Peter Grohmanns 'Wettern der Woche'
Die Stuttgarter KONTEXT-Wochenzeitung hat sich durch einen geschickten Schachzug 100000 Portionen die neuen Curefac-Impfstoffs gesichert. "Wir rechnen in absehbarer Zeit mit vielen neuen Freunden, denn unsere Vakzine sind über 90 Prozent wirksam", heisst es aus der Redaktion. "Die restlichen 10 % geh'n uns am Arsch vorbei". Kontext geht also mit einem großen Vorteil ins Rennen - aber die Empörung der Konkurrenz ist grenzenlos. Klar, nicht alles, was hinkt, ist ein Vergleich. Denn noch weiss ja niemand, wie der Impfstoff wirklich wirkt.
Das ist wie damals beim Schilddrüsen-Konzern Merck, der ein Schmerzmittel auf den Markt brachte und dann ein paar hundert Millionen blechen musste ("Zu Risiken und Nebenwirkungen fragen Sie, so lange Sie noch können"). Logisch - Medikamente sollen uns ein langes, gesundes Leben bescheren. Doch die Pharmaindustrie bringt mehr Menschen um als die Mafia, behauptet dänische Mediziner Peter C. Gøtzsche. Also: forschen. forschen, forschen - oder aber abwarten - und Tee trinken, wobei bei Corona momentan Artemisia annua ganz hoch gehandelt wird, ein Kräutertee aus Madagaskar.
Damals, als es noch keine Chinesen gab, konnten Wissenschaftler aus zivilisierten Ländern relativ preiswert Versuchskaninchen aus Zuchthäusern bestellen, um zu überprüfen, ob die Nebenwirkungen bestimmter Medikamente wirklich groß sind, wie man erwarten konnte. Erst wenn man da nicht weiter kam, ist man in die freie Wildbahn gegangen, zu Mutter Natur, etwa zu Indianern, Mohren oder Aborigines (= neudeutsch: Indigene). Aber was tun, wenn die Kolonien weg sind?
Als Deutschland keine Kolonien mehr hatte, probierte man die Medikamente mit Unterstützung der großen Pharmafirmen in Konzentrationslagern aus - und erst viel später, als auch das nicht mehr klappte, zum Beispiel im Stuttgarter Bürgerhospital (allerdings lediglich an Psychiatrie-Patienten). Forschung in Deutschland war immer schon auf einem hohen Niveau. Heute ist natürlich alles anders. Der wirklich wohlhabende Corona-Patient in spe könnte den neuen Impfoff zunächst an seine Haushälterin verabreichen lassen und wäre bei etwas Geduld auf der sicheren Seite.
Dass die meisten Menschen aus Asien, Lateinamerika oder Afrika bei Covid dumm dran sind, ist nichts Neues. Aber auch bei uns kann es ja ärmere Schichten treffen - richtig angewendeter Kommunismus ist da eher selten eine Lösung. Offen bleibt, wie das mit den Lieferketten klappen soll, wenn die alle krank werden. Das könnte uns in erhebliche Schwierigkeiten bringen.
Richtig gute, professionelle Satire! Danke, hat mir gut getan!