Leichensammler

Peter Grohmanns Wettern der Woche am 22.8.2022

 

Es ist gerade mal 31 Jahre her, seit die Sowjetunion, die Mutter aller Werktätigen, endgültig das Zeitliche segnete – nach langen, mit großer Geduld ertragenen Leiden. Vorher gab es, teilt der mdr mit, viele von Wodka befeuerte Diskussionen. In einem 14-Punkte-Abkommen haben sich am 8. Dezember 1991 die Kommunisten Stanislaw Schuschkewitsch, Boris Jelzin und Leonid Krawtschuk (Russland, Ukraine, Belarus) gegenseitig ihre territoriale Integrität versprochen, zudem die gemeinsame Kontrolle der Atomwaffen – und sicherheitshalber sofort den Präsidenten Georg Busch (USA) angerufen, bevor der's aus der BILD erfährt. Nastrovje!

Für die Ukraine gab's danach wieder ausreichend Gas & Öl aus Moskau, die Kriegserklärung schickte Wladimir Putin erst 2022 hinterher. „Das war'n doch alle keene echten Kommunisten“, würde meine meine Omi Glimbzsch in Zittau jetzt empört rufen. Sie saß als Linke im Knast unter Hitler und später in der DDR – wegen Aufsässigkeit (ziviler Ungehorsam) und Widerstand gegen die Staatsgewaltigen. Sie würde uns sofort vom Leichensammler Oleksiy Yukov aus Slowjansk erzählen, der in diesen Tagen bei Windstille im Landkreis Donezk an allen Fronten unterwegs ist. „Ein Humanist, der sammelt die Toten ein, Vermisste, egal, ob Russen oder Ukrainer oder Legionäre: Menschen.“ Viel zu tun. weiterlesen

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Die 625. Montagsdemo am 22.8.22 auf dem Schlossplatz

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Rede von Joe Bauer, Stadtflaneur und Journalist, auf der 625. Montagsdemo am 22.8.2022

Guten Abend, verehrte Protestgemeinde von Stuttgart,

ich grüße Sie hier auf dem Schlossplatz, wo sich die Herrschenden bis heute ein Schloss als Zentrum der Macht halten. Es gibt keinen besseren symbolischen Ort für ein Finanzministerium in einem Staat, in dem sich immer mehr feudalistische Auswüchse breitmachen. Vor dem neuen Feudalismus warnen selbst stolze Kapitalisten wie der amerikanische Superreiche Nick Hanauer, dessen Vorfahren einst vor den Nazis aus Cannstatt fliehen mussten.

Ich war ja schon bei etlichen Montagsdemos als Redner zugange, und natürlich ging es immer irgendwie um ein milliardenschweres Immobilienprojekt, das bis heute als Bahnhof kaschiert wird. Bevor ich aber diese Sätze hier aufgeschrieben habe, dachte ich mir: So viele Baustellen wie heute musste man beim Thema Stuttgart 21 noch nie gleichzeitig behandeln. Corona, der Krieg in der Ukraine, die Energiekrise und die sich anbahnende Klimakatastrophe machen uns endgültig klar, wofür dieses aus der Zeit gefallene Wahnsinnsprojekt S21 tatsächlich steht: Es ist das Symbol eines wirtschaftlichen Niedergangs und einer sozialen Erosion, die viel gefährlicher sind als jede andere Krise, die wir hier bisher erlebt haben. Dennoch gibt es heute Leute, die einfach sagen: Hauptsache, wir tollen Stuttgarter bekommt einen tollen Bahnhof. Der wird großartig, und die ganze Welt wird über die Kelchstützen des großartigen Herrn Ingenhoven staunen. Wir können stolz sein auf diese Stadt, die uns in unserem Kleingeist noch größer macht.

Liebe Freundinnen und Freunde, ich weiß nicht, was in Köpfen vorgeht, die dermaßen zusammenhanglos denken, um sich mit ihrem Lokalpatriotismus selber aufzuwerten. Ich glaube, diese Haltung hat etwas mit dem Typus des gegenwärtigen Eventkonsumenten zu tun. Der sagt sich auch angesichts eines Bau- und Zerstörungsevents: Wo ICH bin, ist alles richtig, sonst wäre ja ICH nicht hier. Wir sehen: Nie war das ICH so wichtig wie heute. weiterlesen

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Dem Ausstieg entgegen – die Zukunft ist erneuerbar!

