich vereinten. Das in diesem Punkt wenig überzeugende Wahlrecht macht das möglich. Insofern steht es Ihnen gut zu Gesicht, wenn Sie sagen: „ich blicke mit Demut und Respekt auf diese große Aufgabe“ – als OB Stuttgarts zu wirken.[3] Und es gibt in den ersten Wochen Ihres Wirkens dann zumindest einen Punkt, den wir positiv werten: Sie stellten im Gespräch mit dem Team der Mahnwache gegen Stuttgart 21 in Aussicht, dass ab Sommer das Mahnwachenzelt in eine feste Behausung überführt wird und dass dabei eine Regelung gefunden wird, bei der die Nachtschicht für das Mahnwachen-Team entfällt. Hut ab und unser Respekt! Und natürlich auch Hut ab und unsere volle Unterstützung für das Mahnwachenteam und den Neuanfang in Kontinuität mit zwölf Jahren Mahnwache gegen Stuttgart 21!
Lassen Sie mich, Herr Nopper, zwei große Themen der Stuttgarter Zivilgesellschaft herausgreifen. Und anhand derer Ihre Grundaussagen überprüfen und diese mit unseren Auffassungen konfrontieren.
Thema 1: Autoindustrie und Verkehrspolitik.
Die Stadt Stuttgart wird wie keine andere Landeshauptstadt von der Autoindustrie geprägt – insbesondere von den Unternehmen Daimler, Porsche und Bosch. Alle Ihre bisherigen Reden sind durchtränkt von einer fast nahtlosen Identifikation mit diesen Unternehmen. So beziehen Sie sich positiv auf „Robert Bosch, Gottlieb Daimler und Ferdinand Porsche“ als Personen, die für die „Stadt der Erfinder und Tüftler“ charakteristisch seien. weiterlesen →