Rede von Volker Lösch, Regisseur, auf der Samstagsdemo am 26.4.2014
(Wir bekommen die Redetexte von Volker Lösch immer ohne Groß-Klein-Schreibung. Leider ist es uns zeitlich nicht möglich, die langen Redetexte in ein leichter lesbares Format zu bringen.)
sein oder nicht sein,
das ist die frage.
2009 saß hamlet in meiner stuttgarter inszenierung allein in einem großen becken schlamm und versuchte vergeblich, die vielfältigen verflechtungen der aufsichtsrat- und konzernchefposten in deutschland zu entwirren, um das machtsystem seines vaters claudius zu verstehen.
ob es von edlerm geist ist / auszuhalten,
schleuder und pfeil des wütenden geschicks –
oder in waffen / gegen eine see von plagen,
enden im aufstand!
hamlet fragt ganz konkret danach, ob er widerstand leisten, für seine ziele kämpfen soll, oder ob er die korrupten machenschaften seines onkels claudius einfach aushalten, sich der übermächtigen dominanz der gegner ergeben, resignieren – ob er sich gar umbringen soll.
wer trüge peitschenhiebe / und hohn der zeiten,
des mächtigen druck / und misshandlung des stolzen,
des rechts verschleppung,
die anmaßung der ämter,
wenn er doch selbst den schlusspunkt setzen kann
mit schnellem stoß?
das komplott, die intrige, die manipulation ist also das wesen der politik am dänischen hofe, höhere moralisch-geistige werte sind dem könig – und damit auch der herr-schaftsklasse, die er repräsentiert, und die ihn auf den thron gebracht hat – fremd.
liebe mitstreiterinnen und mitstreiter,
ich muss oft an diese verzweifelte situation des radikalen machtkritikers hamlet denken, der sich durch vorgetäuschten wahnsinn schützt, um seine umwelt überhaupt noch aushalten zu können. denn auch wir hier in stuttgart sitzen in einem kessel voll schlamm und dreck – bei regen entsteht am bahnhof ein großes matschfeld, wo der gegen jede vernunft zynisch zerstörte schlossgarten einmal das erholungszentrum der stadt war. weiterlesen →