Rede von Armin Simon, .ausgestrahlt e.V., auf der 625. Montagsdemo am 22.8.2022

Ich erinnere mich noch gut an das letzte Mal, als ich hier mit einer Anti-Atom-Sonne über den Schlossplatz gelaufen bin. Das war am 12. März 2011 – einen Tag nach Beginn der Atomkatastrophe im japanischen AKW Fukushima. Während überall die Fernsehbilder der explodierenden Reaktoren in Japan über die Monitore flimmerten, bildeten 60.000 Menschen aus ganz Deutschland eine riesige Menschenkette: 60 Kilometer lang, Hand in Hand, vom AKW Neckarwestheim bis hierher zum Stuttgarter Schlossplatz. „Ned schwätze, abschalde!“ haben wir damals gefordert. Das ist jetzt elf Jahre her.

Warum ich das erzähle? Weil der Super-GAU von Fukushima jedem das Atom-Risiko klar vor Augen geführt hat. Weil er bewiesen hat, dass selbst ein Hochtechnologieland wie Japan, das jahrzehntelange Erfahrung mit dem Betrieb von Atomkraftwerken hatte, nicht vor einer Atomkatastrophe gefeit ist. Und weil er gezeigt hat, dass es auch in Reaktoren, die die Betreiber, die Aufsichtsbehörden und ganz bestimmt auch der japanische TÜV als „sicher“ eingestuft haben, dass es eben auch in solchen Reaktoren von einem Tag auf den anderen zur Kernschmelze kommen kann. Das, liebe Freundinnen und Freunde, ist die Erfahrung von Fukushima.

Aber wenn ich die absurde Sommerloch-Debatte über Atomkraft aktuell auch hier in Baden-Württemberg betrachte, habe ich den Eindruck, dass viel zu viele diese Gefahr schon wieder komplett verdrängt haben. Dabei ist sie sogar noch größer geworden. Denn je älter die Reaktoren werden, desto mehr Alterungsmängel treten auf. Und das heißt nichts anderes, als dass die Gefahr eines schweren, nicht mehr beherrschbaren Unfalls steigt! weiterlesen

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624. Montags-Demo gegen Stuttgart21, 15.08.2022, Dieter Reicherter: Staatsministerium: Drehbuch für Lügenmärchen entdeckt

 

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Die 625. Montagsdemo am 22.08.22 auf dem Schlossplatz

Die 625. Montagsdemo findet am 22. August 2022 ab 18 Uhr auf dem Schlossplatz in Stuttgart statt.

"Anti-Atom trifft auf Widerstand gegen Stuttgart 21"

Nächsten Montag besuchen uns die Radlerinnen und Radler der vermutlich längsten Anti-Atom-Rad-Demo der Geschichte durch Belgien, die Niederlande, Nord- und Süddeutschland, die Schweiz und Frankreich bis nach Freiburg -  auf dem Schlossplatz in Stuttgart.
Das gemeinsame Motto und das gemeinsame Ziel heißt: Atomkraft nie wieder, AKW abschalten, Oben Bleiben und Kopfbahnhof erhalten, Klima-Bahn statt zusätzlicher klimazerstörender Tunnelbauten.

Mit dieser gemeinsamen Aktion tauschen sich die aktiven Unterstützer*innen von AKW-Ausstieg und Stuttgart-21-Umstieg aus und bekräftigen den Widerstand gegen jede weitere Nutzung von Atomkraftwerken und für Baustop und Umnutzung der S21-Baustellen. Und sie machen sich warm für künftigen Widerstand, falls das Abschalten der Atomkraftwerke wirklich verschoben werden und aus der Zeit gefallene, weitere klimazerstörende S21-Tunnelprojekte realisiert werden sollten.

ACHTUNG: Aus diesem Anlass findet nächsten Montag, eine erweiterte Kundgebung mit Reden und Musik auf dem Schlossplatz statt. Die Demonstration zur Mahnwache entfällt.

