Die Rede von Dr. Eisenhart von Loeper, Bündnissprecher, Rechtsanwalt, auf der 244. Montagsdemo
Liebe Freundinnen und Freunde,
wir sind nicht klein zu kriegen im Kampf gegen den Irrsinn S 21. Das Projekt ist in die Defensive geraten. Wir sind wieder im Kommen und starten neu in die Offensive. Das Sonderthema „lex S 21“ wird noch bearbeitet. Heute geht es um die offene Flanke von S 21 auf den Fildern und um die Strafanzeige gegen die Bahnmanger. Da sind unsere Eisen im Feuer:
(1) Bei der Filder-Erörterung hat die Widerstandsbewegung durch einige Hundert TeilnehmerInnen, besonders durch den Einsatz bester Fachleute der Schutzgemeinschaft Filder, der Ingenieure 22, des Gutachters Sven Andersen, von Dr. Engelhardt die Bahnvertreter das Fürchten gelehrt. Wolfgang Dietrich vom S 21 -Kommunikationsbüro verschleierte sein Fiasko nur schlecht, als er bemerkte, jetzt sei S 21 gefestigt, denn es waren schwarze Tage für ihn, er stand erschüttert da und erklärte seinen Abgang zum Jahresende. Gratulation.
Und der Bahn-Anwalt Dr. Schütz hat der käuflichen Politik der Mischfinanzierung entgegen- gehalten, die privatisierte Bahn sei vom Grundgesetz entbunden. Das ist das Eingeständnis verfassungswidrigen Handelns. Dann kann die Kanzlerin in das Kleid der Bahn schlüpfen und sich damit am Grundgesetz vorbeimogeln. Welch ein Unsinn, denn Artikel 87 e GG verpflichtet den Bund und die privatisierte Bahn ausdrücklich zum Gemeinwohl und zur Erfüllung der Verkehrsbedürfnisse. Fragen wir: Wo sind die Hüter des Grundgesetzes , wo sind die Justiz, die Gesellschaft, die Medien, die sich über die entgleiste Bahn empören?
Weiter gibt es eine aktuelle Zugabe zur Filder-Erörterung:
Zwei Urteile des VGH Mannheim sind jetzt erst veröffentlicht, die sich auf den Hausabriss Sängerstraße 4 beziehen, die aber für die Filder eine neue Angriffsfläche bieten. Vereinfacht gesagt, lässt das Gericht eine Korrektur formal unanfechtbarer Entscheidungen zu S 21 nicht zu, wenn nur das Hauseigentum zerstört werde. Die unanfechtbare Entscheidung habe nur widerrufen werden dürfen, wenn dadurch schwere Nachteile für das Gemeinwohl zu verhüten seien. Das sei in diesem Sinne erst dann der Fall, wenn anerkannt höchste Rechtswerte des Grundgesetzes, also Leben oder Gesundheit der Menschen gefährdet würden.
Sicher kann man diese relative Geringschätzung des Eigentums kritisieren. Aber die hohe Wertschätzung für Leben und Gesundheit der Menschen gibt uns indirekt eine Steilvorlage für zwingende Konsequenzen auf den Fildern. Hier ist die offene Flanke von S 21, hier schmieden wir das Eisen im Feuer des Wandels. Dort gibt es kein rechtskräftiges Urteil und jeder neue Teilabschnitt von S 21 verpflichtet völlig eindeutig zu neuer Prüfung , ob der Plan gerechtfertigt ist.
Darum habe ich vor vier Tagen auf 14 Seiten anwaltlich für die Schutzgemeinschaft Filder und den BUND-Regionalverband gegenüber dem Regierungspräsidium Stuttgart ausgeführt und begründet:
- die Erörterung zum Leistungsfähigkeit von S 21 hätte auf keinen Fall vorzeitig abgebrochen werden dürfen, sie muss fortgesetzt und nachgeholt werden
- der Filderabschnitt darf nicht planfestgestellt werden, weil der von der Bahn behauptete zwingende Nachweis für die „gleiche Sicherheit“ bei der sechsfachen Gleisneigung von 15 Promille des Schiefbahnhofs fehlt. Nicht einmal eine für die Beteiligten unanfechtbare Planfest-stellung würde diese gefahrenträchtige Gleisneigung rechtfertigen, genausowenig wie den fehlenden Brandschutz, weil höchste Rechtswerte von Leben und Gesundheit der Menschen auf keinen Fall vorhersehbar und vermeidbar gefährdet werden dürfen. Das ist nach der Rechtslage auf der Basis zwingender Fakten der Filder-Anhörung zu beachten, auch gemäß dem Gutachten des BahnDir. a.D. Andersen, und das muss das Nein zur Filder- Antragstrasse zur Folge haben und das heißt das überfällige Nein zu Stuttgart 21 insgesamt.
