Die Staatsanwaltschaft Stuttgart hat die Ermittlungen in Bezug auf den Einsatz der Wasserwerfer am 30.09.2010 in den Mittleren Schlossgartenanlagen in Stuttgart abgeschlossen. Gegen zwei der insgesamt zwölf Beschuldigten wird Anklage erhoben. Siehe Pressemitteilung der Staatsanwaltschaft Stuttgart als PDF-Anlage.
Dazu eine Stellungnahme von Dieter Reicherter, ehemals Vorsitzender Strafrichter am Landgericht Stuttgart:
Anklage wegen Wasserwerfereinsätzen vom 30.9.2010 - Heutige Pressemitteilung der Staatsanwaltschaft Stuttgart
Als Opfer eines Wasserwerferangriffs und früherer Angehöriger der Stuttgarter Justiz, zuletzt als Vorsitzender Richter am Landgericht Stuttgart, bin ich froh, dass - wenn auch erst zweieinhalb Jahre nach dem Schwarzen Donnerstag - die Staatsanwaltschaft ein Stück Aufklärung geleistet hat. Allerdings erschließt sich mir der Ablauf dieser Ermittlungen aus der Pressemitteilung der Staatsanwaltschaft nicht. Hatte Herr Oberstaatsanwalt Häußler bereits im Dezember 2010 öffentlich erklärt, er sehe keine Anhaltspunkte dafür, dass der Polizeieinsatz insgesamt offensichtlich unrechtmäßig gewesen sei, dauerte es noch bis November 2011, bis die Staatsanwaltschaft erklärte, sie habe Anhaltspunkte für Fehlverhalten bei den Wasserwerfereinsätzen gefunden. Offenbar wurde erst dann in die Ermittlungen eingetreten.
Ob die abschließenden Entscheidungen so richtig waren, kann ich mangels Kenntnis der Akten nicht beurteilen. Mir fällt aber auf, dass den Verantwortlichen lediglich fahrlässige Körperverletzung vorgeworfen wird, also vergleichbar mit dem augenblicklichen Fehlverhalten eines Autofahrers, der infolge momentaner Unachtsamkeit einen Unfall baut und dabei einen Menschen verletzt. Wenn jedoch über einen Zeitraum von 3 Stunden nicht nur gegen die Anordnung, lediglich Wasserregen einzusetzen, verstoßen wurde, sondern auch gegen die allgemeine Einsatzregel, nicht auf Köpfe von Menschen zu schießen, wundert man sich schon, weshalb dieses Fehlverhalten den Verantwortlichen entgangen sein soll und sie deswegen nicht vorsätzlich gehandelt haben sollen. Insoweit wäre die Frage zu stellen, ob das Seh- und Hörvermögen der Verantwortlichen überprüft wurde. Es bleibt aber auch die Frage, warum Herr Oberstaatsanwalt Häußler, der bei dem Einsatz persönlich anwesend war, dieses Fehlverhalten offenbar weder am 30.9.2010 noch im Zeitraum bis November 2011 bemerkt hat. Und schließlich die bescheidene Nachfrage, weshalb nur die polizeilichen Einsatzabschnittsleiter die Rechtsverstöße hätten bemerken können, nicht aber die für den Einsatz insgesamt Verantwortlichen.
Mangels näherer Informationen kann ich nicht beurteilen, ob die Staatsanwaltschaft zu Recht bei drei Beschuldigten angenommen hat, deren Verschulden sei gering, wie es eine Verfahrenseinstellung gemäß § 153 der Strafprozessordnung voraussetzt. Immerhin geht es um schwere Verletzungen einiger Menschen.
Wie sich die jetzigen Ermittlungsergebnisse der Staatsanwaltschaft in Einklang bringen lassen mit den Erkenntnissen der damaligen Mehrheit im Untersuchungsausschuss des Landtags und dem Abschlussbericht des früheren Polizeiinspekteurs Schneider, der selbst an der Einsatzplanung beteiligt war, wonach der Einsatz rechtmäßig und verhältnismäßig verlaufen sei, erschließt sich mir nicht. Nach den Vorfällen um den Untersuchungsausschuss zum EnBW - Deal wundert mich allerdings nichts mehr.
Letztlich bleibt die Staatsanwaltschaft zu fragen, ob sie die in den offiziellen Polizeivideos beweissicher dokumentierten sonstigen Übergriffe vom Schwarzen Donnerstag auch noch aufklären will. Es kann ja wohl nicht sein, dass zum Beispiel Pfeffersprayeinsätze gegen Kinder aus nächster Nähe in deren Gesichter ungesühnt bleiben. Ich sehe den Zeitpunkt näher rücken, in dem sich die Frage nach Strafvereitelung im Amt / Rechtsbeugung stellen wird. Gefordert sind insoweit alle in der Justiz Verantwortlichen einschließlich des Herrn Justizministers Stickelberger.
Althütte, den 27.3.2013
Dieter Reicherter
Die Staatsanwaltschaft muß vorsichtig sein bei dieser Anklage , denn vieleicht müssten sie ja auch den Häußler mitanklagen , denn der war ja am besagten Tag auch im Schloßgarten (mit breitem Grinsen)
Die beiden Einsatzabschnittsleiter sollen ja die Vorgabe nicht weitergegeben haben, dass nur Wasserregen eingesetzt werden soll.
Soweit ich das bis jetzt verstanden habe, wurden für die Ermittlungen umfangreiches Filmmaterial und Einsatzprotokolle ausgewertet.
