„Weckruf“ der TheologInnen gegen S21

Die Initiative „TheologInnen gegen S21“
wendet sich mit einem dringenden Aufruf an Sie:

Brechen Sie Ihr Schweigen!
Tragen Sie so dazu bei, dass S21 so schnell wie möglich beendet wird
– je früher, desto besser!

Lieber ein Ende mit Schrecken als ein Schrecken ohne Ende!
Damit der Weg für eine zukunftsträchtige Planung des Bahnknotens Stuttgart frei wird.

Das Projekt hängt nur noch an einem seidenen Faden.

Die Kosten steigen immer weiter – aktuelle Schätzung: 9,8 Milliarden –

  • und verschwenden Geld, das anderswo dringend gebraucht wird.
  • Der Fertigstellungstermin wird immer später (wenn das Projekt überhaupt fertig wird)
    – was weitere Kostenerhöhungen mit sich bringt.
  • Genehmigungen für die unverzichtbaren Projektteile „Filderbahnhof“ und „Wartungsbahnhof“ stehen in weiter Ferne
    – weitere Verzögerungen und notdürftige Umplanungen sind zu befürchten.
  • Die baulichen Probleme beim eigentlichen Tiefbahnhofsgebäude werden immer größer
    – der Stuttgarter Untergrund ist viel tückischer als die Bahn-Planer angenommen hatten.
  • Das Bohren der Tunnels geht viel langsamer als geplant
    – und die schwierigsten Abschnitte sind noch nicht einmal begonnen.
  • Für den Brandschutz ist keine sichere und behindertengerechte Lösung in Sicht
    – nur technisch fragwürdige Kompromisse, die zudem mit weiteren Kosten verbunden sind.
  • Die beabsichtigte Bebauung der Gleisflächen des Kopfbahnhofs wird voraussichtlich nicht möglich sein
    – mindestens ein Teil der Gleise wird weiterhin gebraucht werden.
  • Die Finanzierung des Projekts wird immer fraglicher
    – möglicherweise müssen Stadt und Land ihre Beteiligung zurückziehen.
  • Die Volksabstimmung kann ein Weiterbauen nicht begründen, denn sie war gescheitert
    – und damals angegebene Leistungsfähigkeit und Kosten sind längst überholt.

Es gibt kaum noch Verantwortliche, die das Projekt selbst für sinnvoll halten.

In dieser Situation fordern wir alle Menschen guten Willens auf, ihre Verantwortung für das Wohl des Landes und der Stadt wahrzunehmen. Wenn jeder an seiner Stelle sein Schweigen bricht, wenn jeder seine begrenzten Möglichkeiten nutzt, Einfluss zu nehmen und die Augen für die Absurdität des Projekts öffnen hilft – dann kann das Projekt noch gestoppt werden, bevor es noch größeren Schaden anrichtet.

Nutzen Sie Ihre Kontakte!
Verstecken Sie nicht mehr Ihre Bedenken!
Machen Sie sich nicht mitschuldig durch Ihr Schweigen!

S21 richtet neben dem großen Imageschaden für den deutschen Ingenieurs- und Wirtschaftsstandort nicht nur ökologischen, geologischen und finanziellen Schaden an. Das Projekt hat auch bereits großen sozialen Unfrieden über Stadt und Land gebracht: Erst mit dem Stopp des Projekts scheint Aufklärung, Sühne und Befriedung möglich zu werden. Ein „Augen zu und durch“ wird den Frieden nicht herbeiführen, sondern weiter erschweren.

Deshalb: Werden Sie aktiv, im Stillen, in der Öffentlichkeit, an Ihrer Arbeitsstelle, wo immer auch nur die kleinste Gelegenheit besteht, zum baldigen Ende dieses Skandalprojekts beizutragen!

Stuttgart, Februar 2016, für die Initiative „TheologInnen gegen S21“:
Martin Poguntke, Dattelweg 51a, 70619 Stuttgart, martin.poguntke@online.de, 0711/76 16 05 18

 Weitere Informationen:

Kosten: Das Ingenieurbüro Vieregg & Rössler hat 2008 erhöhte Kosten von 6,5 Milliarden berechnet, was von Bahn und Politik empört zurückgewiesen wurde – bis 2012 genau diese Summe eingestanden werden musste. Nun hat Vieregg & Rössler eine aktualisierte Kostenschätzung von 9,8 Milliarden berechnet, was von Bahn und Politik wieder empört zurückgewiesen wird – bis wann?

Jeder in S21 investierte Euro ist ohnehin verlorenes Geld, weil das Projekt keinen positiven Nutzen hat. Ein Stopp lohnt sich deshalb bis zur Inbetriebnahme – unabhängig von der Höhe der Ausstiegskosten (aktuell 1,5 Mrd.). Aber je früher S21 gestoppt wird, desto weniger Geld geht verloren.

Fertigstellungstermin: Offiziell hält die Bahn am Fertigstellungsjahr 2021 fest. Allerdings hat sie beim „Tag der offenen Baustelle“ Anfang Januar Schautafeln aufgestellt, auf denen 2021 erst der Rohbau fertig wird, Inbetriebnahme also – nach einem Jahr technischer Ausrüstung von Bahnhof und Tunnels und einem Jahr Probetrieb – erst 2023 (wenn alles so klappt, wie die Bahn hofft – schon jetzt hinkt die Bahn allerdings dem dort Dargestellten hinterher). Und jedes Jahr Verzögerung kostet nach Auskunft der Bahn eine weitere Milliarde.

