Samstag, 24. Mai 2014 ab 14:30 Uhr im Mittleren Schlossgarten.
Der Arbeitskreis Jura feiert vier Jahre im Dienste der Bewegung gegen S21: Mit den Versorgern, dem Prozesstheater, der Gruppe 20.6., Fantareis, Musik u.v.a.
Mit diesem Fest will der AK Jura auch Menschen unterstützen, die von Repressionen bedroht sind. Der komplette Spendenerlös dieses Tages kommt dem Sonderkonto 20.6. zugute.
Happy Birthday, AK Jura!
Vier Jahre massenhafter Widerstand gegen S21 heißt auch „4 Jahre AK Jura“. Im Mai 2010 hatte der Arbeitskreis Jura seinen „ersten Einsatz“, seitdem ist AK Jura der Ansprechpartner in Rechtsfragen für die Anti-S21-Bewegung.
Man kann den Arbeitskreis Jura mit seinen kompetenten Rechtsberatern gar nicht hoch genug wertschätzen. Als vor vier Jahren der aktive Widerstand gegen das Projekt S21 massenhafte Formen annahm, brachen Themen wie Blockade, Versammlungsrecht, Nötigung und andere damit verbundenen juristische Aspekte urplötzlich über die Stadt herein.
Wir erinnern uns: Ende 2009, Anfang 2010 wurde in den Medien etwas mehr als zuvor über das Projekt Stuttgart 21 kommuniziert und die Stuttgarter Bürger wurden aus dem Bürgerschlaf gerissen. Vielen dämmerte es nun, dass S21 wohl doch kein „Geschenk an die Bürger“ war, sondern eher ein „Attentat“. Wer es wissen wollte, wusste schon bald, was S21 für die Stadt und letztlich die gesamte Republik bedeutete. Nun fingen viele Bürger an, sich dem Projekt zu widersetzen.
„Wir wi(e)dersetzen uns", hieß es bald auf einem Banner. Wobei das „setzen“ im wahrsten Sinne praktiziert wurde. Und zwar massenhaft. Und gleichzeitig mit dem Widersetzen, mit Blockaden und Demonstrationen, mit Kundgebungen und Aufenthalten vor und im Baubereich begannen die juristischen Fragen und juristischen Konsequenzen.
Diese braven Bürger, die zuvor nie etwas „gegen den Staat“ gemacht hatten (böse gesagt nur Shopping, Mund halten und alle vier Jahre Repräsentanten wählen), für die Begriffe wie Nötigung, Verwerflichkeit, 2. Reihe, alternativer Versammlungsort und § 153 mit oder ohne a wie Fremdworte aus einer anderen Welt und Sprache waren, die wurden nun eiskalt von der Justiz erwischt.
Kopfsprungartig mussten sich Bürger, die plötzlich zu Beschuldigten, Angeklagten und Straftätern mutierten, nicht nur mit den 121 Risiken von Stuttgart 21 befassen, sondern auch mit dem Ordnungswidrigkeitengesetz, dem Strafrecht und der Strafprozessordnung. Das war eine komplette Überforderung – zeitlich, fachlich und psychisch.
Und da kam AK Jura! Es war ein ganzes Netz, das sich AK Jura nannte. Da waren ehemalige Aktivisten, die der Bewegung mit ihrem Wissen und ihren Erfahrungen von mehr als 30 Jahren im Dienste von gewaltfreien Bewegungen zur Seite standen. Viele hatten Erfahrungen mit juristischen Auseinandersetzungen, waren selber bestraft worden, manche mit Haft. Sie hatten das Wissen um den juristischen Stand in Bezug auf Versammlungsrecht, Demonstrationsrecht, Meinungsäußerung, aber auch die Entwicklung dieser Themen (Auslegung der relevanten Grundgesetz-Artikel) mitgemacht und konnten den heutigen Stand der Rechtsprechung in den historischen Kontext einordnen.
