Der Weiterbau von Stuttgart 21 als strafbare Untreue

Pressekonferenz-Beitrag von RA Dr. Eisenhart von Loeper, Sprecher des Aktionsbündnisses gegen S21

Der Weiterbau von Stuttgart 21 als strafbare Untreue

Externes Vieregg-Gutachten und Berliner Staatsanwälte schaffen neue Lage Vor drei Jahren gab es enormen politischen Druck auf die Bahn-Aufsichtsräte: Das Bahnprojekt Stuttgart 21 hatte sich gerade wegen einer damaligen Kostensprengung um 2,3 Milliarden Euro als unwirtschaftlich erwiesen, sollte aber dennoch um jeden Pries weitergebaut werden. Weil man den Ausstieg wie eine politische Pest fürchtete, hat der Bahn-Vorstand die Ausstiegskosten jedoch gegenüber dem Weiterbau als die kostspieligere Variante auf zwei Milliarden Euro hochgerechnet.

Die eigenen Staatssekretäre der Bundesregierung hatten zwar laut Akten des Kanzleramts selbst auf ein externes Gutachten gedrängt und die bahnseitige Berechnung als „nicht belastbar“ bezeichnet (siehe http://stuttgart21.strafvereitelung.de), wurden aber nachweisbar politisch umgedreht.

Die Strafverfolgung der wegen Untreue tatverdächtigen Aufsichtsräte scheiterte bisher allein an dem Vorbehalt, ihnen müsse „nicht bewusst gewesen sein, dass ein Ausstieg aus dem Projekt „Stuttgart 21“ mit geringeren Kosten verbunden sein würde als dessen Fortführung“ (Staatsanwaltschaft Berlin 16.07.2015).

Diese Ausgangslage erweist sich spätestens jetzt als absolut unhaltbar:

  1. Der externe Gutachter der Vieregg-Rössler GmbH hat seinen Auftrag zur Ermittlung der S 21- Ausstiegskosten mit größtmöglicher Objektivität unter Beiziehung und Auswertung aller verfügbarer Quellen erstellt. Als dagegen PwC 2013 für den Bahn-Aufsichtsrat ein Gutachten schrieb, war es auf bahnseitige Plausibilität begrenzt und musste ein „höheres Risiko für wesentliche Fehler, rechtswidrige Handlungen und andere Unregelmäßigkeiten“ eingestehen. Schon damals stand die Bahn also eindeutig auf schwankenden Füßen, was den Aufsichtsräten bekannt war.
  2. Dr. Vieregg stellt qualifiziert mit weitestmöglich gesicherten Methoden heutige Ausstiegskosten von 1,5 Milliarden Euro fest. Bei einem laut Bahnangaben vergebenen Auftragsvolumen von drei Milliarden Euro würden die heutigen Ausstiegskosten noch um mehrere Milliarden Euro günstiger liegen, selbst wenn die bahnseits irrig unterstellten Projektkosten von nur 6,5 Milliarden Euro zuträfen.
  3. Die gutachtliche Feststellung, dass die Ausstiegskosten jetzt um 7,9 Milliarden Euro günstiger liegen als die Weiterbaukosten macht freilich klar, dass der Weiterbau von Stuttgart 21 eine nicht zu überbietende strafbare Untreue zu Lasten der Bahn und der Allgemeinheit wäre. Bahn-Vorstände und Aufsichtsräte spielen existentiell mit dem Feuer und mit ihrer Zukunft, wenn sie sich darüber erneut hinwegsetzen sollten. Diese persönliche Betroffenheit der Entscheider werden wir ihnen in deren Interesse mit allen Fakten zur Aufsichtsratssitzung vom 15. März 2016 nahe bringen. Bloße bahnseitige Behauptungen können die Gutachter VIEREGG-ROESSLER nicht entkräften. Zur externen gutachtlichen Prüfung sind die Aufsichtsräte verpflichtet. Um die Schädigung der Bahn nicht zu vergrößern, wäre ein Bau- und Vergabestopp zu S 21 jetzt schon sinnvoll.
  4. Schließlich hat die Staatsanwaltschaft Berlin letzten Monat den Anfangsverdacht des Vorwurfs der Strafvereitelung gegenüber den Berufskollegen der eigenen Behörde bejaht, welche vor einigen Monaten die Verfahrenseinstellung verfügt hatten. Das ist sensationell. Wir haben deshalb gestern die Neuaufnahme der Ermittlungen gegen die Bahn-Vorstände und Aufsichtsräte sowie gegen die Exminister Pofalla und Rösler wegen Untreue beantragt. Und zwar auch unter Bezug auf ein BGH-Urteil vom 10.09.2015, das eine vorsätzliche Straftat bejaht, wenn die Schadensfolge nur für „möglich gehalten“, aber in Kauf genommen wurde. Genau diese Voraussetzung ist hier eminent erfüllt.
  5. Unser Anliegen als Aktionsbündnis und für die Bürgerbewegung ist ein sinnerfüllter Umstieg für ein besseres Projekt mithilfe einer funktionierenden rechtsstaatlichen Grundordnung, die beim Thema Stuttgart 21 schon allzu sehr gelitten hat. Es kann nicht damit bewenden, dass sich die politisch Mächtigen nahezu beliebig durchsetzen und die „Bahn-Aufsichtsräte“ sich willkürlich missbrauchen lassen. Wir arbeiten konsequent daran, dass das Wohl der Allgemeinheit wieder Vorrang erhält.
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