Rede von Martin Poguntke, Sprecher des Aktionsbündnisses gegen Stuttgart 21, Theologinnen und Theologen gegen Stuttgart 21, auf der 639. Montagsdemo am 5.12.2022
Liebe Mitstreiterinnen und Mitstreiter,
Sie haben’s mitbekommen, die Medien laufen sich langsam warm: Am kommenden Wochenende wird die Neubaustrecke eröffnet. Oder sagen wir mal: teileröffnet, denn die Fortsetzung von Wendlingen über die Filder, vorbei am Flughafen, ist ja noch nicht fertig, und man kann auch noch lange nicht in den Tiefbahnhof einfahren.
Wie auch immer – Bahn, Politik und Stadt Ulm feiern schon mal kräftig. Am kommenden Freitag fährt von Stuttgart ein ICE nach Ulm, in dem nur akkreditierte Presseleute mitfahren dürfen. Auch ab Wendlingen fährt ein Regionalzug nach Ulm – mit Halt in Merklingen, auch nur für die Medien offen. Und dann – ganz eindrucksvoll – sollen um 11.45 Uhr beide Züge – Regionalzug und ICE – parallel in die Gleise 2 und 3 des Ulmer Hauptbahnhofs einlaufen. Anschließend zieht man in gemeinsamem Gang zur Bahnhofspassage, der sogenannten „Sedelhof Passage“, um dort mit illustren Gästen zu feiern und einander Jubelreden zu halten.
Leider ist nicht zu erwarten, dass da dabei auch nur ein Wort der Klarheit gesprochen werden wird, darüber, was für eine Fehlplanung das Ganze ist. Ja, die Neubaustrecke ist natürlich – im Unterschied zum S21-Kellerbahnhöfle – wirkliche zusätzliche Infrastruktur, die wirklich zusätzliche Züge möglich macht. Deswegen haben wir ja diese NBS auch bei unserem Protest nur nebenher laufen lassen. Aber zusätzliche Infrastruktur kann mehr oder weniger sinnvoll sein. Und diese NBS ist sehr wenig sinnvoll. Sie ist vielmehr ein gefährliches und ein klimaschädliches Projekt – und zudem ein betrügerisches.
Ich will mal nur die wichtigsten Klimakiller-Punkte aufzählen:
Der zentrale Klimaschaden ist schon gar nicht mehr rückgängig zu machen: Die gigantischen Stahlbetonmengen, die man zum Bau einer solchen Strecke mit 30 km Tunnelanteil braucht, sind bereits verbraucht, sind bereits dabei, das Klima zu schädigen. Da ist leider nichts mehr aufzuhalten.
Aber auch der Betrieb dieser Strecke wird ja Unmengen an Klimagasen erzeugen. Denn die Hälfte der Strecke sind Tunnel, und in denen brauchen Züge grob das Doppelte an Energie wie im Freien.
Das Widersinnigste an dieser Neubaustrecke ist aber: Sie ist steiler als die alte Filstalstrecke, und sie muss dazuhin auch noch 160 Meter mehr an Höhe überwinden als die alte Strecke. Das kostet erheblich mehr an Energie, die Züge da hochzubringen. Normalerweise baut man Tunnels, um unter den Bergen durchzukommen, mit weniger Steigung und weniger Höhe. Aber hier hat man – weiß der Himmel, warum – eine Strecke gebaut, die lediglich weniger enge Kurven hat und deshalb eben schneller durchfahren werden kann.
Genau das ist aber auch das nächste Klimaproblem: Hier sollen Spitzengeschwindigkeiten von 250 km/h gefahren werden. Doppelte Geschwindigkeit bedeutet aber vierfacher Energieverbrauch.
Diese hohen Geschwindigkeiten sind hier auch deshalb Unsinn, weil man versucht, in einer halben Stunde von Ulm nach Stuttgart zu kommen, das dann aber doch nicht sicher schafft. Viel sinnvoller für einen funktionierenden Taktverkehr wäre, die Strecke Ulm – Stuttgart mit einer geringeren Geschwindigkeit zu befahren und eine Fahrzeit von einer sicher erreichbaren knappen dreiviertel Stunde anzustreben.
