Pressemitteilung des Aktionsbündnisses gegen S21 vom 10.12.2020
Jetzt klären: Wer zahlt Mehrkosten?
„Erneut hat die DB AG, ein Unternehmen in 100 %-igem Besitz des Staats, die Öffentlichkeit über Kosten und Fertigstellungstermine von Stuttgart 21 getäuscht,“ so Bündnissprecher Martin Poguntke. Diese Erkenntnis ergibt sich aus einem internen Papier des S21-Projekts, das die Wochenzeitung kontext in ihrer aktuellen Ausgabe veröffentlicht. Während Infrastrukturvorstand Ronald Pofalla anlässlich der letzten Sitzung des S21-Lenkungskreises der Politik und Öffentlichkeit weiter Beruhigungspillen verabreicht („Wir sind im Kostenplan“), weiß man bahnintern längst, dass von weiteren Kostensteigerungen von bis zu 1,4 auf dann 9,6 Milliarden Euro auszugehen ist, und damit der als definitiv verbindlich dargestellte Kostenrahmen von 8,2 Milliarden erneut gesprengt wurde. Damit geht der DB bei Stuttgart 21 schon 2021 das Geld aus, das ihr eingeräumt wurde, das aber zu einem Großteil noch nicht finanziert ist. Auch der immer wieder beschworene Fertigstellungstermin 2025 wird intern schon nicht mehr als realistisch angesehen.
Zurecht wir in dem kontext-Beitrag darauf hingewiesen, dass das nun Aufgedeckte noch lange nicht das Ende der Kosten-Fahnenstange ist. Denn das Papier spart den Bereich der Fildertrasse aus, bei der die seit 20 Jahren laufende Planung – inzwischen de facto allseits anerkannt – gescheitert ist. Hier wie an anderen Defizitpunkten des Projekts sind inzwischen euphemistisch so genannte „Ergänzungsprojekte“ im Gespräch, die ehrlicherweise „Flickwerkprojekte“ genannt werden sollten. Angesichts der zu erwartenden Kostendimensionen und Klimabelastungen durch weitere etwa 40 km Tunnel und eine zusätzliche unterirdische Kopfbahnhofstation sei inzwischen zurecht von einem „Zweiten“ Stuttgart 21 die Rede, so Poguntke. Mit diesen Flickwerkprojekten kämen noch weitere 4 bis 5 Milliarden an Kosten hinzu.
Gerade jetzt, wo Corona-bedingt die Schuldenberge der öffentlichen Haushalte und der DB völlig aus den Fugen geraten, kann es nicht gleichgültig sein, wenn hier ohne absehbares Ende immer weitere Milliarden in ein unwirtschaftliches und dauerhaft klimabelastendes Projekt fließen. Um für die Projektpartner (Bahn bzw. Bund, Land und Stadt Stuttgart) die S21-Kostenrisiken transparent zu machen, muss jetzt endlich gerichtlich geklärt werden, wer die ungedeckten nun 5 Milliarden und alle weiteren Milliarden Mehrkosten zu tragen hat. Immer wieder haben die Projektpartner diese Klärung in einer unheiligen Allianz verzögert, wohlwissend, dass ein konkretes Haushaltsrisiko politisch brisanter wäre als ein allgemeines, das man zwischen den Projektpartnern hin und her schieben kann.
Poguntke: „Für den Haushalt der Stadt Stuttgart könnte das von heute auf morgen über 1 Milliarde an Mehrkosten bedeuten, wenn das Gericht die Stadt Stuttgart zu einer Mithaftung für ungedeckte Kosten verurteilen würde – und womöglich mindestens noch einmal das Gleiche für die erwartbar weiteren Kostensteigerungen. Die wechselseitigen Beteuerungen, sich nicht an den Mehrkosten zu beteiligen, würden wie politische Seifenblasen zerplatzen.“