Rede von Klaus Tochtermann, AK Tribunal, auf der 164. Montagsdemo am 11.3.2013 auf dem Stuttgarter Marktplatz.
Liebe Freundinnen und Freunde des Rechtsstaates,
noch immer ist der 30.September 2010, der Schwarze Donnerstag, nicht aufgearbeitet.
Unsere arrogante politische Kaste glaubt, wenn Unangenehmes verschwiegen und vertuscht wird, wird es vom Volk auch noch vergessen. Wir aber wollen nicht vergessen. Wir dürfen nicht vergessen. Mit Sorge beobachten wir unsere Justiz, die dieser Politik zuarbeitet. Wir erleben, wie aus einfachen Ordnungswidrigkeiten, Straftaten konstruiert werden. Aus banalen Straftaten, werden hoch kriminalisierende Rechtsverfahren gebastelt.
Lasst mich heute einen solchen Fall schildern: Unsere Demonstrantin, wir nennen sie BEATE, nahm am 3. September 2010 an einer Demo am Nordflügel teil. Die Polizei drängte die Demonstranten von der Fahrbahn, um den Abbruch-LKW die Durchfahrt frei zu halten.
Im Gedränge stieß BEATE einen Polizisten auf die Fahrbahn, vor einen näher kommenden LKW. Der LKW fuhr umständehalber schon äußerst langsam, der Polizist konnte sich mit einem kleinen Ausfallschritt gefahrlos in Sicherheit bringen. Die Staatsanwaltschaft leitete gegen BEATE ein Ermittlungsverfahren wegen versuchten Totschlags ein.
Zitat: `BEATE´ hat den Tod des Polizeibeamten billigend in Kauf genommen´. Wegen des dringenden Verdachts des versuchten Totschlags beantragte die Staatsanwaltschaft einen Haftbefehl. Dies wurde vom Amtsgericht abgelehnt.
Eine Beschwerde wurde auch vom Landgericht zurückgewiesen. Ein Glück für BEATE, andernfalls hätte ihr wegen des relativ harmlosen Vorfalls eine längere Untersuchungshaft gedroht. Wegen Widerstandes gegen Vollstreckungsbeamte kam es zur Verhandlung vor dem Amtsgericht Stuttgart.
BEATE wurde zu einer Geldstrafe von 80 Tagessätzen zu je € 45.- verurteilt. Insgesamt € 3.600.-. Ihr Monatseinkommen ist € 1.600.-!
Hier die – kurzgefasste – Begründung: BEATE hat die Tat zugegeben. Das Gericht konnte jedoch `keine unmittelbare Gefahr´ für den Polizisten erkennen, er hat weder körperliche noch seelische Verletzungen erlitten. Zitat: `Eine konkrete Gefährdung konnte nicht zweifelsfrei festgestellt werden. Der Nachweis einer konkreten Gefährdung war nicht möglich´. BEATE wurde wegen Widerstandes gegen Vollstreckungsbeamte schuldig. gesprochen.
BEATE war noch nie straffällig und habe wohl in `emotionaler Erregung´ gehandelt. Beate habe jedoch: Zitat: `eine ganz erhebliche abstrakte Gefahr für den Polizisten dargestellt´.
Ich frage Euch: Ist solche Rechtsprechung das Vorrecht derer, die die Macht vertreten? Darf solche Rechtsprechung das Vorrecht einer anmaßend Macht ausübenden Justiz werden? Nein! Wir sind empört!!
OBEN BLEIBEN!
Man stößt keine Polizisten. Was ist denn daran so schwer zu verstehen?
Warum werden solche Urteile nicht im Wortlaut online gestellt. Da haben ja schliesslich auch welche mit ihrem Namen gezeichnet, nicht wahr?!
Und einmal mehr zeigt sich, wie sehr dem Bürger der Rechtsstaat abhanden gekommen ist und wie hart das ist und sein wird, dass der Bürger sich den ihm abhanden gekommenen Rechtsstaat zurück erobert.
Der Bürger kann es nicht machen wie Benedetto und einfach kündigen, wenn auch der Staat dem Bürger schon lange gekündigt hat.
Was bitte ist eine „abstrakte Gefahr“ ? Nie gehört den Begriff …
eine „ganz erhebliche abstrakte Gefahr“ für den gewöhnlichen Zivilisten, stellen allerdings auch um sich prügelnde und sprayende Polizisten dar.
So geschehenj an jenem 30. September 2010 im Stuttgarter Mittleren Schlossgarten, als er noch ein solcher war.