Rede von Dr. Winfried Wolf, Verkehrsexperte, Journalist und Herausgeber von LunaPark21, auf der 420. Montagsdemo am 18.6.2018
Liebe Freundinnen, liebe Freunde,
der letzte Montag war mit der Anhörung zu Ausstieg und Umstieg bei Stuttgart 21 ein großer Erfolg für die Bürgerbewegung gegen Stuttgart 21. Alle Parteien hatten dieser Anhörung – erstaunlicherweise – zugestimmt. Es war eine öffentliche Anhörung; die Tribüne im Saal war gut besetzt – zu 90 Prozent mit Gegnerinnen und Gegnern von Stuttgart 21. Es gab eine Übertragung in einen zweiten Saal. Und es gab deshalb auch eine Aufzeichnung der Anhörung. Letzteres ist außerordentlich wichtig. Das offizielle Wortprotokoll der Anhörung dürfte erst nach der Sommerpause vorliegen. Und es passiert mitunter, dass bei einem solchen offiziellen Protokoll das eine und andere zu protokollieren „vergessen“ wird, weil es z.B. nicht eindeutig zu hören bzw. zu verstehen war… wobei das dann auch mal auf besonders brisante Aussagen zutrifft.
Hannes Rockenbauch hatte für diese Anhörung extra seinen Urlaub unterbrochen. Und er hat dort einen ganz exzellenten Job gemacht. Er war der einzige Sachverständige, der konkret war, der die Fakten parat hatte, der erfrischend und überzeugend auftrat. Er war auch eindeutig unter allen Sachverständigen der Sieger nach Punkten. Dass es kein K.o.-Sieg war, lag schlicht an den wenig demokratischen Umständen dieser Anhörung: Es gibt da keine Einleitungen der Sachverständigen – also keine, und sei es eine kurze – Darstellung der eigenen Position. Die Sachverständigen dürfen nur auf Fragen antworten. Die Fragen stellen die Abgeordneten, wobei diese je Runde nur zwei Fragen formulieren dürfen. Aus Gründen der Zeitknappheit werden dann die Fragen fast immer nur von dem oder der jeweiligen Abgeordneten an „ihren“ Sachverständigen gestellt. Auch eine Art Kreuzverhör ist nicht zulässig; Sachverständige können nicht andere Sachverständige ansprechen; jedenfalls gibt es dann darauf keine direkten Antworten.
Das ist schlicht ein verbürokratisierter und undemokratischer Rahmen. Und so lief auch die gesamte Anhörung recht steril ab – wozu vor allem auch die flachen, wenig qualifizierten Beiträge der Sachverständigen, die die Pro-S21-Parteien geladen hatten, beitrug. Volker Lösch, der extra zur Anhörung gekommen war und der auf der Tribüne saß, sagte hinterher sinngemäß: „Man verliert da jede Illusion in eine seriöse Debatte und in ein verantwortungsvolles parlamentarisches Verfahren.“
Dennoch, ich wiederhole das: Die Anhörung war wichtig. Sie markiert einen wichtigen Erfolg für uns. Wir kommen – und dies gilt seit rund einem halben Jahr – aus der Defensive heraus. Dies lässt sich auf drei Ebenen verdeutlichen: Erste Ebene – die S21-Befürworter haben den Kampf mit Argumenten pro S21 aufgegeben. Zweite Ebene – Stuttgart 21 ist auch offiziell ein Finanzdesaster. Dritte Ebene – Stuttgart 21 wurde 2001 nur deshalb neu gestartet, weil es dafür eine Schmiergeldzahlung des Landes Baden-Württemberg in Höhe von einer Milliarde Euro gab. Dafür gibt es seit dieser Anhörung auch einen Kronzeugen.
Zur ersten Ebene – der Kapitulation der S21-Befürworter und deren Verzicht, mit Argumenten für Stuttgart 21 zu werben. Diese Feststellung wurde bereits durch die Wahl der Sachverständigen, die die S21 befürwortenden Parteien vertreten, deutlich.
