An diesem Wochenende wird der staunenden Bevölkerung die "offene Baustelle S21" präsentiert. Ob man sich das antun soll? Oder jetzt erst recht, denn bei S21 gibt es noch so viele "offene Fragen", dass der Gang über die "offene Baustelle" auf spannende Antworten treffen könnte. Peter Müller, der seit Jahren Dienst an der Mahnwache macht, wird dort ständig mit Fragen von Ortsfremden und "Einheimischen" konfrontiert. Er hat für die "offene Baustelle" nun einen Katalog mit Fragen zusammengestellt, die nicht nur ihn, sondern auch viele der K21-Bewegung umtreiben. Hier ist sein Brief:
Liebe Mitstreiter und Mitstreiterinnen,
wieder einmal will die Deutsche Bahn vom 05. bis 07. Januar 2017 ihre Erfolge beim Bau von Stuttgart 21 präsentieren. Das dürfte sehr schnell abgehandelt sein, denn wirkliche Erfolge sind selten. Für uns, die wir im Gegensatz zu Kretschmann und Konsorten das Projekt wirklich kritisch begleiten, bietet diese Showveranstaltung der Bahn die Gelegenheit, mit kritischen Sachfragen nicht nur den Finger, sondern beide Hände in die Wunde zu legen. Zur Anregung habe ich einige Fragen formuliert, die die Vertreter der DB AG laut eigener Aussage gern fachkundig beantworten wollen.
1. Der Besichtigungsort "Verzweigungsbauwerk Kriegsbergstraße" wirft natürlich die Frage auf, was es mit der vom Gutachter der DB, KPMG, im Cannstatter Tunnel im Anhydritbereich festgestellten Feuchtigkeit auf sich hat und mit welchen Maßnahmen man einem Aufquellen des Gesteins in diesem Bereich entgegenzuwirken gedenkt.
2. Zum Bau der neuen Neckarbrücke stellt sich die Frage, ob die EU die Fällung von Bäumen im FFH-Schutzgebiet Rosensteinpark genehmigt hat und ob die Bahn einen "Plan B" hat, falls diese Genehmigung nicht erteilt wird.
3. Grundlegend ist natürlich immer noch die Frage nach der Leistungsfähigkeit der schrägen Halbtiefhaltestelle. Da bereits in den Planfeststellungsunterlagen von 32 Zügen in der Spitzenstunde ausgegangen wurde, was auch der VGH Mannheim in einem Urteil vom April 2006 bestätigte, ist eine angebliche Leistungssteigerung eine Erfindung der DB.
4. Angeboten werden von der Bahn auch Auskünfte zur Finanzierung. Das dürfte auch sehr interessant werden, da der Aufsichtsrat der DB erst am 26.01.2018 in Berlin über die weitere Finanzierung und überhaupt über den weiteren Bau von Stuttgart 21 beschließen soll, falls er nicht auch dann wieder einen Rückzieher macht und die Entscheidung vertagt, wie schon so oft.
5. Wenn die Bahn und eventuell auch die Stadt Stuttgart die städtebaulichen Konzepte auf dem Gebiet des heutigen Gleisvorfeldes und des Abstellbahnhofs vorstellen, dann sollte man natürlich nachfragen, was passiert, wenn die STUTTGARTER NETZ AG vor Gericht Erfolg haben sollte und der Kopfbahnhof zumindest nicht komplett entwidmet und demontiert werden darf. Diese Verhandlung findet wahrscheinlich im ersten Quartal 2018 statt.
6. Die DB bietet auch einen Blick auf die entstehenden vier Bahnsteige in Baugrube 12 und 13 an. Ursprünglich sollte ja immer nur ein Abschnitt des Bahnhofs gebaut werden, weil man sonst Probleme mit dem Grundwasser bekäme. Zur Zeit sind aber sechs oder mehr Abschnitte im Bau. Wie wirkt sich das auf die Menge des abzupumpenden Grundwassers aus, und welche Risiken ergeben sich daraus?
7. Da es mit den Kelchstützen nicht weiter vorwärts geht, stellt sich zwingend die Frage nach dem WARUM. Es ist ja bekannt, dass das Brandschutzkonzept der DB noch auf seine Genehmigung wartet. Erst dann kann entschieden werden, wie und wo man die restlichen 25 Kelchstützen errichtet; natürlich über ein Planänderungsverfahren, das auch wieder Zeit und Geld kostet. Die Frage ist also, ob das EBA das Konzept genehmigt und ob die Bahn im Falle einer Ablehnung einen "Plan B" hat.
8. Wie lange dauert eigentlich die Herstellung einer Kelchstütze und wie viele können gleichzeitig gebaut werden?
9. Eine Führung durch das Grundwassermanagement (GWM) gibt auch die Gelegenheit zu vielen Fragen, wie zum Beispiel: Wie viel Grundwasser wird zureit tatsächlich abgepumpt und wie viel ist maximal genehmigt? Und dann ist da immer noch das Notstromaggregat, das mit Diesel betrieben wird, der aber im Heilquellenschutzgebiet nicht gelagert werden darf (blauer Container).
