Ja, wo ist sie denn, die Montagsdemo?
Spätestens seit letztem Montag haben es alle mitbekommen: Auch dieses Jahr nutzten Ordnungsbürgermeister Martin Schairer und das ihm unterstellte Ordnungsamt die Vorweihnachtszeit, um ihrem Widerwillen gegenüber unserem Versammlungsrecht Ausdruck zu verleihen.
Die gute Meldung vorweg: Für die 250. Montagsdemo haben wir in erster Instanz gegen die Stadt gewonnen: Das Verwaltungsgericht Stuttgart hat am Freitag entschieden, dass wir am 8. Dezember auf dem Arnulf-Klett-Platz demonstrieren dürfen. Aber wir müssen damit rechnen, dass die Stadt in Berufung geht.
Auch gegen das Verbot, im Bahnhof zu demonstrieren (wie es laut FraPort-Urteil und laut Hausordnung der Bahn eigentlich zulässig ist) haben wir geklagt und im Eilverfahren leider in zwei Instanzen verloren. Im Eilverfahren ist der Instanzenweg damit ausgeschöpft, eine Verfassungsbeschwerde würde daran hinsichtlich 1.12 Und 22.12. nach Einschätzung unserer Anwälte voraussehbar nichts mehr ändern.
Deshalb haben wir uns entschlossen, Mittel und Kräfte in dieser Sache darauf zu konzentrieren, im Hauptverfahren das Demonstrationsrecht im Bahnhof grundsätzlich durchzusetzen. Eine relativ kleine Bürgerinitiative in Frankfurt hat vor einigen Jahren das FraPort-Urteil erstritten und damit das Versammlungsrecht gestärkt. Dieses FraPort-Urteil etabliert das Versammlungsrecht auch an öffentlichen Orten wie Flughäfen – und Bahnhöfen. Das Stuttgarter Ordnungsamt weigert sich bisher, dies anzuerkennen und umzusetzen. Es ist Aufgabe unserer S21- und Demokratie-Bewegung, nach dem FraPort-Urteil jetzt ein Bahnhofs-Urteil zu erwirken. Für die Montagsdemos am 1.12. und 22.12. wird dies wegen der Verfahrensdauer leider noch keine Lösung bringen.
Nun zum kommenden Montag (1. Dezember 2014):
Die Bahnhofshalle als Versammlungsort ist verboten und das Verbot gerichtlich bestätigt, zugewiesen wurde uns die Lautenschlagerstraße als Ort der Kundgebung. Nach unserem einmaligen 'Experiment' einer Kundgebung in der Lautenschlagerstraße im August 2013 steht für uns fest: Eine Kundgebung an diesem Versammlungsort ist gefährlich und nicht zu verantworten. Die Durchgänge zwischen den Auf-/Ab-Gängen zur Klettpassage und den Gebäuden (Restaurant Block-House bzw. Zeppelinbau) sind so eng, dass es zu enormem Stau führt, wenn die Leute versuchen, in die Lautenschlagerstraße zu gelangen.
Das allein ist eigentlich schon inakzeptabel, die Engstelle besteht aber vor allem auch umgekehrt: Wenn etwas passieren sollte, haben die Leute keine Chance, den Gefahrenbereich schnell genug zu verlassen. Das Ordnungsamt negiert diese Tatsache und behauptet, das alles läge nicht etwa an der ungünstigen baulichen Situation, sondern allein am ‚chaotischen Verhalten‘ der Demoteilnehmer. Dank einer SimWalk-Simulation, die Wolfgang Jakubeit von den Ingenieuren22 durchgeführt hat, ist seit letzter Woche nachgewiesen: Die baulichen Engstellen sind schon bei nur 1.000 Demoteilnehmer das Problem, selbst wenn sich alle perfekt und diszipliniert bewegen. Bei 3.000 Demoteilnehmern wird die Situation schon dramatisch:
Das haben wir dem Amt mitgeteilt und es aufgefordert, sich dazu zu verhalten. Wir müssen das Ergebnis abwarten, müssen aber davon ausgehen, dass wir auch am kommenden Montag nicht im Bahnhof demonstrieren dürfen und keine Kundgebung in der Lautenschlagerstraße machen können.