Das trifft zu auf Thomas Bopp, der den Verband Region Stuttgart vertritt. Dieser betonte in seinem Statement vor allem, wie groß und dicht besiedelt Stuttgart und die Region sei. Wie wichtig die neue „City Süd mit viel neuem Gewerbe“ am Flughafen und an der Messe sei. Daher, so Bopp, sei „es wichtig, dass das auch so gebaut wird“ – dass der Flughafen an die Neubaustrecke angeschlossen werde. Dabei ist ja gerade dies seit einem halben Jahr nicht gesichert. Wichtige konkrete Fragen konnte er nicht beantworten. So wurde an ihn die Frage gerichtet, wie hoch die Stationsentgelte im neuen S21-Bahnhof sein würden („Wenn S21 unwirtschaftlich ist, dann muss das ja am Ende irgendjemand zahlen!“). Antwort Bopp: Die Kosten der zukünftigen Stationsentgelte „sind nicht bekannt“.
Manfred Leger, Leiter des Projektes Stuttgart-Ulm, sagte gleich zwei Mal auf entsprechende Fragen: „Mein Job ist die Fertigstellung von Stuttgart 21 und nicht, mich mit Alternativen zu beschäftigen.“ Ok, das mag ja zutreffen. Aber warum, so die Frage, wird so ein Mann dann als Sachverständiger zum Thema Ausstieg und Umstieg bei Stuttgart 21 benannt?
Professor Bernd Hillemeier war ein weiterer Sachverständiger pro S21. Bei diesem Herrn handelt es sich um einen reinen Betonfachmann. Er ist seit fünf Jahren Mitglied im Projektbeirat von Stuttgart 21 (und der Neubaustrecke nach Ulm). Dafür erhält er eine „Aufwandsentschädigung“, über deren Höhe die DB keine Auskunft erteilt. Von Professor Hillemeier werden im Internet als geflügelte Worte festgehalten: „Die Grenzen des Betons sind die Grenzen unserer Phantasie“. Auf diesem Niveau bewegten sich auch seine Aussagen vor dem Ausschuss. Sein Eröffnungssatz lautete: „Das Schlimmste wäre, wenn die weißen Kelchstützen bei dem Bahnhof nicht hinkämen.“ Er verglich dann die Schönheit des Kelchstützenbetons mit der unzureichenden Qualität des Betons des Bundestagsgebäudes, in dem die Anhörung stattfand.
Professor Walter Wittke, noch ein Pro-S21-Sachverständiger, erschien für die Pro-S21-Parteien bereits dadurch qualifiziert, dass seine Firma primär vom Bau von S21 lebt. Sein einziges, kurzes Statement bezog sich ausschließlich auf die Tunnelarbeiten. Er behauptete da, die „Abdichtungen“ mit Silikon-Injektionen würden „hundert Jahre halten“.
Schließlich war noch kurzfristig Prof. Martin aktiviert worden. Dieser behauptete; „K21“ und „Umstieg21“ seien „identisch“, man habe da bei „Umstieg21“ „nur die Namen gewechselt“. Was belegt, dass der Herr sich das Umstieg21-Konzept nicht einmal angeschaut hat.
Auffallend war das Niveau der Beiträge, das kaum zu unterbieten war. Dazu zwei Beispiele: Leger antwortete auf die Frage nach den Gleiskapazitäten: „Der heutige (Kopf-)Bahnhof verträgt (!) 30 Züge je Stunde. Mit S21 sind 49 Züge möglich.“ Hannes sagte in einer seiner Antworten dazu: Alle Planungen für den Brandschutz „sind für maximal 32 Züge ausgelegt“. Es gebe den „Nachweis, dass der Kopfbahnhof 50 Züge schafft“. Dazu gab es dann keinen Widerspruch.
Bopp äußerte: „Ein Kopfbahnhof ist nicht mehr zukunftsweisend […] Es wird ja immer so getan, als hätten wir einen phantastischen, gut funktionierenden Kopfbahnhof. Doch dort ist die Infrastruktur am Ende ihres Lebenszeitraums“. Da lautet doch die Frage, ob die Frankfurter ihren Kopfbahnhof nicht dringend abreißen sollten, weil „nicht mehr zukunftsweisend“. An die DB in Leipzig ist die Frage zu richten, warum der dortige Kopfbahnhof mit vielen Hunderten Millionen Euro ausgebaut und modernisiert wurde; warum dort der Bopp´sche Sachverstand noch keinen Einzug gehalten hat.
Bilanz: Es gab am 11.6. in der Anhörung kein einziges seriöses Argument pro S21. Das war ein krasser Unterschied zur Anhörung vor knapp acht Jahren, im November 2010. Damals hatten die S21-Befüworter mit Volker Kefer einen zumindest halbwegs intelligenten Vertreter. Man ist fast geneigt, diesen Zeiten einer eher fundierten Debatte nachzutrauern.