Nun frage ich mich, wie komplett solche Einsatzprotokolle eigentlich sind. Wenn die Einsatzstaffelleiter sich jetzt vor Gericht hinstellen, und sagen: „Ich habe das mit der Beschränkung auf Wasserregen glaube ich schon weitergegeben, und dann halt vergessen, es ins Protokoll zu schreiben.“ Dann frage ich mich, was die Pro-S21-Justiz am Landgericht Stuttgart damit macht.
Mich würde es ja nicht wundern, wenn Häußler da mal wieder dem Gericht ein Hintertürchen offen gelassen hat.
Aber ich hoffe ja, dass so etwas spätestens in höheren Instanzen nicht durchgeht, und verneige mich in tiefer Dankbarkeit vor allen unseren Kopfbahnhof-Juristen, die mit so viel Einsatz und Energie sich der Wahrheit verpflichtet haben.
Die beiden Einsatzleiter sind die Finte, die zur Einstellung des Verfahrens führen soll.
Denn beide können schliesslich nichts dafür, dass der Mann am Rohr die Dienstregel für den Einsatz missachtet hat, die da besagt, dass ein solcher Einsatz wie damals, der billigend auch ein Menschenleben in Kauf nimmt, nur gefahren werden darf, wenn ein Beamter durch Demonstranten in körperliche Gefahr gerät oder Polizeigerät in die Hände von Demonstranten fallen könnte oder sonst gefährdet ist.
Beides war nicht der Fall, sondern es wurde seitens der Rohrführer Regungen nachgegeben, die in diesem Fall des geforderten „robusten“ Einsatzes wie auch immer, nichts kosten würden, die aber im normalen Leben auch eines Beamten im Dienst wie hier mindestens disziplinarisch klar strafbewehrt sind. Denn an den Rohren sitzen keine Schimpansen sondern Menschen, die erst für dieses Gerät zugelassen werden, wenn sie eine entsprechende Prüfung auch zu den Vorschriften abgelegt haben. So sollte es eigentlich sein.
Die Frage geht daher nicht an die Einsatzleiter, sondern an die Rohrführer, so sollte es sein, die man seitens der Staatsanwaltschaft hinter den Einsatzleitern versteckt und an denen man dann am Ende nicht viel finden wird, denn die Einsatzleiter können aus Sichtweise der Staatsanwaltschaft am Ende nicht viel für die Rohrführer, die ihre Dienstvorschriften in einer unbeobachteten Minute in dem „allgemein herrschenden Chaos, das die Einsatzleiter überfordern musste“ nicht befolgten.
So wird es ausgehen. Erfahrungssache mit diesem Verein in der Neckarstrasse, dass man in solchen Fällen, wo Deckung für staatliches Fehlverhalten oder Straftaten einer staatlichen Institution gefragt ist, mit Vorsatz in jene Richtung ermittelt, wo man nichts oder nur wenig finden kann oder in die Richtung ermittelt, wo man das Delikt nicht direkt zuordnen kann und höchstens eine Teilschuld festgestellt wird, die dann irgendwie wegen Geringfügigkeit unter den Tisch gekehrt oder mit einer lächerlichen Geldzahlung geahndet wird. So ist die Sache hier angelegt und so wird sie auch gefahren werden. Und damit ist die schwere Straftat auch aus der Welt. Ganz rechtsstaatlich.
Nochmals: die Anklage bzw. Ermittlungen müssten sich allein gegen die Rohrführer richten, sonst niemanden. Denn diesen allein ist aufgrund der nicht beachteten Einsatzregel für den Wasserrohreinsatz das Vergehen einer schweren Körperverletzung mit Vorsatz erschwerend unter Missachtung der Dienstvorschriften zum Rohreinsatz zuzuordnen.
Die Untersuchung seitens dieser Staatsanwaltschaft ist aber so eingerichtet, dass diese gar keine oder nicht die Rolle spielen, die sie gespielt haben: Straftäter.
Die beiden Einsatzleiter sind daher, noch einmal, nur eine vorsätzliche Finte der Neckarstrasse, die zur Einstellung des Verfahrens wegen Geringfügigkeit führen soll.
Ich sage den Menschen in dieser Staatsanwaltschaft, die so arbeiten noch einmal das, was ich diesen Menschen dort in meinem besonderen Fall bereits schon einmal bedeutet habe: jeder, der sich an solchen Dingen beteiligt wird bestraft werden. Eine so vertane Lebenszeit ist ein verlorenes Leben. Und das ist eigentlich die schlimmste Strafe, die einem Menschen widerfahren kann und nicht das Schicksal, das damit zusammenhängt und dann als ungerechte Strafe empfunden wird.
Die Neckarstrasse 145, so kann man das auch sagen, erteilt sich Gottes ganz besonderen Segen.
Nachdem der justizminister im Falle ENBW es für opportun hielt die Zuständigkeit anders zu regeln, mit dem völlig anderen Ergebnis der Anklageerhebung ist das Landen beim Justizminister bei der Fehlersuche folgerichtig. Häußlers Verhalten ist notorisch. Und wer Häußler bestellt bekommt Häußler. Und er weiß, daß seine Marke in diesen Verfahren gewünscht ist. Insofern ist die Nichtberücksichtigung eines zu vermutenden Interessenkonflikts/Befangenheit bei Häußler ein politisches Statement eines sozialdemokratischen Justizministers.
In tiefer Demut – ein bisheriger Stammwähler der SPD.
Wichtig: Wer hat gewusst, dass nur „Sprühregen“ erlaubt war? Wurde diese bei der Pressekonferenz bekannt gegeben? Wurde das im Untersuchungsausschuss diskutiert und war es dort bekannt? Wer genau war darüber informiert?
Warum sollte die nicht Weitergabe dieser Information relevant sein, wenn das zielen auf Köpfe ohnehin untersagt ist?