Und dann ist die NBS mit ihren 4 Milliarden an Kosten viel zu teuer. Das Geld fehlt dadurch massiv bundesweit an all den Stellen, an denen mit geringem Aufwand wirkliche Verbesserungen für die Bahn und das Klima erreicht werden könnten.
Und schließlich noch der Schildbürgerstreich, dass die NBS – wenn sie dann mal fertig ist und zum Flughafen führt – über Wendlingen hinwegfährt. In Wendlingen halten die Züge von Deutschlands am stärksten frequentierter Strecke Tübingen – Stuttgart. Von hier keine Umsteigemöglichkeit von und nach Ulm zu ermöglichen, ist im Grunde ein verkehrspolitscher Skandal.
So viel zum Klimaskandal Neubaustrecke. Die NBS stellt aber auch ein nicht akzeptables Sicherheitsrisiko dar.
Vor allem, weil den beiden Tunnelröhren eine sichere dritte Röhre fehlt. Die Fahrgäste müssen deshalb im Brandfall in die zweite Tunnelröhre fliehen, die, in der die entgegenkommenden Züge fahren. Das heißt natürlich: Sie können dort hin erst fliehen, wenn diese Züge nicht mehr fahren. Und wenn der letzte Zug draußen ist, muss noch die Fahrleitung geerdet werden – erst dann ist diese Röhre sicher. Das braucht alles viel, viel Zeit – unter Umständen die entscheidenden Minuten, bevor sich der tödliche Rauch in der Unfallröhre ausgebreitet hat.
Aber man hat ja auch Zeit – könnte ich zynisch einwerfen, denn der Fluchtweg bis zum ersten Durchlass zur Nachbarröhre kann unter Umständen bis zu 500 Meter lang sein. Das schaffen trainierte Leute zwar in anderthalb Minuten; aber die Fluchtgeschwindigkeit richtet sich nach den Langsamsten, also Menschen mit Gehbehinderungen, Kinderwägen oder Gepäck. Außerdem muss man, um vom ICE aufs Gleisniveau zu gelangen, einen knappen Meter tief springen, denn Leitern gibt es im ganzen ICE 3 z.B. nur zwei Stück, und die sind in der Deckenverkleidung verborgen.
Und wenn man dann am Querstollen zur hoffentlich sicheren Röhre angelangt ist, muss man erstmal noch ziemlich viel Geduld aufbringen. Denn dort kommen nur 100 Leute pro Minute durch – macht bei maximal 1.757 Fahrgästen, von denen die Bahn ausgeht, lächerliche siebzehneinhalb Minuten.
Da in steilen Tunneln ein sogenannter „Kamineffekt“ dazu führt, dass das Feuer besonders angefacht und der Rauch besonders schnell verbreitet wird, wird bis dahin keiner von ihnen mehr leben.
Besonders gefährlich ist dabei die 15 km lange Tunnel-Brücken-Kette von Boßler- und Steinbühl-Tunnel mit der Filstalbrücke dazwischen. Denn hier kann auf einer Strecke von 15 km keinerlei Hilfe von außen kommen, sondern lediglich von den beiden Enden her. Hier ist Selbstrettung die einzige Chance.
Selbstrettung ist auch bei den anderen Tunneln die einzige Chance, weil es keine ständig einsatzbereite Berufsfeuerwehr gibt. Sondern im Havariefall müssen die umliegenden Freiwilligen Feuerwehren ausrücken. Da die NBS weit weg von Städten führt, braucht das ziemlich Zeit, bis die mit ihrem Löschgerät da sind. Und im ungünstigsten Fall müssen sie erstmal siebeneinhalb Kilometer bis zur Mitte des Tunnels vordringen. Eigentlich bräuchte es entlang der NBS eine ständig einsatzbereite Feuerwehr der Bahn – eigentlich.
Kommen wir zu einem „erfreulicheren“ Thema: zum Betrug, durch den die NBS zustande gekommen ist.