Redner:

  • Armin Simon, .ausgestrahlt e.V.; "Dem Ausstieg entgegen - die Zukunft ist erneuerbar!"
  • Joe Bauer, Stadtflaneur und Journalist;

Motto: "Ihr kriegt uns nicht los, wir euch schon!"
Musik: 
Walter Spira, Liedermacher aus Ulm; Capella Rebella + Lokomotive Stuttgart
Moderation:
Michael Becker, Kernen 21

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Die 624. Montagsdemo am 15.8.22 auf dem Schlossplatz

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Hollywood im Staatsministerium: Drehbuch für Lügenmärchen von Mappus entdeckt

Rede von Dieter Reicherter, Vorsitzender Richter am Landgericht a.D., auf der 624. Montagsdemo am 15.8.2022

Liebe Freundinnen und Freunde,

heute will ich eine Dichterlesung halten – wir sind bekanntlich das Land der Dichter und Denker. Deshalb fangen wir einmal mit dem Denken an, und ich frage euch: Ein Terrorist stellt die Anleitung zum Bau einer Bombe ins Internet und schreibt dazu: Ich weise darauf hin, dass der Einsatz von Bomben gefährlich und verboten ist. Ein anderer Terrorist baut nach der Anleitung eine Bombe und zündet sie im S21-Tunnel. Wegen mangelhaften Brandschutzes sind dann leider alle Zuginsassen tot. Der Terrorist, welcher die Bauanleitung veröffentlicht hat, wird wegen Beihilfe zum Mord angeklagt und verteidigt sich vor Gericht, er habe doch darauf hingewiesen, dass man keine Bomben einsetzen darf. Nun die juristische Frage an euch – wird der Angeklagte freigesprochen?

Nach dieser Einleitung wird es schwieriger, weil wir es nicht mehr mit Terroristen zu tun haben, sondern mit besonders anständigen hochbezahlten Staatsdienern. Und die besonders Anständigen raten ihrem obersten Chef, wie er vor einem Untersuchungsausschuss eine besonders gute Aussage machen soll. Sie schreiben ihm also auf vielen Seiten haarklein auf, was er sagen soll. Damit das auch in das Gesamtbild passt, schreiben sie in ihren Entwurf auch ganz genau, was alle anderen Zeugen gesagt haben. Ferner überlegen sie sich, welche Fragen an ihren Boss gestellt werden könnten, und was er dazu am besten sagen sollte. Der eine von ihnen schreibt sogar einen ellenlangen Vermerk darüber, was er selbst zur Entlastung des Chefs ausgesagt hat. weiterlesen

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Die 624. Montagsdemo am 15.08.22 auf dem Schlossplatz

Die 624. Montagsdemo findet am 15. August 2022 ab 18 Uhr auf dem Schlossplatz in Stuttgart statt. Ab 18.40 Uhr beginnt der Demozug, ausgehend vom Schlossplatz, weiter auf die Königstraße, rechte Seite der Baumallee bis auf den Gehwegbereich vor der Mahnwache, dort endet die Demonstration mit dem Schwabenstreich.

Redner:

  • Dieter Reicherter, Vorsitzender Richter am Landgericht a.D.; "Hollywood im Staatsministerium, Drehbuch für Lügenmärchen von Mappus entdeckt"

Motto: "Ihr kriegt uns nicht los, wir euch schon!"
Musik: 
La Rondeña, Flamenco; Tanz, Gesang und Gitarre
Moderation:
Jürgen Horan, Kernen 21

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Die 623. Montagsdemo am 8.8.22 auf dem Schlossplatz

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Bürgerbegehren für das 365-Euro-Ticket

Rede von Dennis Klora, stellvertretender Bezirksbeirat Stuttgart West, „Die FrAktion“, auf der 623. Montagsdemo am 8.8.2022

Liebe Freundinnen und Freunde,

als ihr zum ersten Mal auf die Straße gegangen seid, da habe ich in einer Kleinstadt auf der Ostalb noch die Schulbank gedrückt – es erfüllt mich nun mit Stolz, heute bei euch sprechen zu dürfen. Und direkt vorneweg: auch für mich heißt es ganz klar: oben bleiben!