10. Zur zentralen Baustellenlogistik wäre einmal interessant, welches Hydrauliköl in den Baggern und anderen Maschinen zur Anwendung kommt. Im Heilquellenschutzgebiet muss es laut Gesetz Lebensmittelöl sein.
11. An der grauen Musterkelchstütze tut sich natürlich die Frage auf, ob die Kelchstützen nun wirklich schneeweiß werden. Und selbst, wenn man es hinbekommt, dass der Beton anfangs weiß wird, wie will man absichern, dass er auch weiß bleibt? Ich denke da an Abrieb von Bremsen und Oberleitungen und an Taubensch...
12. Am Nesenbachdüker bietet sich natürlich die Frage nach den Unterhaltskosten an und wer diese übernimmt. Schließlich ist Stuttgart 21 laut Aussage des Bundesverkehrsministeriums (Dr. Friederike Reineke) vom 19.12.2017 ein eigenwirtschaftliches Projekt der Deutschen Bahn AG. Warum also übernimmt nicht die DB AG die jährlichen Betriebskosten für die Dükerbauwerke?
13. An der Haltestelle Staatsgalerie der Stuttgarter Stadtbahn ist einiges schief gelaufen. Ursprünglich sollte die neue Haltestelle bereits 2017 in Betrieb gehen und dann die Strecke zum Hauptbahnhof gesperrt werden. Nun muss aber nach Fertigstellung der Trasse (wann?) nochmals die Linie zum Charlottenolatz gesperrt werden, um die neue Haltestelle Staatsgalerie anzubinden. Wie lange ist dafür eingeplant? Wer zahlt die Mehrkosten?
14. Schließlich ist da noch die Baugrube 22, wo man laut Werbeflyer der DB Fragen nach dem Fildertunnel und der Neckarquerung stellen kann. Auch im Fildertunnel gibt es viele Schwachpunkte, so zum Beispiel den Abschnitt im Anhydrit (unter dem Fernsehturm) und das Kernerviertel, das geologisch gesehen auf äußerst risikoreichem Untergrund, in Fachkreisen "Rutschscholle" genannt, gebaut wurde. Was gibt der DB die Sicherheit, das Problem mit Hebungsinjektionen beherrschbar zu machen? Und beim Tunnelbau im Neckartal drängen sich Vergleiche zu Rastatt auf. Was ist der Unterschied zwischen Rheinkies und Neckarkies? Was hat man aus Rastatt gelernt?
Ich hoffe, Euch fallen noch viele weitere Fragen ein. Ich wollte mit den vorstehenden Fragen lediglich einen Anreiz bieten, die Versprechungen der DB kritisch zu hinterfragen.
Fragen kostet nichts, nicht mal bei der Bahn. Bei den Antworten sollten wir uns aber auf Verspätungen und Ausfälle einstellen.
Peter Müller
Man kann auch gerne fragen, warum die Tunnelwände im Anhydrit soviel dünner sind wie z. B. die des Engelbergtunnels, der demnächst schon wieder saniert werden muss, weil die Tunnelwandstärke immer noch nicht ausreicht?
Man kann auch gerne fragen, wie riegeldumm eine Stadt eigentlich sein muss, den Betrieb ihres stadtlebenswichtigen Hauptabwasserkanals von der DB abhängig zu machen?
Man kann auch gerne fragen, warum den Leuten der Unterschied zwischen einem blendaxweißen Architekturrendering und einer versifftgrauen „Kelchstützze“ nicht auffällt.
Man kann auch gerne nach der Enge der viel zu wenigen Bahnsteige fragen …
Man kann auch gerne fragen,warum oben bleiben und etwas von der Landschaft sehen und sich daran erfreuen schlechter sin soll als auf depressiv machende Betontunnelwände zu starren (falls man nicht eh schon konstant auf sein Handy starrt, weil U50) …
Man kann auch gerne fragen,warum ein Durchgangsbahnhof behinderten- und blinden- freundlicher sein soll als ein Kopfbahnhof…
Man kann auch gerne fragen, wekche Berechtigung eigentlich eine Stadt hat, einen Feinstaubalarm auszurufen, wenn sie zuvor hunderte von Bäumen im Stadtzentrum fällen lässt…
Schon mal aufgefallen, daß während des Winters wenn meistens Feinstaubalarm ist, alle !! Laubbäume keine Blätter haben ? und also keiner der Bäume eine Filterwirkung haben kann? Egal ob er noch steht oder nicht ?
Man kann (sich) auch gerne fragen, warum die Grünen unisono ihre Wähler betrogen haben….