Der Hauptbetrug war, dass man behauptete, auf dieser Strecke würden Güterzüge fahren. Auf diese Weise hat man zweierlei geschafft: Erstens hat man damit die Wirtschaftlichkeit der Strecke auf über 1,0 heben können. So konnte das Projekt in den Bundesverkehrswegeplan aufgenommen werden, es bekam Geld vom Bund und wurde vorrangig umgesetzt. Und zweitens konnte man auch noch EU-Gelder dafür an Land ziehen – immerhin eine Milliarde.
Das Betrügerische daran: Man hat für die geschönte Wirtschaftlichkeitsberechnung sogenannte „Leicht“-Güterzüge eingeplant. Die gibt es bis heute nicht, und die wird es auch nicht geben, weil sie unwirtschaftlich sind. Denn Güterzüge werden umso wirtschaftlicher, je länger sie sind.
Nachdem nun aber öffentlich ist, dass auf der viel zu steilen neuen Strecke gar keine Güterzüge fahren können, argumentiert man andersrum: Die NBS bringt schon einiges für den Güterverkehr, sagt man: Denn wegen ihr fahren ja in Zukunft weniger Personenzüge auf der alten Strecke; und dadurch ist dort mehr Platz für Güterzüge. Also: alles in bester Unordnung.
Eines noch zur Finanzierung der NBS: Vielleicht erinnern Sie sich daran, dass Bahnprojekte des Bundes nicht von Bundesländern oder Kommunen mitfinanziert werden dürfen – damit nicht reiche Länder oder Städte sich Bundesprojekte kaufen können. Diese Mischfinanzierung hat natürlich auch bei der NBS stattgefunden: Das Land Baden-Württemberg hat eine Milliarde an Zinskosten auf sich genommen. Vor seiner Wahl zum Ministerpräsidenten hat auch Winfried Kretschmann noch groß getönt, dass eine solche Mischfinanzierung mit ihm auf keinen Fall zu machen sei. Aber den Käs‘ hat er erstaunlich schnell gegessen.
Wenn man das alles hört, was da im Hintergrund so an Betrügereien läuft, was für Sicherheitsrisiken in Kauf genommen werden, wie rücksichtslos die Erfordernisse der Klimakrise ignoriert werden – dann kann man das manchmal gar nicht glauben. In welchem Maße hier ausschließlich Investoreninteressen von Bedeutung zu sein scheinen – Hauptsache es wird viel Geld in die Wirtschaft gepumpt und Wachstum vorangetrieben. Alles andere, vor allem der Klimaschutz, scheint egal zu sein.
Ich bin der Meinung: Die eigentlichen Extremisten sind nicht diejenigen, die sich auf Straßen festkleben, um auf die Regierungen Druck zu machen, sondern diejenigen, die den Status quo erhalten wollen! Wer alles daran setzt, dass wir so weit als möglich so weiterleben können, wie wir es seit Jahrzehnten tun – nur halt ein bisschen grüner, der ist es, der Freiheit und Demokratie gefährdet. Denn je später wirksame Klimaschutzmaßnahmen ergriffen werden, desto einschneidender müssen sie sein.
Am Freitag treffen sich in Ulm die Spitzen von Bahn und Politik, diese verantwortungslosen Wachstums-Junkies, um wieder mal einen Meilenstein der Wachstumsideologie zu feiern. Wir haben uns deshalb entschlossen, dass möglichst viele von uns am Freitag ebenfalls nach Ulm kommen. Das wollen wir mitbekommen, wie sie da exklusiv feiern.
Zugabfahrtszeiten und weitere Details erfahren Sie am Info-Tisch des Aktionsbündnisses – hier drüben, von Ihnen aus gesehen an der linken Seite, vorn – und natürlich an der Mahnwache.
Wir jedenfalls fordern: Keine Inbetriebnahme der Neubaustrecke, bevor nicht ein unabhängig erstelltes qualifiziertes Brandschutz- und Rettungskonzept und eine Klimaverträglichkeitsprüfung erstellt sind. Und wenn die Ergebnisse dieser Prüfungen ernstgenommen werden, dann wird aller Voraussicht nach nur ein reduzierter Betrieb mit reduzierten Höchstgeschwindigkeiten erlaubt werden. Ein ökonomischer Jammer, aber ein Sieg des Klimas und der Sicherheit.
