Peter Pipiorke, Naturfreunde Radgruppe Stuttgart e.V.
Radler gegen S-21
Am auffälligsten manifestiert sich unser Protest gegen S21 jeden Montag in der MontagsRADdemo, die die Naturfreunde-Radgruppe ins Leben gerufen hat und sie bis heute mit weiteren Mitstreitern erfolgreich organisiert.
Unser Protest ist aber mehr, wie wir bereits im Sommer 2009 mit anderen Verbänden erklärten. Für Fußgänger, Behinderte, Eltern mit Kinderwägen, Rollis stellt der Tiefbahnhof mit seinem mangelhaften Brandschutz ein unkalkulierbares Risiko dar.
Bereits 2009 erklärten wir mit anderen:
- Die Tiefbahnsteige sind nur über Rolltreppen und Aufzüge zugänglich, die bei der Bahn selten funktionieren,
- verengte Bahnsteige erschweren das Umsteigen,
- mit Stuttgart 21 werden Milliarden Euro für ein unnötiges Prestigeprojekt gebunden.
Im Oktober 2013 hatten wir an OB Kuhn einen langen Fragenkatalog gesandt, auf dessen Beantwortung wir bis heute vergebens warten. Stattdessen erhielten wir anlässlich des Radforums im Februar eine Antwort der besonderen Art, die jegliche Illusionen über eine bessere Radpolitik unter einem grünen OB in Stuttgart raubte.
Dabei blähte sich Herr Kuhn auf, wie Popeye aus der Spinatwerbung, und beschimpfte die Fragesteller, sie sollten doch die Fragen an die stellen, die dies beschlossen hätten und nicht an ihn. Ja, hat Herr Kuhn bei seiner Kandidatur etwa nicht gewusst, dass mit S21 Probleme auf ihn zukommen?
Unser Forderungskatalog:
- Bordsteinabsenkungen auf Radwegen,
- der katastrophale Radweg vor dem Hauptbahnhof,
- die gefährlichen Verhältnisse für Fußgänger beim Ferdinand-Leitner-Steg.
Dabei wäre die vom Gemeinderat beschlossene Erhöhung des Radverkehrsanteils auf 20% in Stuttgart mehr als notwendig. Schon heute, angesichts des beginnenden Klimawandels fordert der Autoverkehr nicht nur in Form von Atemwegserkrankungen seinen Tribut. Dies verschärft sich durch die Kessellage und die S21 Bauarbeiten.
Stattdessen werden Radfahrer durch S21 ausgebremst, so u.a.:
- in der Wolframstraße,
- durch Kappung des Radweges auf den Fildern beim Fasanenhof unter der Autobahn hindurch, stattdessen eine Zuschauertribüne und eine große Herrenknechtwerbung,
- durch Verdrängung der Radfahrer durch Einkaufszentren (Milaneo/Gerber),
- durch Abriss der Stege in Cannstatt,
- durch Schaffung einer unüberwindlichen Schneise für Fußgänger und Radfahrer bei der Verlegung der Haltestelle Staatsgalerie.
Sorgen um die Verschlechterung des Nahverkehrs werden von einem Grünen SSB-Aufsichtsrat beantwortet: „Fahren sie Fahrrad!“ Auf diese Art von Werbung können wir verzichten. Im Gegenteil, es ist zu befürchten, dass viele SSB-Kunden verärgert wieder auf das Auto umsteigen werden und damit die Verkehrs- und Umweltprobleme im Stuttgarter Kessel nur weiter verschärfen.
Wie S21 dringend benötigte Mittel blockiert, zeigt die Beantwortung einer Landtagsanfrage durch Verkehrsminister Hermann dieser Tage: Einer Ausweitung der kostenlosen Fahrradmitnahme zu den Sperrzeiten ist nicht möglich, da nicht genügend Kapazitäten vorhanden seien.
Ein besonders dickes Ei leistete sich die Bahn in Sachen Fahrradmitnahme auf der neu in den VVS-Bereich aufgenommenen Strecke Stuttgart Geislingen. Also außerhalb der Sperrzeiten eigentlich eine kostenlose Fahrradmitnahme. Die Bahn hat offenbar einseitig beschlossen, dass dies in den IRE-Zügen nicht gilt. Sie verlangt auf diesen Strecken eine Fahrradkarte. Ein Fahrgast berichtete uns über eine Kontrolle auf dieser Strecke und den Versuch ihn zum Kauf einer Fahrradkarte zu zwingen, vergeblich. Nach einer Beschwerde entschuldigte sich die VVS für die Bahn.
Unser Protest hat eine Anfrage im Landtag bewirkt und die Bahn musste nachgeben. Allerding sah sie sich außer Stande, die Internetseite vor Mai zu ändern. Und so werden noch heute Bahnkunden auf dieser Strecke zum Kauf einer Fahrradkarte aufgefordert.
Dies ist ein weiterer Schritt, Fahrradkunden aus der Bahn zu verdrängen. Im ICE ist bislang keine Fahrradmitnahme möglich und dort, wo es möglich ist, nämlich beim IC, werden die Strecken zu Gunsten des ICE ausgedünnt.
Jetzt sollen offenbar die Radkunden aus dem IRE verdrängt werden.
Womöglich geht die Bahn selbst davon aus, dass sie durch den zukünftigen Tiefbahnhof nicht mehr so viele Züge durchschleusen kann und Platz in den Zügen braucht, da müssen die Radler halt weichen.
Doch wir Radler sagen Nein und Oben Bleiben!