S-Bahnchaos und kein Ende in Sicht

Rede von Andreas Kegreiss, Landesvorstand Pro Bahn und Fahrgastbeirat, auf der 753. Montagsdemo am 14.4.2025

Liebe Mitstreiterinnen und Mitstreiter,

es steht nicht gut um die S-Bahn Stuttgart, auch die offizielle Pünktlichkeitsstatistik weist den März 2025 als zweitschlechtesten Monat aller Zeiten aus.

Hauptgrund waren Probleme zwischen Stuttgart-Rohr und Böblingen wegen der Baustelle Digitaler Knoten Stuttgart (DKS). Trotz ausgedünnter Taktung auf dem eingleisigen Streckenbereich kamen die verbliebenen Züge (Halbstundentakt S-Bahn, Stundentakt RE/IC) in den zwei Baustellenwochen einfach nicht richtig durch. Immer wieder musste der Gegenzug abgewartet werden, es gab vorzeitige Zugwenden, Zugausfälle, ungeplanten Schienenersatzverkehr, Signalstörungen… es war nicht fahrbar, weil das Gesamtsystem labil ist.

Herrenberger haben angesichts dieser Bahnprobleme umgehend eine Signal-Gruppe „ÖPNV-Info und Frust“ angelegt, in der auch über fehlgeleitete ICs und über verpasste Anschlüsse geschrieben wurde. Beispiel: in Böblingen endete z.B. am 25.03. die von Herrenberg kommende S1 um 08:34 Uhr – eine halbe Stunde zuvor war die S1 ausgefallen – und es wurde auf die nicht mehr erreichbare S60 verwiesen, aber nicht auf den weiterführenden Schienenersatzverkehr (SEV).

In dieser Signal-Gruppe tauschen wir uns aus: Hilfe zur Selbsthilfe. Informationen, die es sonst nicht hinreichend gibt, es im Bedarfsfall aber braucht. Hier muss auch der VVS mehr Verantwortung übernehmen.

Die Zahl der Umsteiger aus Bus und Bahn zur S-Bahn ist angesichts der Anschlussprobleme in den letzten Jahren erheblich zurückgegangen. Das Umsteigen funktioniert vor allem „draußen“ in der Region nicht mehr gut.

Kennzahlen und Daten dazu, die Abschätzung einer Anschlusserreichung oder die Pünktlichkeit für S-Bahnen an S-Bahn-Umsteigestationen sind aber offiziell nicht verfügbar – im Datenzeitalter ein weiteres kommunikatives Versagen gegenüber Fahrgästen und Verbänden. An allen 83 S-Bahn-Stationen wird die Pünktlichkeit ja schließlich gemessen – aber die Verträge gäben das nicht her. Mit der Abfrage nach Zeitscheiben könnten Fahrgästen wenigstens eine realistischere Einschätzung bekommen.

Und was schreibt die DB Regio im S-Bahn-Jahresbericht 2024 zu der da schon nicht guten Pünktlichkeit: „Warum wir trotzdem optimistisch bleiben? Weil es mit kleinen Schritten vorwärtsgeht.“ Und beschreibt 11 Qualitätsmaßnahmen der S-Bahn Stuttgart, spüren tun wir davon aber nichts.

Auch deshalb wird die Kritik lauter, am 11.04.25 beschreibt Fabian Ziehe im SWR-Artikel „Wochenrückblick Stuttgart“ den Zustand treffend, hier (Zwischen-)Überschriften: „Pendeln in der Region Stuttgart: Bahn frei für die volle Packung Frust… Störungen und Sperrungen: Die Bahn legt die Region lahm… Volle Fahrt in den Frust und die Verantwortungsdiffusion, Träumen von bloßer Bahnfahr-Normalität.“ Normalität, ja das ist lange her. Im Jahr 2006 hatte die S-Bahn Stuttgart noch mit der pünktlichsten S-Bahn Deutschlands geworben.

Wenn das System funktionierte, gäbe so viel Potential für eine Verkehrswende, für Klimaschutz, für Pendler, für die Wirtschaft.

Wo bleibt denn nun die IHK Region Stuttgart oder die Firmenchefs, die vor der Volksbefragung so sehr für S21 geworben haben?

Doch im Jahr 2026 würde alles nochmal schlechter, da müsse man nun eben durch, äußert sich Herr Dr. Wurmthaler vom Verband Region Stuttgart. Die kurzfristig erst letzte Woche – und zunächst nicht öffentlich kommunizierte – weitere Sperrung der Stammstrecke im Jahr 2027 – ein weiterer Schlag ins Gesicht der Fahrgäste.

Dabei ist die Stammstrecke das Herz der S-Bahn und die Panoramastrecke der lebenserhaltende Bypass bei Herzproblemen. Um das „neue Herz Europas“ S21 ist es ja sehr ruhig geworden, es neigt offensichtlich schon jetzt zum Kollabieren. Und mit einem zusätzlichen S-Bahn-Halt Mittnachtstraße wird die Fahrzeit auf den Linien länger – aber auch da schweigt die der Verband Region Stuttgart aus. Auch hier ist S21 Ursache des Problems.

Wir brauchen eine S-Bahn, die pünktlich ist und uns mit den relevanten Informationen versorgt.
Wir verlangen weiterführende Hinweise im Störfall, Echtzeitdaten auch beim Schienenersatzverkehr, Information an alle Fahrer in den aufnehmenden Fahrzeugen, klare, passende Wartevorgaben für die Busfahrer, historische Daten für Prognosen und insgesamt Daten zur Reisekettenpünktlichkeit.

Immerhin: Wer sein Deutschlandticket bei einem VVS-Vertriebspartner kauft, kann sich teilweise selbst helfen und im Bedarfsfall die VVS-Mobilitätsgarantie bei einer Verspätung von über 20 Minuten in Anspruch nehmen. Meine Taxi- und Stadtmobilrechnungen belaufen sich im März auf über 100 Euro.

Die Grenze des Zumutbaren ist für mich längst überschritten, und ein Schulterschluss mit S21 und den verbundenen Baumaßnahmen, wie seitens des VVS geäußert, kommt für mich nicht infrage.

Lasst uns deshalb weiterkämpfen. Für eine gute, pünktliche S-Bahn samt dem Erhalt der Ausweichstrecke auf der Panorama-Gäubahn.

Auch deshalb – OBEN BLEIBEN!

Rede von Andreas Kegreiss als pdf-Datei

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