Auch bei der 623. Montagsdemo bleibt der Kampf aktuell – er wird sogar von Montag zu Montag dringlicher. „Neu-Delhi hat am Sonntag mit über 49 Grad einen neuen Rekord gebrochen. In Pakistan erreichte die Höchsttemperatur 51 Grad“, so berichtete am 18. Mai die britische Tageszeitung The Guardian. Der Klimawandel macht sich knallhart bemerkbar. Nick Reimer und Toralf Staud beschreiben in ihrem sehr lesenswerten Buch „Deutschland 2050“ auf eindrückliche und erschreckende Weise, wie der Klimawandel unser Leben hier konkret beeinflussen wird.

Die Kristallkugel für den Blick in die Zukunft steht in Offenbach beim Deutschen Wetterdienst. Dort wurden vier Klimamodelle entwickelt. Das erste Szenario beschreibt den aktuellen Zustand, das heißt, jedes Jahr steigen die menschengemachten Treibhausgasemissionen weiter an. Das vierte Szenario geht davon aus, dass ein radikaler Klimaschutz sofort umgesetzt wird, und das heißt: weltweit alle Kohlekraftwerke abschalten, Verbrennerautos von der Straße holen, auf neue Straßen, aber auch auf sinnlose Bauprojekte wie S21 verzichten etc. Und dazwischen gibt es noch die Szenarien: ein bisschen Klimaschutz und halbwegs ambitionierter Klimaschutz.

Im Szenario „weiter wie bisher“ wird die Welt in 80 Jahren um bis zu acht Grad wärmer werden und der Planet verwüstet sein – d.h. ein Massensterben von unvorstellbarem Ausmaß. Im Szenario „strengster Klimaschutz“ werden sich die Verhältnisse ungefähr auf dem Niveau der Mitte des Jahrhunderts einpegeln. Was heißt das im Konkreten? weiterlesen

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Der Stuttgarter Hauptbahnhof und die Barrierefreiheit

Rede von Sigrid Angermann, Mitglied im Deutschen Verein der Blinden und Sehbehinderten in Studium und Beruf e.V. (DVBS) - spricht hier für sich selbst, auf der 622. Montagsdemo am 1.8.2022

Zunächst möchte ich mich vorstellen:

Mein Name ist Sigrid Angermann und ich arbeite seit vielen Jahren ehrenamtlich für den Deutschen Verein der Blinden und Sehbehinderten in Studium und Beruf (DVBS), der Hauptsitz ist Marburg. Ich bin blind, ein kleines Restsehvermögen ist noch vorhanden. Ich habe viele Jahre mit blinden und sehbehinderten Jugendlichen gearbeitet. Seit ich vor 32 Jahren nach Stuttgart kam, war ich bei geistig behinderten Menschen tätig. Inzwischen bin ich Ruheständlerin.

In der Landesbauordnung (LBO) von Baden-Württemberg steht seit 2014: „Bauwerke oder Anlagen sind barrierefrei, wenn sie zweckentsprechend und ohne fremde Hilfe genutzt werden können“. Unter dieser Maßgabe möchte ich folgende Anmerkungen machen:

Zunächst ein Rückblick auf den Hauptbahnhof, wie er bis 2010 bestand:

  • Es gab fünf Eingänge, der Nordeingang war ebenerdig. Im Haupteingang befand sich eine Rolltreppe, und vom Bahnhof zur S-Bahn gab es eine Fahrstuhlverbindung. Das Reisezentrum befand sich gleich im Eingangsbereich. Der Weg von den Eingängen durch die Bahnhofshalle dauerte ca. drei bis vier Minuten zu den Gleisen.
  • In der Halle befanden sich unterschiedlichste Geschäfte, eine Bank, die Post und mehrere Restaurants, in denen Wartezeiten bequem überbrückt werden konnten. Reservierungen für Besprechungen waren möglich. Die Lufthansa checkte Gepäck am Vorabend des Flugs ein, so dass man entspannt nur mit Handgepäck am nächsten Morgen die Reise antreten konnte.

Ich möchte also sagen: Seit 1927 war dieser Bahnhof nicht nur sehr pünktlich, er war barrierefrei. weiterlesen

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