Zweite Ebene: Stuttgart 21 mit dem offiziellen Attest „Finanzdesaster“. Als Sabine Leidig als Abgeordnete im Rahmen einer ihrer Fragen Vergleichbares hinsichtlich der Unwirtschaftlichkeit von S21 sagte, widersprach ihr die SPD-MdB Kirsten Lühmann. Diese sagte, das sei doch nichts Neues; auch Grube habe bereits gesagt, S21 sei „unwirtschaftlich“. Das ist falsch – hier gibt es schon diese neue Qualität. Grube hat Vergleichbares eher en passant gesagt – und dies erst kurz vor seinem Abgang vom Gleisacker. Bahnchef Lutz hingegen hat am 18. April vor dem Verkehrsausschuss offensiv und unmissverständlich gesagt, Stuttgart 21 sei „komplett unwirtschaftlich“. Und er nannte erstmals dafür eine Zahl: S21 bringe „2,227 Milliarden Euro“ Verlust.
Diese Zahl selbst ist in zweifacher Hinsicht aufschlussreich. Sie ist erstens sehr hoch. Das wäre ein Verlust, der rund zwei Jahresgewinne der DB vernichtet. Und die Zahl ist willkürlich. Die Frage stellt sich doch: In welchem Zeitraum gibt es diesen Verlust? Wenn ein Projekt unwirtschaftlich ist, dann ist es in jedem Jahr unwirtschaftlich. Eine zu kleine Bahnhofskapazität schafft dann Jahr um Jahr Verlustbeiträge, weil Schienenverkehr nicht stattfinden kann, weil ein Teil des Schienenverkehrs andere Strecken – Umwege – nehmen muss. Damit müssen die jeweiligen Jahresverlustbeiträge bei einem Projekt, das hundert Jahre und mehr Bestand haben soll, auch mal hundert genommen werden. Da kommt am Ende ein gigantischer Betrag, weit mehr als 2,227 Milliarden Euro heraus.
Thyssen hat z.B. soeben ein riesiges Stahlwerk-Projekt in Brasilien aufgegeben – wegen Unwirtschaftlichkeit. Das kostete den Konzern 8 Milliarden Euro Investitionen, die komplett abzuschreiben sind. Die Unwirtschaftlichkeit hätte pro Jahr „nur“ ein paar hundert Millionen Euro ausgemacht. Doch das wäre halt mit einigen Dutzend Jahren zu multiplizieren gewesen. Daher Ausstieg komplett. Wobei es da eines neuen Konzernbosses – Hiesinger mit Namen – bedurfte, um diesen radikalen, aber betriebswirtschaftlich richtigen Schnitt realisieren zu können.
Bilanz dieser zweiten Ebene: Bahnchef Lutz hat hier ein richtiges Fass aufgemacht. Seine Aussage, S21 sei unwirtschaftlich, unterlegt mit einer sehr hohen Verlust-Zahl und in Kombination mit dem Wissen, dass es mit Umstueg21 eine Alternative gibt, heißt, dass der Untreue-Paragraf des Strafgesetzbuchs (§266) damit sehr konkret ins Spiel kommt. Ich zitiere diesen nochmals: „Wer […] die ihm […] obliegende Pflicht, fremde Vermögensinteressen wahrzunehmen, verletzt und dadurch dem, dessen Vermögensinteressen er zu betreuen hat, Nachteil zufügt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren […] bestraft.“ Vor diesem Hintergrund haben unsere Juristen, Eisenhart von Loeper und Dieter Reicherter, ihre Strafanzeigen gegen die Bahnverantwortlichen nochmals nach-munitioniert.
Dritte Ebene: der 1-Milliarde-Euro-Schmiergeld-Beleg. Hier waren die schriftlichen und mündlichen Aussagen des Sachverständigen Thilo Sarrazin höchst erhellend. Dieser erklärte [im Folgenden zusammenfassend und verkürzt wiedergegeben]: Ich kam Anfang 2000 zur DB; der damals neue Bahnchef Mehdorn holte mich. Er bat mich, eine Liste zu erstellen mit allen Bahn-Infrastrukturprojekten hinsichtlich deren Wirtschaftlichkeit. Das tat ich. Das Ergebnis lautete: Der „Eiserne Rhein“ – eine Güterverkehrsstrecke – „lag ganz vorne“. Das Projekt VCD 8.1/8.2 – die Neubaustrecke Berlin – München über Erfurt – „lag sehr weit hinten“. Und dann wörtlich in der Anhörung: „Dahinter [an letzter Stelle] stand nur noch Stuttgart 21“ – als das unwirtschaftlichste Projekt überhaupt. Hier war auch die Begründung von Sarrazin interessant: „…weil es keine Kapazitätserweiterung und nur minimale Fahrzeitverkürzungen brachte“.