- Dieses Projekt wäre im Abschnitt 1.3 außerdem nur gerechtfertigt, wenn es gesetzlich „vernünftig“ wäre. Doch der Leistungsrückbau, die verfassungswidrige Mischfinanzierung, der Bruch des Aktienrechts, des Strafrechts, der Wegfall der Vertrags- und Finanzbasis sind keine Spur „ vernünftig“, sondern der Gipfel des Absurden.
(2) Bei einem weiteren Thema, nämlich unserer Strafanzeige gegen die Bahnmanager bekommen wir kräftigen Schub durch das Gutachten des Strafrechtsexperten Professor Felix Herzog. DER SPIEGEL berichtete vor einer Woche in der Titelgeschichte, wie der Kapitalismus unser Vermögen zerstört, auf Seite 16 dazu der Anwendungsfall Stuttgart 21. Professor Herzog vermutet wegen S 21 ein wirtschaftskriminelles Geschehen strafbarer Untreue durch die Kapitalvernichtung großen Stils. Wenn eine massive Kostenexplosion wie bei Stuttgart 21 wiederholt verschwiegen, verschleiert und vertuscht werde, seien dies Anzeichen für ein schlechtes Gewissen der Entscheidungsträger, die um die Fortführung des Projekts bangten und ihre verantwortlichen, gut dotierten Positionen in Gefahr sahen. Werde den Beschuldigten eine Inkaufnahme der Schädigung nicht zugetraut, müsse das „die öffentlichen Vorurteile über die Tätigkeit der Ermittlungsbehörden - die Kleinen hängt man, die Großen lässt man laufen - verstärken und zu Legitimationseinbußen des Kriminalsystems führen“ - so der Gutachter. Die Staatsanwaltschaft müsse nun unseren Beweisangeboten nachgehen und die Ermittlungen aufnehmen. Wir können deshalb gespannt sein, ob die Berliner Senatsverwaltung für Justiz jetzt dafür sorgt, dass die gesetzmäßigen Ermittlungen gegen die Bahnmanager Dr. Grube & Co wegen Untreue endlich aufgenommen werden.
(3) Freundinnen und Freunde, wir bleiben dran in den vielfältigen und wichtigen weiteren Initiativen der Bewegung darauf hinzuwirken, dass das Projekt S 21 an seinem abgründigen Unsinn zerbricht. Mein Fazit heute: Die Justiz hält zu Recht das Leben als Höchstwert hoch.
Dann muss sie selbst und alle Staatsgewalt, aber auch die Bahn und endlich auch das EBA sich daran messen lassen. Wenn das geschieht, ist S 21 am Ende.
OBEN BLEIBEN.
…..das immer wieder zitierte Urteil des VGH Mannheim v. 06.04.2oo6 ist zum Dogma der Bahninteressen zuletzt von Dr.Schütz bei der Erörterung zum PFA 1.3 hochstlilisiert worden. Ich habe den Eindruck, dass er als Bahn-„sprecher“ den Wortlaut der Urteils-Begründung nicht erfasst hat bzw. durfte.
Wo steht denn dort geschrieben, dass die Variante S21 auch bei technischen Mängeln wie Schrägbahnhof, Brandschutzdefiziten, Leistungsrückbau usw…..und sofort mit gleichzeitiger Kostenverdreifachung die bessere Lösung ist????
Die damalige Entscheidung des VGH war schon ein auf falschen Fakten und Zahlen (bewußt oder unbewußt) basierendes politisch gefärbtes Urteil und ist schon alleine deshalb revisionsbedürftig. Das Urteil muß schleunigst kassiert werden, damit auch endlich eine Dr.Merkel aufwacht und sich den Gepflogenheiten eines geordneten Rechtsstaates unterzuordnen lernt…….nämlich das Gemeinwohl zu schützen.
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