Liebe Freunde,
vielen Dank für Eure Einladung an unseren Verein „Aktionsbündnis gegen eine feste Fehmarnbeltquerung e.V.“ zur Teilnahme an Eurer Montagsdemo. Gerne gebe ich hier einen kurzen Abriss zu dem von uns bekämpften Vorhaben ‚Feste Fehmarnbeltquerung‘. Das Vorhaben ist das größte Infrastrukturvorhaben Nordeuropas. Es soll ein wesentliches Teilstück des Skandinavien-Mittelmeer-Korridors im TEN-V-Programm der EU bilden.
Das Vorhaben soll die Verkehrsverbindungen zu Lande zwischen Hamburg und Kopenhagen verkürzen. Heute läuft der Verkehr zwischen diesen beiden Metropolen noch über die Jütlandlinie, also Flensburg und die Insel Fünen. Die ‚Feste Fehmarnbeltquerung‘ würde diese Strecke auf der Straße um etwa 150 km und für den Zugverkehr um 160 km reduzieren. Seit mehr als 50 Jahren wird der Auto- und Schienenpersonenverkehr über den Fehmarnbelt durch ein sehr zuverlässiges und modernes Fährsystem ermöglicht. Die Fähren fahren ganztägig im pünktlichen Halbstundentakt und bei jedem Wetter.
Die Baumaßnahmen umfassen in Dänemark die Elektrifizierung und den zweigleisigen Ausbau der Eisenbahnstrecke Ringsted zum Fährhafen Rödby am Fehmarnbelt und in Deutschland den gleichwertigen Bahnausbau zwischen dem Fährhafen Puttgarden und Bad Schwartau bei Lübeck. Auf deutscher Seite kommt noch der Ausbau der B 207 zum Autobahnstandard zwischen Heiligenhafen und Puttgarden hinzu. Kernstück des Vorhabens ist aber die rund 18 km lange Untertunnelung des Fehmarnbelts. Der Tunnel ist als Absenktunnel mit einem vierspurigen Straßenteil und einem zweigleisigen Bahnteil ausgelegt.
Die Konzeptstudie zur Prüfung von Querungsalternativen wurde 1999 zusammen mit volkswirtschaftlichen Evaluierungen erstellt. Alles lief nach dem altbewährten Täuschungsmuster aus einerseits zu hohen und unrealistischen Prognosen für den Verkehrsbedarf und andererseits viel zu niedrigen Kosten für den Bau und laufenden Betrieb der Querungsvarianten. Schon aus den damaligen Evaluierungen zeichnete sich ab, dass eine feste Beltquerung ein volkswirtschaftlich riskantes Vorhaben bildet. Spätere Überprüfungen durch unabhängige Gutachter fielen noch weit verheerender aus. Die Bürokraten in den Verkehrsministerien von Deutschland und Dänemark setzten sich über diese Warnungen der Experten hinweg. Sie folgten ihrem tradierten Bauchgefühl, dass jedes Verkehrsprojekt zwangsläufig auch zu massiver Wirtschaftsförderung beiträgt.
Ein Staatsvertrag zwischen Dänemark und Deutschland wurde 2008 abgeschlossen und 2009 von einem desinformierten Bundestag in einer Mitternachtssitzung ratifiziert.
Laut Vertrag übernimmt Dänemark die volle Verantwortung für Finanzierung, Planung, Bau und den Betrieb der Brücke sowie seiner Hinterlandanbindungen. Die Finanzierung dieser Maßnahmen soll über staatlich abgesicherte Kreditaufnahmen laufen. Der Kapitaldienst erfolgt durch Mauteinnahmen bei den Querungsnutzern und andere Nutzergebühren. So sollen die Betriebskostenersparnisse der Bahn infolge der Streckenverkürzung voll für die Refinanzierung der Querung abgeschöpft werden.
Der Staatsvertrag favorisierte ursprünglich eine Brückenlösung. Sie musste aber 2011 wegen erheblicher Umweltrisiken aufgegeben und durch einen Absenktunnel ersetzt werden.
Die Gesamtkosten der ‚Festen Fehmarnbeltquerung‘ liegen gegenwärtig nach offiziellen Schätzungen bei 11 Mrd. Euro. Davon entfallen 7,4 Mrd. Euro allein auf den Absenktunnel. Die Kosten von Tunnel und dänischer Schienenanbindung von insgesamt 9 Mrd. Euro sollen durch die Mauteinnahmen beim Tunnel refinanziert werden. Die Kosten des Tunnels haben bereits jetzt eine so kritische Höhe erreicht, dass die bisher so feste Unterstützung für das Projekt im dänischen Parlament zu bröckeln anfing.
Deutschland hat sich nur verpflichtet, die Finanzierung für die Ertüchtigung der deutschen Hinterlandanbindungen zu übernehmen (Kosten etwa 1,6 Mrd. Euro).
Unsere Kritik an dem Tunnelprojekt richtet sich im Wesentlichen gegen zwei Aspekte:
Nach den offiziellen Prognosen des dänischen Vorhabenträgers für den Tunnel wird das Kfz-Aufkommen 2050 bei etwa rund 15.000 Kfz/Tag liegen. Dabei wird fälschlich davon ausgegangen, dass der Fährdienst über den Fehmarnbelt eingestellt wird. Diese Konkurrenz bleibt aber bestehen.
Gleiches gilt für den Bahn- insbesondere Güterbahnverkehr. Im BVWP 2030 wird dieser für 2030 zu täglich 48 Güterzügen prognostiziert, wogegen der Vorhabenträger von täglich bis zu 70 Güterzügen ausgeht.
Fazit: Die hohen Kosten des Tunnels stehen in keinem Verhältnis zu einem so niedrigen Verkehrsaufkommen. Für diesen geringen Verkehr ist der Tunnel maßlos überdimensioniert.
Der Bau des Absenktunnels wird schwerwiegende Auswirkungen auf die marine Umwelt der Ostsee haben. Somit wird gegen mehrere nationale Gesetze und EU-Richtlinien verstoßen.
Das seit Oktober 2013 laufende Planfeststellungsverfahren zum deutschen Teil des Tunnels hat diese Probleme drastisch offenbart. Die marinen Umweltauswirkungen könnten durch den Bau eines Bohrtunnels weitgehend vermieden werden. Die dänische Seite zeigt aber keine Bereitschaft, einen kosteneffektiven Entwurf für einen Bohrtunnel zu erarbeiten. Im Planfeststellungsverfahren hat die Bevölkerung mittlerweile über 17.000 Einwendungen eingereicht.
Ein weiterer Kritikpunkt: Die Alternative eines Ausbaus der schon bestehenden Straßen- und Schienenverkehrsverbindungen über die Jütlandlinie und Fünen wurde niemals geprüft. Wir haben dies immer wieder gefordert, zuletzt auch im Rahmen des Planfeststellungsverfahrens.
Angesichts der schlampigen Antragsunterlagen des dänischen Vorhabenträgers und deren nachsichtige Behandlung durch die Planfeststellungsbehörde sehen wir gute Aussichten für eine erfolgreiche Klage gegen den Planfeststellungsbeschluss.