K21-Aktivist aus Haft entlassen

 

Nach 15 Tagen (wegen einer Demonstration im und am ehemaligen Nordflügel des Hauptbahnhofs im Jahr 2010) in der Justizvollzugsanstalt Rottenburg wurde der K21-Aktivist Karl Braig am heutigen Montagmorgen entlassen. Eine Gruppe von Freunden und Sympathisanten hatte bereits eine Stunde vorher auf ihn gewartet, bevor sich um 8:45 Uhr das Rolltor öffnete und Karl Braig mit Bannern und Oben-bleiben-Rufen empfangen wurde. Zunächst ging es zum ausgiebigen Frühstück in ein Café, dann nach Hause, aber schon am morgigen Dienstag will Karl anlässlich des "Frühstücks am Bauzaun" zu seiner Haft sprechen.
Für Karl Braig war es die dritte Haftstrafe als Umweltaktivist, diesmal mit 55 Tagessätzen. Dass er nicht die gesamte Zeit absitzen musste, lag an der großen Spendenbereitschaft der K21-Bewegung. Viele Sympathisanten hatten Tagessätze übernommen, so dass Karl die fehlenden 600 Euro in bar der Gefängnisverwaltung übergeben konnte.
Im Jahr 1985 war Karl Braig erstmals in der JVA Rottenburg gewesen; damals für 14 Tage wegen einer Sitzblockade gegen die Stationierung von Pershing-Raketen in Mutlangen. Es hatte in diesem Zusammenhang 3000 Verfahren gegeben, ca. 30 Aktivisten hatten eine Haftstrafe angetreten.
Das zweite Mal wurde Karl inhaftiert im Jahr 2009 wegen der Besetzung eines genmanipuliertem Maisfeldes. 80 Aktivisten hatten daran teilgenommen. Karl bekam eine Strafe von 12 Tagessätzen, die er in der JVA absaß. Bemerkenswert ist in diesem Zusammenhang, dass nur 3 Jahre später, im Jahr 2012, das Pharma- und Chemieunternehmen BASF in Deutschland alle Zulassungsanträge für Genversuche an Mais zurückzog mit der Begründung, dass die Investitionen hierfür aufgrund der zu erwartenden Feldzerstörungen nicht zu rechtfertigen seien. Dies bestätigt, dass Aktionen gegen Umweltzerstörung durchaus nachhaltige und einschneidende Wirkungen haben.
In seinem Rückblick, der am Ende dieses Artikels nachzulesen ist, betont Karl "Knast nicht schön". Dies war ihm schon aufgrund seiner Vorerfahrungen klar. Jeder Haftaufenthalt ist anders. Im Gegensatz zu 1985 und 2005 war er diesmal die ganze Zeit in einer Zelle mit Doppelbelegung untergebracht. Mit 12 qm "Größe" handelte es sich dabei um eine überbelegte Zelle, denn eine Raumgröße von über 14 qm pro Inhaftiertem ist seit Kurzem Vorschrift. So wurde er gebeten zu unterschreiben, dass die illegale Raumgröße für ihn in Ordnung sei und er keine Regressansprüche stellen werden. Er hat nicht unterschrieben.
Bestätigung für seine Haltung gab ihm der große Zuspruch aus allen Teilen Deutschlands. Ca. 400 Karten unbd Briefe erreichten ihn, alle versehen mit tiefen Gedanken, mit Gedichten, Ermunterungen, projektrelevanten Informationen, Büchern und Briefmarken. Aus Florenz kam von der NO TUNNEL TAV-Bewegung folgende Solidaritätserklärung:
"Lieber Karl, ... Mit diesem Brief wollen wir dir unsere Nähe und Solidarität übermitteln, wenn auch aus der Ferne. Wir sind Frauen und Männer des Kommittees NO TUNNEL TAV aus Florenz/Italien und auch wir kämpfen gegen ein ähnliches Projekt wie das in Stuttgart. Wir unterstützen deine konsequente Entscheidung ... Deine Wahl des Gefängnisses verbindet sich mit deinem klaren Engagement. Aus Gesten wie der deinen kann eine Zukunft gedeihen, welche wir uns erträumen und welche immer hinter unseren Aktionen steht. Mit unserer Nähe und Solidarität grüße dich ..."
Karl nutze die "Freizeit" in seiner Zelle zum Beantworten von Zuschriften, Schreiben seines Hafttagebuchs (6 Teile auf Blog NAU!), Lesen von Büchern und Reflektieren.
Am Tag vor seiner Haftentlassung verfasste er das folgende Statement:
"Vielen Dank für eure Solidarität während meines Haftaufenthalts. Über 400 Postkarten und Briefe mit Inhalt haben mich erreicht. Das war super! Einen extra Dank für die 600 Euro, die mir weiteren Knastaufenthalt erspart haben. Weil ... Knast ist nicht schön. Trotzdem werde ich mit euch für unsere Rechte und für das Ende von Stuttgart 21 weiterkämpfen. Grube, Kefer, Ramsauer und alle Hintermänner versuchen weiterhin dieses dumme Bauvorhaben mit allen Tricks, Lügen und Betrug durchzusetzen. Diese Marionetten der Immobilien-, Bau- und Finanzhaie werden von der Staatsanwaltschaft geschützt und müssen nicht in den Knast. Stattdessen hetzen diese Lobbyisten die Staatsanwaltschaft Stuttgart gegen uns auf. Diese versucht uns mit hohen Strafen und Gefängnis einzuschüchtern. Eure Post war die Bestätigung, dass wir gemeinsam weiterkämpfen. Unsere Widerstandsaktionen sind notwendig und legal, um dieses unnütze, gefährliche und aufgezwungene Großprojekt zu beenden. Für alle, die es interessiert: Ich habe ein Tagebuch geschrieben, das auf BAA unter Blog NAU! einzusehen ist. Gemeinsam schaffen wir es. Oben bleiben! Karl."

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