Rede von Walter Sittler, Schauspieler, auf der 250. Montagsdemo am 8.12.2014
Allen Anwesenden, allen Beteiligten, allen, die für eine bessere politische Kultur auf die Straße gehen – einen herzlichen Glückwunsch, dass heute die 250. Montagsdemo stattfindet, trotz der vielfältigen Rückschläge, trotz der vielen juristischen Verfolgungen einer Unzahl von Teilnehmerinnen und Teilnehmern. Dieser lange Atem ist bewundernswert und verdient alle Achtung und ich freue mich sehr, dass das Gericht die heutige Demonstration hier stattfinden lässt.
Gleichzeitig hat dieser heutige Tag einen bitteren Beigeschmack. Dass eine ganze Reihe, beileibe nicht Alle, aber eine ganze Reihe der von uns gewählten politischen Vertreterinnen und Vertreter bis heute nicht sehen wollen, oder auch nicht sehen wollen können, dass das Projekt unter falschen Voraussetzungen beschlossen wurde, mit unrichtigen Angaben durch die entscheidenden Gremien bugsiert wurde, dass das Projekt dem Volk mit unhaltbaren Versprechen eingetrichtert wurde – ich sage nur 100% größere Leistungsfähigkeit, es kostet nichts, keine Belastungen usw. – dass sie das nicht sehen wollen, trotz aller ins Auge springenden Unzulänglichkeiten – der ungeklärte Filderbahnhof, die weiterhin explodierenden Kosten, die Neigung des Bahnhofs, der unberechenbare Nesenbachdüker usw. usw. – dass das so ist: das ist bitter. Eine wann auch immer getroffene Entscheidung, die sich als falsch herausstellt, kann nicht mit noch so viel Geld in eine richtige umgemodelt werden.
Sie waren dabei und sind es nicht gewesen – diverse überraschend schnell eingestellte Ermittlungs- und Gerichtsverfahren bestätigen sie auch noch darin. Jedes Versprechen einer goldenen Zukunft, wenn man nur jetzt massive Einschränkungen und endlose Kosten auf sich nimmt, alle solche Zukunftsversprechungen haben sich am Ende als Fata Morgana erwiesen. Die Zukunft findet heute statt, momentan verbauen wir diese Zukunft leider. Ein klügerer Mensch als ich hat es so formuliert: Die Politik in diesem Lande kann man definieren als die Durchsetzung wirtschaftlicher Zwecke mit Hilfe der Gesetzgebung.
Apropos Zukunft: Unsere Kanzlerin hat vor einigen Jahren gesagt: die wirtschaftliche Zukunft Deutschlands hängt an diesem Bahnhof. Haben wir dann so lange keine Zukunft bis der Bahnhof in fernen Zeiten fertig wird? Und was macht die Zukunft bis zur ungewissen Fertigstellung – geht sie so lange spazieren, macht sie Urlaub, geht sie woanders hin? Das war damals schon inhaltslose Wahlkampfmunition und wird durch ständige Wiederholung in verschiedensten Variationen nicht gehaltvoller.
Hier noch zwei Aussagen des ehemaligen Projektleiters, Herr Diplomingenieur Peter Marquart vom 22.12.2007:
1. Wegen des Neubaus gibt es keine Verspätungen oder Zugausfälle – wir belasten den norma-len Verkehr also so gut wie gar nicht.
2. Es dürfte wohl die erste Großbaustelle mitten in einer Großstadt sein, von der die Bürger kaum etwas mitbekommen.
Der neue Untergrundbahnhof mag noch so schön werden, der Nesenbachdüker weiterlesen →