Rede von Dr. Winfried Wolf, Verkehrsexperte, Journalist, Herausgeber von Lunapark21, auf der 275. Montagsdemo am 15.6.2015
Die Bewegung gegen Stuttgart 21, der Lokführer-Streik und die Auseinandersetzung in Griechenland – fünf Gemeinsamkeiten
Liebe Freundinnen, liebe Freunde,
gestern Vormittag war ich noch in Athen. Nein – kein leicht vorgezogener Frühsommerurlaub. Ich war dort aus politischen Gründen – und führte Gespräche mit den Leuten der „Zeitung der Redakteure“ (EFSYN). Es geht darum, dass die neue Publikation „FaktenCheck: HELLAS – Solidarität mit der Bevölkerung in Griechenland“, von der bislang drei deutsche Ausgaben erschienen sind, am nächsten Montag auch in griechischer Sprache erscheinen soll und dann dieser wunderbaren Zeitung, auf die ich noch eingehen werde, beiliegt. Dort lautet dann der Untertitel bewusst anders. Er heißt: „Eine andere Stimme aus Deutschland.“
Ich hatte mit Tom Adler eigentlich ausgemacht, dass ich bei dieser Montagsdemo auf den Arbeitskampf eingehen werde, den die GDL seit Sommer 2014 führt – und der sich gerade in der Schlichtungsphase befindet. Das ist ja auch durchaus eines meiner Themen.
Da ich jedoch noch voll von den Eindrücken aus Griechenland war, dachte ich darüber nach, was es denn Verbindendes und Gemeinsames bei diesen drei gesellschaftlichen Auseinandersetzungen – Stuttgart 21, GDL/Bahn-Konflikt und dem Überlebenskampf in Griechenland – geben könnte. Und siehe da: Es gibt fünf Parallelen – vier Gemeinsamkeiten, was die zerstörerischen Tendenzen der Gegenseite (Bahn, Bundesregierung und EU) betrifft. Und eine Gemeinsamkeit, die den subjektiven Faktor und damit teilweise uns betrifft.
Erste Gemeinsamkeit: Es geht denen „da oben“ gar nicht um die Sache. Verfolgt wird vielmehr in allen drei debattierten Fällen eine politische Agenda. Man kann auch sagen: Den Herren und Damen ganz oben geht es um Ideologie.
Die „Sache“ wäre im Fall Stuttgart: der Bau eines optimalen Hauptbahnhofs. Und das ist ein optimierter Kopfbahnhof. Eben: Köpfchen und OBEN BLEIBEN.
Im Fall des Tarifkonflikts bei der Bahn ist die „Sache“ an sich auch klar: Es geht darum, einen für beiden Seiten akzeptablen Vertrag zu schließen. Und dabei insbesondere auch den qualitativen Forderungen der GDL gerecht zu werden wie: Verkürzung der Arbeitszeit, Begrenzung der Überstunden, Einstellung von rund 800 neuen Lokomotivführerinnen und Lokomotivführern. Es geht aus meiner Sicht auch darum, eine Wende in der Bahnpolitik herbeizuführen und offensiv die Schiene in unserem Land auszubauen.
Gerade las ich die Meldung, wonach die Deutsche Bahn AG zusagt, auch Friedrichshafen und Lindau wieder in das Fernverkehrsnetz aufzunehmen … bis zum Jahr 2029. Solange würde es noch dauern, bis die Südbahn – die Strecke Ulm – Friedrichshafen – elektrifiziert würde. Dann feiern wir das Hundertjährige: Denn vor 100 Jahren, Mitte der 1920er Jahre, wurde erstmals offiziell zugesagt, die Südbahn werde elektrifiziert. weiterlesen