Am Donnerstag, 1. Oktober 2015, standen drei wegen Hausfriedensbruchs Angeklagte im Raum 103 des Amtsgerichts. Fast dreißig Zuhörer saßen ihnen solidarisch zur Seite. Manche von ihnen hätten genauso gut auf der Anklagebank sitzen können - ihre Verfahren zum selben Sachverhalt waren jedoch eingestellt worden.
Als knappes Resümee der Verhandlung bzw. auf die Frage, wie es denn gewesen sei, hier eine kurze Antwort: „Ganz normal. Ohne besondere Vorkommnisse.“ Soll heißen: Die Anklage war klar definiert, der Sachverhalt unumstritten. Die Angeklagten bekannten sich zu ihrer „Tat“; es gab keine (polizeilichen) Zeugen, die sich entweder an nichts erinnern konnten oder widersprüchliche Aussagen machten; Staatsanwältin und Richterin hörten sich emotionslos die Einlassungen und Plädoyers an; die Staatsanwaltschaft forderte ein höheres Strafmaß als im Strafbefehl; die Richterin verurteilte erwartungsgemäß.
Dass die Verhandlung dann doch drei Stunden dauerte und dass sie außerdem zu einem Highlight in der langen Prozessreihe der S21-Gegner wurde, lag an den grandiosen Einlassungen der Angeklagten und am Plädoyer des Rechtsbeistands.
Zur Vorgeschichte
Ende Juli 2013 hatte es in den Stuttgarter Wagenhallen das „3. Europäische Forum gegen unnütze, aufgezwungene Großprojekte“ gegeben. An die 2000 TeilnehmerInnen kamen aus Ländern, in denen technische Großprojekte geplant sind oder bereits errichtet wurden, die keinen wirtschaftlichen Nutzen bringen, sondern nur sozialen und ökologischen Schaden anrichten. Initiativen waren aus Frankreich, Italien, England, Spanien, Belgien, der Türkei und Indien gekommen. Deutsche Gruppen hatten den Flughafenausbau in Frankfurt, die Fracking-Versuche in Niedersachesen, die Fehmarn-Belt-Überquerung und natürlich Stuttgart 21 als Themen. Es gab Vorträge, Diskussionen und Workshops. Am besagten Montag, 29. Juli 2013, fand dann eine gemeinsame internationale Demonstration mit Blockade am Technikgebäude am ehemaligen Nordflügel statt. Hier die Fotos von W. Rüter: weiterlesen →