Rede von Peter Erben, BI Neckartor, auf der 405. Montagsdemo am 19.2.2018
Liebe unentwegte Kämpferinnen und Kämpfer gegen die S21-Lüge,
Ihr alle wisst es: Vergangene Woche wurde im Rosensteinpark, am Hang über dem Neckar, das erbärmliche Schauspiel der Naturzerstörung für das Milliardengrab Stuttgart 21 fortgesetzt. Zum wiederholten Male fielen Bäume der Gier, einer perfide agierenden Mafia, zum Opfer. Es waren über einhundert wunderbare Bäume, die bis dahin ihren unverzichtbaren Dienst, gegen die viel zu schlechte Luft unserer Stadt, geleistet hatten. Das Ganze war ein perfider Akt, weil die Macher von S21 diese Form der Naturzerstörung für notwendig erklären, um die Bevölkerung mit einem großartigen Jahrhundertprojekt beglücken zu können. Die Täter appellieren an die Opferbereitschaft des Volkes und an dessen Durchhaltevermögen, obwohl ihre hohlen Versprechungen längst von unserer Bewegung entlarvt wurden.
Als ich am Dienstagmittag, dem zweiten Tag dieser schändlichen Aktion, an die Absperrgitter der Rodungsfläche kam, war da auch die Polizei im Einsatz. Kurz davor hatte das SEK einen unserer Aktivisten aus einer Baumkrone geholt. Er hatte dort über drei Stunden ausgeharrt und damit alles ihm Mögliche getan, diesen Baum zu retten. Am Ende leider doch vergeblich. Im Sichtschutz der zugehängten Bauzäune waren aufgeschnittene Stellen, durch die ein Blick in den Schlachthof möglich war. Da hatte wohl jemand versucht für Transparenz zu sorgen. Ein Polizist meinte dann, er wäre mit seinen Kollegen hier, um aufzupassen, dass niemand etwas kaputt macht. Gleichzeitig war das herzzerreißende Krachen berstender Baumstämme zu hören. Einzelne, verzweifelte, wütende und am Ende doch hilflos wirkende Apelle, das Verbrechen zu beenden, verhallten zwischen dem Motorenlärm der eingesetzten Baumfällmaschinen. Dann wurde es ruhig – Mittagspause.
Ich blieb noch eine Weile stehen. War irgendwie fassungslos, ratlos. Ich verabschiedete mich von guten Parkschützern. Ein Handschlag, eine Umarmung. Ich stieg auf mein Fahrrad, strampelte los und fragte mich, ob das nur ein böser Traum war.
Jetzt stelle ich mir wieder andere Fragen: Weiß denn von den zumeist wenig bis schlecht informierten Menschen unserer Republik heute überhaupt noch jemand, wozu in Stuttgart die halbe Stadt aufgerissen wird? Wozu hier Steuergelder in Milliardenhöhe verschleudert werden, obwohl sie an anderer Stelle fehlen? Sie fehlen zum Beispiel für die Erstellung einer menschengerechten Verkehrsinfrastruktur. Für eine Mobilitätskultur, die nicht krank macht. Mit weniger Lärm. Mit besserer Luft. Mit genügend Platz für Fußverkehr. Mit Fahrradstraßen die ihren Namen verdienen. Mit Busspuren, auf denen kein Bus im Stau steht. Eine Mobilitätskultur, die den Klimawandel stoppt, anstatt diesen zu beschleunigen.
Der Baumfrevel der vergangenen Woche erfolgte zum Glück nicht ohne Protest. Sicherlich – da waren jetzt nicht Tausende am Tatort, so wie vor wenigen Jahren im Schlossgarten. Aber es waren doch genügend Aktive dort, um den Finger in die Wunde zu legen. Es waren genügend, um Öffentlichkeit herzustellen, zu dokumentieren, zu mahnen und um anzuklagen. Diese, von der DB praktizierte Art der Baumpflege als Beobachter auszuhalten, ist für Menschen, die das eigentlich verhindern wollen, sehr schwer. Es ist eine Tortur. Ich verstehe, dass viele, die sowas schon ertragen haben, wegbleiben. Es schmerzt einfach zu sehr.
Umso mehr möchte ich mich jetzt bei denen bedanken, die letzte Woche im Rosensteinpark mit Leidenschaft für unsere Sache eingetreten sind. Vielen herzlichen Dank an Euch!
Oben Bleiben!