In diesem Sinne: Danke, dass Sie alle da sind, heute Abend. Es wäre schön, wenn wir uns auch am Freitag sehen würden. Bleiben Sie bis dahin gesund – und oben!
Nun, der Traum von den „Grünen“ ist ausgeträumt. Kretschmann bekommt keine Stimme mehr von mir. Der senile Alte „Schwarze“ sollte nicht mehr regieren.
Betrug ist ein WORT, viel zu oft verwaschen mit den Begriffen „Schummeln [1] und Tricks [2]“, besonders vielzählig im ÖRR und der schreibenden PRESSE in Verwendung genommen, anstatt den zutreffenden Begriffen „Betrug und Lügen“:
Der Journalist Stephan Lamby im Gespräch mit Heiner Geißler am 12.11.2014 Wahlversprechen und Lügen: Ist interessant, wie Sie reagiert haben auf meine Frage: „Was ist Lüge?“ haben Sie spontan gesagt: „Am Ende landet man in einer Diktatur.“ https://www.kontextwochenzeitung.de/politik/499/verfahrenslogik-nicht-bedacht-7062.html#comment26575
[1] Smaveo 24.10.2022 So zerstört sich die deutsche Automobilindustrie …
Die fünf Stufen der Disruption …
Schritt 2: Ungezügeltes Streben nach mehr …
und schummelt bei den Abgaswerten.
[1]+[2] WELT 2.11.2007 Herstellerwerte |
Die Autoindustrie schummelt beim Spritverbrauch
Wichtiges Kriterium beim Kauf eines Autos ist der Benzinverbrauch. Den geben die Hersteller an. Doch mit dem wirklichen Verbrauch haben die Angaben nicht viel zu tun. Mit diesen Tricks macht die Industrie aus Spritschluckern Sparmobile.
[2] KONTEXT 7.11.2012 Na ja, man kann halt nix machen
Er habe kein Mandat, S 21 noch mit „irgendwelchen Tricks“ zu Fall zu bringen, sagt der grüne Ministerpräsident Winfried Kretschmann.
Betrügen und Lügen allfällig besonders in den höchsten Positionen der Gewaltenteilung anzutreffen; so lang eben, wie Konsequenzen durch die Dienst- und Disziplinaraufsicht nicht in Anwendung genommen sind – Beispiele gefällig?
ÖRR Krise:
08.12.2022 rbb beruft Juristische Direktorin Lange ab https://c.gmx.net/@334629611663006158/8D7YXcZtT32DMp063qyXOw > Rundfunk > rbb
Wie die SWR-Verantwortlichen die bestehenden ALTLASTEN bis zum ARD-Vorsitz 01.01.2023 wohl bewältigen wollen?!? https://c.gmx.net/@334629611663006158/8D7YXcZtT32DMp063qyXOw/1155864532162185879
2022.12.11 So. Leute der Woche_49
2022.12.11 So. 11.43 Jens Wolters – Miteinander ins Benehmen setzen +++ EP Gewohnheitsrecht VerfGH.pdf
2022.09.25 So. Leute der Woche_38
2022.09.25 So. 10.36 Jens Wolters – Historisch betrachtet… – +++ Giese, LpB.pdf
STUTTGART Meinungs- und Versammlungsfreiheit, die GG Artikel 5 und 8:
Behördenrechtlicher Umgang mit bürgerschaftlichem Engagement, das _nicht_ auf das Wohlwollen der weit von unseren Gesellschaftsgrundlagen entfernten STAATSDIENER trifft (oder besser _prallt_)!!!
https://c.gmx.net/@334629611663006158/oPg7mwwZS0qGxlMAi5ILTg/1044568166375627239
Ausschluss aus Versammlung – übergehen von Gewohnheitsrecht:
„2021.12.06 Mo. EP an VerfGH Beschwerde gegen AG S Urteil 2 Cs 8 Js 105280-20_S.pdf“
„2021.12.22 Mi. VerfGH B-W Ablehnung Rechtsvertretung von J. Sojka 11 AR 168-21.pdf“
…
20.05.2020 https://www.parkschuetzer.de/statements/207768
…
Übrigens… Gewohnheitsrecht, hier bereits über Jahre gelebt, ist nicht in Form von Paragraphen geregelt, sondern…