Wir wollen ja jetzt nicht kleinlich sein und nicht darauf beharren
- dass der Tiefbahnhof nicht nur „keine Kapazitätserweiterung“, sondern einen Kapazitätsabbau von mehr als 30 Prozent bringt
- dass S21 für sich genommen Nullkommanull Fahrzeitverkürzungen bringt; diese sind allein Resultat der Neubaustrecke, die komplett unabhängig von S21 ist.
Trotz dieser ernüchternden Einstufung wurde das Projekt S21 dennoch neu aktiviert. Es war zuvor, so auch Sarrazin, unter Bahnchef Ludewig, „eingefroren“ worden. Sarrazin selbst erhielt laut Eigendarstellung von Mehdorn den Auftrag, das Projekt neu auf die Tagesordnung zu setzen. Den Grund dafür liefert Sarrazin in seiner schriftlichen Stellungnahme zur Anhörung. In dieser heißt es: „Nach [Mehdorns] Bekundungen spielte dabei eine maßgebliche Rolle die Zusage des Landes Baden-Württemberg, im Fall einer Einigung [also der S21-Aktivierung; W.W.] die Nahverkehrsleistungen des Landes pauschal an die DB zu vergeben.“
Und so wurde verfahren. Und es war Sarrazin selbst, der dann am 24. Juli 2001 in Stuttgart für die Deutsche Bahn AG den Vertrag zur Reaktivierung des Bahnprojekts Stuttgart 21 unterzeichnete.
Das ist eine Bombe. Zumal MdB Matthias Gastel in der Anhörung ergänzte, dass nach Berechnungen des grün geführten Verkehrsministeriums auf diese Weise eine Milliarde Euro zu viel für den neuen Nahverkehrsvertrag bezahlt wurden.
Um dies zu verstehen ein kleiner Exkurs: Seit der Bahnreform von 1994 sind die Länder für den Schienenpersonennahverkehr verantwortlich. Das sind alle Regionalbahnen, die Regionalexpressbahnen, die S-Bahnen und – in Baden-Württemberg – die IRE-Züge. Dafür zahlt der Bund Jahr für Jahr an die Länder (nach aktuellen Zahlen) 8 Milliarden Euro sogenannte Regionalisierungsmittel; Baden-Württemberg erhält davon den anteilmäßigen Betrag, aktuell mehr als eine Milliarde Euro – pro Jahr. Mit diesem Geld bestellen die Länder Nahverkehrsleistungen – bei der Nahverkehrstochter der DB, DB Regio, oder bei privaten Betreibern (in Zukunft hier im Raum Stuttgart bei Abellio und bei Go ahead). Natürlich sind die Länder dabei gehalten, mit diesen ihnen anvertrauten Bundesmitteln und Steuergeldern verantwortlich umzugehen – diese verantwortlich im Interesse der Fahrgäste, der Umwelt und des Klimas einzusetzen.
Doch die damalige Landesregierung benutzte dieses Geld faktisch für Bestechung. Sie zahlte eine Milliarde mehr als erforderlich. Was dann ja auch der Kick-off dafür war, dass das Land auch noch offiziell eine knappe Milliarde Euro zusätzlich zahlte, dass die Stadt für eine knappe halbe Milliarde das frei werdende Bahngelände vorab abkaufte und dass die Flughafengesellschaft noch einen satten Betrag zusätzlich kofinanzierte…, sodass die DB am Ende fast drei Milliarden Euro an Extra-Einnahmen verbuchen und nunmehr S21 als „wirtschaftlich“ bezeichnen konnte.
Das, was die Landesregierung da machte, erfüllt den Tatbestand der Veruntreuung von Steuergeldern. Und dann noch eine Veruntreuung zugunsten eines unwirtschaftlichen Projekts, das mit Kapazitätsabbau und zusätzlicher Klimabelastung verbunden ist.