Genehmigungen: Ohne den „Wartungsbahnhof Untertürkheim“ kann der Tiefbahnhof nicht in Betrieb gehen – für dessen Genehmigung ist aber noch nicht einmal das Planfeststellungsverfahren eröffnet. Für den „Filderbahnhof“ wurde der Planfeststellungsbereich jüngst in zwei Teile gespalten, weil wesentliche Teile sich seit über 10 Jahren als weiterhin nicht genehmigungsfähig erwiesen haben. Dabei ist für beide Teile völlig offen, wann dort gebaut werden kann.

Bauliche Probleme: Der Stuttgarter Baugrund ist so labil, wie die Gegner immer gesagt haben. Deshalb hat die Bahn noch immer keine Genehmigung für die Statik der 2,5 Meter starken Beton-Grundplatte des Tiefbahnhofs. Der in den Zeitungen vermeldete Beginn der Betonier-Arbeiten im Januar 2016 bezieht sich lediglich auf ein kleines Stück von mehreren zu erstellenden 10 cm dünnen Beton-Schutzschichten.

Wegen des schwierigen Baugrunds hat die Bahn auch Bodenverbesserungen und eine Veränderung der Bautechnik vorgenommen. Es ist noch nicht klar, ob dafür nicht doch ein ganz neues Genehmigungsverfahren nötig ist.

Tunnels: Von 60 km innerstädtischen Tunnels sind erst 12 gebaut. Noch nicht gebohrt ist im 90 m starken quellfähigen Anhydrit, durch den für eine Zeitdauer von über 100 Jahren Bodenhebungen wie in Staufen (Breisgau) passieren können (Anhebung der Altstadt um bislang über 50 cm durch quellenden Anhydrit in 60 bis 100 m Tiefe – unter dem Fernsehturm sind es 185 m: www.fernsehturmfreunde.de).

Noch gar nicht begonnen wurde ein 2-stöckiger Tunnel, der möglichst tief unter dem Neckar hindurch nach Untertürkheim führen soll, aber möglichst hoch, um die Mineralwasserschicht nicht zu gefährden.

Brandschutz: Für den Brandfall hofft die Bahn, dass „die Züge ja eh nie voll“ sind und geht deshalb von viel zu wenigen zu rettenden Fahrgästen aus. Zu den an den Enden der Bahnsteige geplanten Notausgängen muss man 4 Sportplatzlängen rennen, sie versperren die Fluchtwege aus den Zulauftunnels, und die Fluchtwege dorthin stauen sich vor den Treppen. Die z.T. 5-stöckigen Entlüftungsbauwerke leiten die giftigen Abgase z.T. in bewohnte Bereiche (Wartberg, Prag) bzw. auf den Straßburger Platz.

Bebauung der Gleisflächen: Einziges Interesse der Stadt Stuttgart an S21 ist die frei werdende Gleisfläche des Kopfbahnhofs. Da aber die Bahn vertraglich nur verpflichtet ist, einen Tiefbahnhof mit max. 32 Zügen pro Spitzenstunde zu bauen (zurzeit aber in der Spitzenstunde 38 Züge fahren – und 50 fahren könnten), wird ein Teil der alten Kopfbahnhofgleise weiter gebraucht werden. Zudem klagt ein privater Eisenbahnbetreiber relativ erfolgversprechend gegen den Abriss der Gleise, weil er sie weiterhin nutzen will (und mit seinen Dieselloks nicht in den Tiefbahnhof darf).

Der Traum vom gleisfreien neuen Stadtteil – die zentrale städtebauliche Rechtfertigung für das Projekt – wird also aller Wahrscheinlichkeit nach ein Traum bleiben.

Finanzierung: Es ist verfassungsrechtlich verboten, dass die Aufgabe des Bundes, Bahnanlagen zu bauen, von Ländern oder Kommunen mitfinanziert wird (weil sich sonst reichere Landesteile bessere Bahnanlagen sichern könnten). Gegen diese sogenannte „Mischfinanzierung“ klagen die S21-Gegner zurzeit mit großer Aussicht auf Erfolg. Wird die S21-Finanzierung als eine solche verbotene „Mischfinanzierung“ gerichtlich festgestellt, bricht der Bahn ein Großteil ihrer Projektfinanzierung weg – und sie kann zudem ihre Absicht nicht mehr umsetzen, das Land und die Stadt Stuttgart zur Mitfinanzierung von Mehrkosten zu verklagen. Die Bahn wird das Projekt dann einfach unvollendet abbrechen.

Volksabstimmung: Damals hat sich die Mehrheit der Abstimmenden für einen Bahnhof entschieden, der maximal 4,5 Milliarden kostet und 49 Züge in der Spitzenstunde unter Stress bewältigt. Beides hat sich inzwischen als unhaltbar erwiesen. Zudem hatte die Abstimmung nicht das gesetzlich vorgeschriebene Quorum von 1/3 der Stimmen erreicht. Es hatten nur 28 % der Wahlberechtigten mit Nein gestimmt. Laut Landeswahlleitung gilt damit der Rechtszustand von vor der Abstimmung unverändert.

 

 

 

 

 

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