Rede von Dr. Winfried Wolf, Verkehrsexperte, Journalist und Herausgeber von ‚LunaPark21′, auf der 653. Montagsdemo am 20.3.2023
Am Frühlingsanfang will man eigentlich positiv gestimmt sein. Hinaus ins Erwachende-Grüne. Und nicht erneut ins Tunnel-Dunkle. Positiv gestimmt mit good vibrations für die Verkehrswende. Und nicht neue Stuttgart-21-Chaostage. Auch mal versöhnlich auf politische Gegner zugehen. Und nicht immer aufs Neue feststellen, dass diese die Bevölkerung mit Lug und Trug abspeisen. Jedoch: Die besten Vorsätze helfen nicht. In diesen Tagen würgt die Politik, die in Berlin auf dem Gebiet der Schiene und die in Stuttgart mit Stuttgart 21 exekutiert wird, jede frühlingshafte Hoffnung förmlich ab.
Es ist genau so, wie dies Bertolt Brecht beschrieb: es gibt, Ergebnis menschlicher Umweltzerstörung, immer weniger Frühling. Wobei Brecht, als er 1928 dies schrieb[1], nicht ahnen konnte, welch ein verlogenes Green-Washing anstelle eines Frühlings-Erwachens ein Ministerpräsident und ein Verkehrsminister in einem Land Baden-Württemberg betreiben würden:
Über das Frühjahr
Lange bevor
Wir uns stürzten auf Erdöl, Eisen und Ammoniak
Gab es in jedem Jahr
Die Zeit der unaufhaltsam und heftig grünenden Bäume
Wir alle erinnern uns
Verlängerter Tage
Helleren Himmels
Änderungen der Luft
Des gewiss kommenden Frühjahrs.
Noch lesen wir in Büchern
Von dieser gefeierten Jahreszeit
Und doch sind schon lange
Nicht mehr gesichtet worden über unseren Städten
Die berühmten Schwärme der Vögel.
Am ehesten noch sitzend in Eisenbahnen
Fällt dem Volk das Frühjahr auf.
Die Ebenen zeigen es
In alter Deutlichkeit.
In großer Höhe freilich
Scheinen Stürme zu gehen:
Sie berühren nur mehr
Unsere Antennen.
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