Eine erst vor kurzem beim Verwaltungsgerichthof Baden-Württemberg eingereichte Klage (Az. 5 S 220/13) eines Eigentümers gegen die 10. Planänderung des Bahnprojekts Stuttgart 21 wendet sich gegen weitere Risiken der Gebäudestabilität.
Nach der 10. Planänderung soll der in bergmännischer Weise noch zu errichtenden Stadtbahntunnel bei dem Projekt Stuttgart 21 entlang der Heilbronner Straße um bis zu 70 Zentimeter tiefer gelegt werden als geplant. Grund für die Tieferlegung war die Befürchtung der Planer, dass es wegen der Überschneidung mit der Fernbahntrasse des geplanten Tiefbahnhofs zu Streuströmen kommen könnte. Risiken für die Eigentümer wurden ausgeblendet.
Mit der Tieferlegung verbunden sind weitere nicht geprüfte Risiken der Wasserhaushaltung, der Geologie und damit der Standfestigkeit der Gebäude. Selbst die Stadt Stuttgart hat schon im Juli 2011 ein geologisches Gutachten gefordert. Dieser Forderung ist die Betreiberin des Vorhabens Stuttgart 21 bis heute nicht nachgekommen.
Während das Eisenbahn-Bundesamt für die 7. Planänderung ein öffentliches Anhörungsverfahren durchgeführt hat, wurde bei der 10. Planänderung kein öffentliches Anhörungsverfahren durchgeführt, um damit heimlich an den betroffenen Eigentümern vorbei vollendete Fakten zu schaffen. Denn auch im Rahmen der 10. Planänderung gibt die Planungsbehörde in deren Bescheid zu, dass es durch diese Maßnahme zu einer weiteren Grundwasserentnahme kommt. Die erhöhte Grundwasserentnahme ist aber auch Hauptthema der 7. Planänderung und betrifft die erhöhte Grundwasserentnahme während der Gesamtbauzeit. Das Planänderungsverfahren zur 7. Planänderung ist noch gar nicht abgeschlossen.
Hinzu kommt, dass durch eine weitere Planänderung, nämlich der 5. Planänderung, schon die technologischen Voraussetzungen für die Bewältigung der erhöhten Grundwasserentnahme geschaffen werden. Bei der 5. Planänderung sind gerade die unmittelbar betroffenen Eigentümer im Kernerviertel und am Kriegsberg nicht öffentlich beteiligt worden, so dass jenes Verfahren still und heimlich in den Amtsstuben abgewickelt wurde. Rechtsanwalt Claus-Joachim Lohmann von den Juristen zu Stuttgart 21 meint dazu: „Es ist unglaublich, wie die betroffenen Eigentümer durch künstliche Aufspaltung von ständigen Planänderungen rechtlich ausgetrickst werden. Dies entspricht nicht einem seriösen und transparenten Bauverfahren“
Gerade aufgrund der Tatsache, dass es schon im Jahr 2009 bei einer Probebohrung in der Haussmannstraße zu unkontrollierten Wasserverlusten und zu einem Mauerabbruch kam, beweist die Notwendigkeit einer genauen Analyse der Geologie, bevor hier ungehemmt zum Schaden vieler Hauseigentümer weiter gebaut wird.
Auch sind Hohlräume aus den Erkundungen am GENO-Komplex in der Heilbronner Straße bekannt. Ähnliche Hohlraumstrukturen entlang der Stadtbahnverlegung und der U 12 sind nicht auszuschließen. Um die Risiken zu minimieren müssten flächenhafte Erkundungen vorgenommen werden, was mit weiteren Kosten verbunden ist. Außerdem können Hohlräume in ihrer Wirkung auf das Grundwasser in der Regel nicht ausreichend genau erfasst werden.
Auch kritisiert Rechtsanwalt Lohmann, dass in der 5. Planänderung nicht nur die Zentralisierung der Abwasseranlagen, sondern auch klammheimlich die Erhöhung der Anzahl der Infiltrationsbrunnen und die Erhöhung des Rohrdurchmessers mit hineingepackt wurde.
Somit gibt die 5. Planänderung technisch schon die Möglichkeit, die erhöhte Grundwassermenge zu bewältigen, ohne dass über die Gesamterhöhung der Grundwassermenge während der Bauzeit schon rechtskräftig entschieden wurde.
Weiter kommt hinzu, dass schon in der 5. Planänderung die Kontrollen erheblich erleichtert wurden. Auch gegen die 5. Planänderung sind von Eigentümern Klagen erhoben worden. Alle diese Teile geben zusammengefügt das Bild, dass der Vorhabenträger heimlich an den Belangen der Hauseigentümer hier vollendete Tatsachen schaffen will.
Dabei ist in keiner Weise geklärt, wie die Risiken durch Hangrutschungen, lokalen Dolineneinbrüchen und Bodensenkungen verhindert werden können.
Verfahrensrechtlich verlangt Rechtanwalt Lohmann, dass zumindest der Planfeststellungsbeschluss zum Abschnitt 1.1 nach § 49 Abs. 2 Nr. 3, 5 VwVfG widerrufen wird. Denn nach seiner Prüfung ist der damalige Planfeststellungsbeschluss erheblich fehlerhaft, weil die Entscheidungsbehörde schon die damals vorliegenden Erkenntnisse aus dem 5. Bohrerkundungsprogramm nicht berücksichtigt hat, die klar einen wesentlichen erhöhten Wasserandrang bestätigten. Die falschen Ergebnisse waren aber wesentliche Grundlage für die wasserrechtlichen Erlaubnisse.
Die wasserrechtliche Problematik ist dramatisch verbunden mit dem Schicksal der Gebäudestabilität im gesamten Kernerviertel und dem Kriegsberg. Denn die Mehrzahl der für die Grundwasserbewältigung erforderlichen Infiltrationsbrunnen greifen in den sogenannten Gipskeuper ein.
Die Beispiele am Leonberger Tunnel und in Staufen (Breisgau) zeigen nicht nur erhebliche Gebäudeschäden, sondern auch einen vorprogrammierten jahrelangen Streit um die Ursachen, die auf dem Rücken der Eigentümer ausgetragen werden.
Aus diesen Gründen ist zu erwarten, dass die Eigentümer weiter massiv gegen die Überrumpelungen, die Geheimniskrämerei, die Vertuschungen der über 121 Risiken des Bahnprojekts auf allen rechtlich verfügbaren Wegen vorgehen werden.
Dokument als PDF und weitere Info´s unter: Juristen zu Stuttgart 21
Pressekontakt: Claus-Joachim Lohmann, Rechtsanwalt