Chancen nutzen – unsinnige Prestige-Projekte aufgeben

3.2.2024 Pressemitteilung von Bürgerbahn – Denkfabrik für eine starke Schiene – zu den Mittelkürzungen im Bundeshaushalt für die dringend notwendige Sanierung von Bestandsstrecken und den Ausbau aktueller Engpassstrecken der Deutschen Bahn

Die Mittelkürzungen für die Bahn um 18 Mrd. Euro im Bundeshaushalt 2024 sind zum einen Ausdruck dessen, dass das Bundesverkehrsministerium der Bahn nicht die für die Verkehrswende notwendige Priorität einräumt. Dass beim Straßenbau nicht im gleichen Maß gekürzt wird, zeigt die Schlagseite der Verkehrspolitik der Ampel.

Die Mittelkürzungen für die Bahn bieten aber zugleich die Chance, sich endlich und endgültig von den prestigebehafteten Hochgeschwindigkeits-Megaprojekten mit hohen Investitionskosten, extrem langen Bauzeiten und zweifelhaftem Nutzen zu verabschieden. Dies gilt auch für begonnene Projekte, die nicht in den nächsten ein bis zwei Jahren fertiggestellt werden können. Stattdessen müssen die Projekte abgespeckt, Neubau durch Ausbau ersetzt werden, die Streckenelektrifizierung vorangetrieben, eingleisige Stellen auf zweigleisigen Strecken beseitigt und mehr Ausweich- und Überholgleise eingebaut werden, um die Streckenleistungsfähigkeit zu erhöhen.

Aus Sicht von Bürgerbahn – Denkfabrik für eine starke Schiene gehören folgende Projekte auf die Streichliste und sind durch die jeweils genannten, kostengünstigeren Projekte mit kürzeren Realisierungszeiten zu ersetzen:

  1. Stuttgart 21: Verzicht auf alle Ergänzungsprojekte wie Pfaffensteigtunnel, Nordzulauf und Nahverkehrsdreieck
    Stattdessen: Erhalt und Ertüchtigung des jetzigen Kopfbahnhofs, Umnutzung der bereits gebauten Teile des Projekts für ein unterirdisches Gütertransportsystem, keine Kappung der Magistrale Gäubahn
    Einsparung: 8 Mrd. Euro
  1. S-Bahn-Stammstrecke München: Sofortige Einstellung der Bauarbeiten
    Stattdessen: Ausbau des Süd- und Nordrings
    Einsparung: 6 Mrd. Euro
  1. Verzicht auf den Fernbahntunnel in Frankfurt
    Stattdessen: Viergleisiger Ausbau der Südmainstrecke
    Einsparung: 5 Mrd. Euro
  1. Verzicht auf die Neubaustrecke Hannover – Bielefeld
    Stattdessen: Ausbau der Bestandsstrecke
    Einsparung: 3 Mrd. Euro
  1. Verzicht auf Neubaustrecke Maschen – Hannover
    Stattdessen: Ausbau der Bestandsstrecke
    Einsparung: 5 Mrd. Euro
  1. Verzicht auf die Bahnhofsverlagerung von Hamburg-Altona nach Diebsteich mit dadurch erforderlichem Verbindungsbahnentlastungstunnel
    Stattdessen: Modernisierung des jetzigen Bahnhofs Altona und Ausbau der Verbindungsbahn mit zusätzlichen Bahnsteigen am Dammtor
    Einsparung: 10 Mrd. Euro
  1. Oberrheintalstrecke: Verzicht auf Tunnellösungen, Begrenzung der Ausbaugeschwindigkeit auf 200 km/h
    Einsparung: 2 Mrd. Euro
  1. Brenner-Nordzulauf: Verzicht auf Neubaustrecken in Tunnellage
    Stattdessen: Ausbau und Elektrifizierung von Bestands- und Ausweichstrecken
    Einsparung: 8 Mrd. Euro
  1. Verzicht auf die Neubaustrecke Ulm – Augsburg
    Stattdessen: Korridorsanierung, Steigerung der Leistungsfähigkeit der Bestandsstrecke durch kleinere, aber wirksame Verbesserungen
    Einsparung: 4 Mrd. Euro
  1. Fehmarnbelt-Hinterlandanbindung: Weitestgehender Verzicht auf Neubau
    Stattdessen: Ausbau der Bestandsstrecke, Elektrifizierung und zweigleisiger Ausbau Lübeck –Bad Kleinen und Lübeck – Lüneburg, um neue Laufwege für den Güterverkehr zu erschließen
    Einsparung: 3 Mrd. Euro
  1. S-4 Projekt Hamburg – Bad Oldesloe: Verzicht auf Ausbau östlich von Hamburg
    Stattdessen: Optimierung des Projekts durch Begrenzung des S-Bahn-Ausbaus auf die Strecke bis Hamburg-Rahlstedt; restliche Strecke: Ertüchtigung des Bestandes und Angebotsausweitung
    Einsparung: 1 Mrd. Euro

Die Liste sinnloser Großprojekte, zu denen kostengünstigere und schneller umsetzbare Alternativen existieren, ließe sich noch weiter fortsetzen. Allein durch Verzicht auf unsinnige Prestigeprojekte und stattdessen Optimierung/Ausbau/Ergänzung der Gleisanlagen ließen sich mindestens 50 Mrd. Euro einsparen. Angesichts der Sparvorgaben aus dem Bundeshaushalt von 18 Mrd. Euro wäre damit sogar genug Geld für die Reaktivierung von Bahnstrecken, für Elektrifizierungsprojekte und für die Beseitigung von Engpässen vorhanden. Ein Deutschlandtakt ohne diese sinnlosen Großprojekte ließe sich zudem um mindestens 35 Jahre schneller realisieren.

Bürgerbahn – Denkfabrik für eine starke Schiene fordert daher:

Durchforstung der Liste der 381 Projekte, die angeblich für den Deutschlandtakt erforderlich sind, nach den Kriterien:

  • Beitrag zur Engpassbeseitigung
  • Beitrag zur Betriebsstabilisierung
  • Beitrag zur Erhöhung der Kapazitäten im Bahnnetz
  • Beitrag zum Ausbau der Flächenbahn
  • Schnelle Umsetzbarkeit.

Diese Evaluation muss unter Einbeziehung der Fahrgast-, Umwelt- und Bahnverbände umgehend beginnen, um die Deutsche Bahn fit zu machen für die Zukunft.

Dazu Prof. Monheim, Sprecher von Bürgerbahn – Denkfabrik für eine starke Schiene:

„Die Kürzung der Mittel für die Bahn um 18 Milliarden Euro muss das Aus für teure Prestigeprojekte zur Folge haben. Das vorhandene Geld muss stattdessen für gute und sinnvolle Bahnprojekte verwendet werden, wie sie von Verbänden und Bürgerinitiativen seit Langem vorgeschlagen werden.

Dies sind Projekte, die einen schnellen Beitrag zur Erhöhung der Kapazität, der Zuverlässigkeit und der Betriebsstabilität des Netzes leisten. Bürgerbahn legt mit dieser Erklärung eine erste Liste der neuen prioritären Bahnprojekte vor und wird sich in die Diskussion um Projektalternativen aktiv einbringen.“

https://buergerbahn-denkfabrik.org 

PM 3-2-24 Einsparungen

 

 

Dieser Beitrag wurde unter Allgemein abgelegt und mit , verschlagwortet. Setze ein Lesezeichen auf den Permalink.