Das Rätsel der Sprechklausel: Ist der Finanzierungsvertrag noch gültig, nachdem die Kostengrenze überschritten ist?
Der Arbeitskreis der Juristen zu Stuttgart 21 warnt Oberbürgermeister Kuhn in einem Schreiben vom 30.01.2013 davor, sich von der Bahn über die Bedeutung der sog. „Sprechklausel“ täuschen zu lassen. Die Bahn dürfe nicht auf Kosten der anderen Projektpartner weiter bauen und die Stadt Stuttgart dürfe einen Weiterbau nicht fördern oder mittragen, solange die Gesamtfinanzierung nicht gesichert sei, argumentieren die Juristen.
Es sei erst eine neue Vereinbarung über die Baukosten und Risiken und deren Aufteilung erforderlich, um die Finanzierung sicherzustellen. Scheitere eine Einigung darüber, sei auch das Projekt gescheitert und rückabzuwickeln. Das sei der Inhalt der „Sprechklausel“.
Solange es an dieser Vereinbarung fehle, könne und dürfe das Projekt im Rahmen des Finanzierungsvertrags nicht fortgeführt werden.
Werde das Projekt ohne neue verbindliche Finanzierungsgrundlage stillschweigend fortgesetzt, verletzten alle Verantwortlichen der Vertragspartner ihre Sorgfaltspflichten und gingen das Risiko persönlicher Haftung ein.
Ausdrücklich widerspricht der Arbeitskreis der Juristen zu Stuttgart 21 der schon von dem früheren Oberbürgermeister Dr. Schuster vertretenen Auffassung der Stadt, die Bahn müsse alle Mehrkosten selbst tragen und das Projekt zu Ende bauen. „Diese Auffassung berücksichtigt nicht, dass die Projektpartner ausdrücklich eine gemeinsame Finanzierung mit begrenzten Beiträgen und eine Sprechklausel für den Fall vereinbart haben, dass diese Beiträge nicht reichen“, erklärt Rechtsanwalt Ludwig. Abschließend warnen die Juristen: Eines dürfe der Oberbürgermeister nicht machen: „Wegschauen und weiterbauen lassen. Sonst droht eine Entwicklung wie beim Flughafen Berlin Brandenburg.“ Dort sei wenigstens die Verantwortung für Mehrkosten geregelt, anders als bei S 21: dieses Projekt steuere auf einen Zustand der Verantwortungslosigkeit zu.