Es wurden Info-Abende veranstaltet, es gab Seminare, Workshops, auch Prozesstrainings, Beratung bei der Planung von Aktionen – ich denke hier z.B. an die Park-Besetzung und Räumung im Februar 2012 - , Aufarbeitung von Aktionen, regelmäßige Beratungen Einzelner oder auch von Gruppen, Prozessbegleitung, Rechtshilfe und endlose Telefonate mit Betroffenen, die sich Hilfe suchend an den AK Jura wandten. Nicht zu vergessen das Infomaterial, das sich mit dem Umgang von Briefen von Polizei, Staatsanwaltschaft und Gericht befasst.
Der Gang zum Gericht trotz vermeintlicher Aussichtslosigkeit? Sich in einen Prozess begeben und nicht durch Zahlung der Strafe auf ein Verfahren verzichten? Mit Hilfe des AK Jura und der angebotenen juristischen Unterstützung innerhalb des Gerichtssaals wurde so mancher Prozess mutig geführt und die meisten gingen gestärkt und vor allem erhobenen Hauptes aus dem Gerichtssaal
Dabei war wichtig, dass die Ratgeber auch immer wieder den Blick der Gegenseite annahmen und fragten: Was denkt, wie fühlt, wie tickt die andere Seite. Erst die Kompetenz für beide Seiten kann die Sicherheit für die gewählte Seite geben. Dazu kam der Blick für das Wesentliche, was der langjährigen Erfahrung entsprach und manchmal auch den Fokus auf anderes warf, indem die juristischen Ratgeber neue Aspekte oder auch Vetos einbrachten.
Kein Anwalt könnte sich so intensiv um seine Mandanten kümmern, immer wieder dieselben Fragen beantworten und die im Netz der Justiz Verfangenen mit solch einer Geduld, mit Zeitaufwand und sprachlich verständlich beraten. Die Besonderheiten des Versammlungsrechts, die 2. Reihe-Rechtsprechung, das System Häussler, Matrix und Rahmenbefehl … es waren immer dieselben Themen.
Auch Humor war im AK Jura gefragt. Absurden, skurrilen und manchmal zum Heulen ausweglosen Situationen konnte man in Stuttgart eigentlich nur mit (Galgen)Humor begegnen, sonst müsste man schon lange verzweifeln. In einem war man sich einig: Wir leben in diesem S21-Kontext in einer schizophrenen Welt. Die Ratgeber vom AK Jura konnten immer wieder auch einen Schritt zurück gehen und mit einem Augenzwinkern sagen: Leute, schaut auf das, was uns verbindet, auf das gemeinsame Ziel. Nehmt euch nicht so ernst, nehmt das Problem S21 ernst.
Dazu passt nun auch das Augenzwinkern eines Erich Kästner, der - wie für uns gemacht - schrieb: "Nie dürft ihr so tief sinken, von dem Kakao, durch den man euch zieht, auch noch zu trinken". Der AK Jura hilft uns dabei.
Kurz: Ohne den AK Jura stände die Bewegung K21 gegen S21 nicht so da, wie sie heute steht. Ohne den AK Jura würden nicht so kompetente Gerichtsverhandlungen geführt werden, ob mit oder ohne Anwalt. Ohne den AK Jura würden viele Aktivisten - und auch solche, die sich eigentlich gar nicht als Aktivisten bezeichnen, sondern als ganz normale Bürger, die einfach nur gegen das Projekt S21 sind - ohne Schutz und ziemlich ratlos dastehen.
In Stuttgart ging in diesen vier Jahren vieles verloren: Materielles und Natur. Unwiederbringliches. Und was genauso schwer wiegt, ist der Verlust an Vertrauen in die Politik, in Politiker und in die Justiz. Mit dem AK Jura hat der Widerstand gegen S21 eine starke Stütze, der AK Jura ist eine der Säulen unseres Widerstands.
„Es ist nicht nur wichtig, Recht zu haben, sondern auch Recht zu bekommen.“ Dafür ist der AK Jura eingetreten, mit Zeit, Kraft, Vehemenz und großer Kompetenz. Dafür dankt die Bewegung den Menschen vom AK Jura!
Und deshalb können wir mit dem AK Jura am Samstag, 24. Mai 2014, ab 14:30 Uhr im Mittleren Schlossgarten feiern!