Wir haben Vergleichbares zwar immer geahnt, auch gewusst. Dennoch haben wir seit dieser Anhörung eine neue Situation. Neu ist:
- Es gibt jetzt einen direkten Zusammenhang zwischen diesem überteuerten Nahverkehrsvertrag und Stuttgart 21, zeitlich und projektbezogen zusammenhängend.
- Es gibt dafür einen Kronzeugen, denjenigen, der zum damaligen Zeitpunkt für den Netzbereich der DB verantwortlich war und der selbst den entsprechenden S21-Aktivierungsvertrag unterzeichnete.
Damit ist auch klar: Lutz log am 18.4. im Ausschuss. Und Grube log vielfach im Ausschuss. Beide wussten von vornherein und immer, in allen Phasen der Planung und des Baus von Stuttgart 21: Dieses Projekt ist unwirtschaftlich.
Bemerkenswert ist in diesem Zusammenhang – im Rahmen der Anhörung - die Haltung der Grünen.
Matthias Gastel sagte, S21 sei ein „hochgradig gesteuertes und politisch fragwürdiges Projekt. S21 sei „teuer und unwirtschaftlich“. Doch dann: „Wir akzeptieren, dass 70 Prozent der Tunnel in Stuttgart bereits gebohrt sind.“ Der Mann hat die Staatsräson bereits voll verinnerlicht. Es gilt: Augen zu und durch den Anhydrit. Dabei baut Gastel sogar Fake News ein. „70%“. Er sagt nicht: „30 Prozent der Projektsumme sind bislang verbaut“. Er will damit suggerieren, man könne ohnehin nichts mehr machen und verfälscht gezielt die Wirklichkeit.
Matthias Lieb vom VCD Baden-Württemberg trug als von den Grünen beauftragter Sachverständiger eine vergleichbare Kritik an S21 vor. Zu teuer. Zu wenig Kapazität. Seine Folgerung lautet dann jedoch: S21 weiterbauen. Aber den Kopfbahnhof oder Teile desselben erhalten. Also alle S21-Kosten akzeptieren, alle S21-Risiken eingehen. Und dann obenauf noch den Kopfbahnhof zumindest in Teilen stehen und umbauen lassen. Was ja heißt: Nochmals mehr Kosten. Da letzteres nicht kommen wird, wenn S21 weitergebaut wird, heißt auch das: Die Staatsräson wird voll verinnerlicht.
Und dann war da und ist da Cem Özdemir. Er forderte im Vorfeld ein „mea culpa“ von den S21-Betreibern. Wörtlich: „Die Kritiker [von S21] hatten bisher in fast allen Punkten recht.“ Also: S21 ist Kapazitätsabbau, ist völlig überteuert, ist unwirtschaftlich. Dennoch sei, so Cem Özdemir, der point of no return längst erreicht. Wir müssen jetzt nach vorne schauen und darauf achtgeben, dass kein infrastrukturelles Nadelöhr entsteht.“
Das ist natürlich schräg, weil Özdemir doch gerade sagte, dass zutrifft, dass mit S21 ein solches Nadelöhr entsteht. Nach vorne schauen heißt da, in einen Tunnel ohne Ende glotzen. Da hilft dann nur noch der fragwürdige Rückgriff auf eine schwäbische Volksweisheit. Özdemir: „Jetzt isch die Katz de Baum nauf“.
Auch hier das pure Staatsräson-Denken. Wir sind in Baden-Württemberg in der Regierung, an der Macht. Wollen wir an der Regierungsmacht bleiben, dann müssen wir mit den Mächtigen deren garstige Lieder singen.
Und wir – liebe Freundinnen und Freunde?
Wir wissen, wenn die „Katz den Baum nauf isch“, dann gibt es eine Lösung: Man ruft die Freiwillige Feuerwehr. Und oft ist die dann bereit zu einer Extra-Übung.
Und wenn wir jetzt sagen „Oben bleiben“ – dann meinen wir natürlich nicht die Katz. Sondern uns und unsere Bewegung.
Und wir betonen: Wir agieren nach 420 Montagsdemonstrationen und acht Jahren Mahnwache weiter als Freiwillige Feuerwehr:
- für unseren Bahnhof
- für unsere Straßen
- für unsere Stadt!
Aus dem vCD muß ich wohl austreten.
Die Grünen gehen dann wohl als Erbauer von S21 in die Geschichte ein. Recht so!
Mir klingelt irgendwie ENDSIEG in den Ohren.
Ein Politiker der einmal an den Fleischtopf der Macht sitzt, hat Moral und Verstand in diesem Topf verloren.