Wir werden aber auf alle Fälle auch an diesem Montag dafür sorgen, dass die Montagsdemo stattfindet und dass Sie die Rede von Prälat a.D. Martin Klumpp hören können.
Aller Voraussicht nach werden wir uns – wie vergangene Woche – um 18 Uhr in der Lautenschlagerstraße sammeln und von dort aus über die Friedrichstraße, Bolzstraße zum Finanzministerium / vors Neue Schloss laufen.
Bitte kommen Sie zahlreich zur Montagsdemo und zeigen Sie damit, dass die Vorgehensweise der Behörden uns nicht einschüchtert sondern im Gegenteil motiviert, gegen S21 am Ball zu bleiben!
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Vielen Dank für dies informative Statement und für die Standhaftigkeit und das strategisch gut überlegte Vorgehen!
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Ein für mich gute erste „Stuttgart“-Nachricht am Mittag ;-)!
Sehr gut, daß Ihr hier kompromißlos seid .
Auch weiterhin nicht einschüchtern lassen oder sich auf faule Ausreden („Radau“, „Gefahr“, „Verkehrschaos“ etc.) einlassen. Ansonsten Zustimunng zu HPP 10:05.
Danke OBEN-BLEIBEN-Grüße aus BADEN 😉
Uuuh, das mit der Simulation war gemeeeein. Jetzt kann sich Schairer ja gar nicht mehr mit vagen Behauptungen rausreden oder die Demonstranten als ahnungslose Trottel hinstellen.
Ja, wir sind kompromißbereit, das hat uns sehr weit gebracht!?!?!? Mit uns kann man immer einen Handel betreiben. Darin haben wir ja viel Erfahrung. Dies ist uns Vertraut, das sind unsere Kompetenzen. Darin fühlen wir uns auch wohl. Und….wir können alles überschauen. Da fühlen wir uns sicher. „Die marshmello Zone“ so hat es ein Amerikaner mal formuliert, wird nie verlassen. Oben bleiben
Der Instanzenzug im vorläufigen Rechtsschutz ist also nun ausgeschöpft. Nun muß man das Verfahren in der Hauptsache durchfürhren, sicherlich auch in mindestens zwei Instanzen, in denen uns wiederum verboten wird, im Bahnhof zu demonstrieren. Warum sollten die Gerichte in Stuttgart und Mannheim im Hauptsacheverfahren anders entscheiden als im Eilverfahren? (Schließlich gilt es dort nur abzuwägen, was im Falle einer später anders lautenden Entscheidung schwerer wiegt: Der Eingriff in das Grundrecht auf Versammlungsfreiheit (falls die Demo im Bahnhof zunächst verboten, im Hauptsacheverfahren aber erlaubt wird) oder der Eingriff in das Hausrecht der Bahn (im umgekehrten Fall). Hier sehe ich bei einer vorläufigen Abwägung Justitias Waage noch mehr zu unseren Gunsten ausschlagen, denn wenn in der Hauptsache anders entschieden wird, sind die ausgefallenen Demos im Bahnhof nicht mehr nachzuholen.)
Ein Hauptsacheverfahren über zwei oder vielleicht drei Instanzen dauert mehrere Jahre, eine darauf folgende Verfassungsbeschwerde nochmals ca. zwei Jahre. In dieser Zeit sind weitere Milliarden unserer Steuergelder verbrannt, weitere Werte zerstört und das Volksvermögen geschädigt worden.
Deswegen möchte ich fragen, ob nicht ein Antrag auf einstweilige Anordnung beim Bundesvefassungsgericht mit in Erwägung gezogen werden sollte.
Oben bleiben!
Thilo
Wir sind am Thema weiter dran, darauf können Sie sich verlassen.
„Deswegen möchte ich fragen, ob nicht ein Antrag auf einstweilige Anordnung beim Bundesvefassungsgericht mit in Erwägung gezogen werden sollte.
Oben bleiben!
Thilo“
Genau, Thilo – kannst Du denn gleich mal die entsprechenden rechtlichen Grundlagen benennen?