Pressemitteilung: Rechtsgutachten belegt Ende für Stuttgart 21

Pressemitteilung des Aktionsbündnisses gegen Stuttgart 21

Stuttgart, 13. Januar 2013

Aktionsbündnis erinnert Aufsichtsrat an Gefahr persönlicher Haftung

Rechtsgutachten belegt Ende für Stuttgart 21

Würde der Aufsichtsrat der Deutschen Bahn AG trotz Milliarden nicht finanzierter Euro das Projekt „Stuttgart 21“ fortsetzen, müssten seine Mitglieder damit rechnen, für unabsehbare Schäden persönlich haftbar gemacht und wegen Untreue angeklagt zu werden. Ein Rechtsgutachten mit diesem Ergebnis hat der Jurist Eisenhart von Loeper als Sprecher des Aktionsbündnisses gegen Stuttgart 21 dem Aufsichtsrat jetzt übermittelt.

„Eine dramatische neue Lage“, so von Loeper, „hat die Bahn geschaffen mit ihrem Eingeständnis, dass der viel beschworene Kostendeckel bereits jetzt um 2,3 Milliarden Euro und damit um mehr als 50 Prozent überschritten ist.“ Um diesen Konflikt lösen zu helfen, habe Rechtsanwalt Arne Maier unter Mitwirkung des Arbeitskreises „Juristen zu Stuttgart 21“ das vorgelegte Rechtsgutachten erstellt.

Es widerlegt vor allem die Einwände des Bahnvorstands gegen einen Ausstieg aus dem Projekt, das bei ungesicherter Finanzierung nicht mehr auszuführen, sondern nach den vertraglichen und gesetzlichen Vorgaben nun gescheitert sei. Stuttgart 21 zu beenden sei für die Bahn inzwischen auch wesentlich wirtschaftlicher als das Projekt fortzusetzen. Völlig aus der Luft gegriffen habe der Bahnvorstand zudem seine Behauptung, ein Ausstieg koste „mindestens zwei Milliarden Euro“.

Der Stadt Stuttgart erstatten müsse die Bahn ohnehin die Erlöse aus dem Verkauf des Gleisvorfelds plus Zinsen, da ja der Verkehrsbedarf für den Kopfbahnhof fortbestehe. Arne Maier widerspricht auch dem Argument der Bahn, ein Projektende schade ihrem Ruf. Denn genau dies habe sie noch viel stärker zu befürchten, wenn sie ihr Projekt trotz der schweren Funktions-, Finanzierungs- und Rechtsmängel fortsetze.

Von Mitgliedern der Bundesregierung dürfe der Aufsichtsrat sich bei seiner Abstimmung über S 21 nicht beeinflussen lassen, mahnt der Gutachter. Die gesetzliche Haftpflichtversicherung stelle dessen Mitglieder weder zivil- noch strafrechtlich frei von einer Haftung, wenn sie die für möglich gehaltenen Schäden des Projekts billigend in Kauf nähmen.

Der Aufsichtsrat, so Arne Maier weiter, könne sich auch nicht auf die Volksabstimmung vom 27. November 2011 berufen: „Der Kostendeckel war ja Grundlage der Volksabstimmung. Nachdem er nun aber dramatisch gesprengt wurde, ist selbst die Landesregierung nicht mehr an sie gebunden.“ Mit rechtlich unverbindlichen Abstimmungen in einem Bundesland könne und dürfe die privatwirtschaftlich organisierte und bundesweit tätige Deutsche Bahn AG eklatante unternehmerische Fehlentscheidungen ohnehin nicht begründen. Zudem sei allen Beteiligten schon vorher bewusst gewesen, dass das Ergebnis der Volksabstimmung nur die Landesregierung, nicht aber die Deutsche Bahn AG binden könne. „Deshalb wurde nicht über die Fortsetzung des Projekts, sondern nur über die Kostenbeteiligung des Landes abgestimmt."

Eisenhart von Loeper betrachtet seinen Brief und Arne Maiers Gutachten als rechtzeitigen Hinweis des Aktionsbündnisses und der Juristen zu Stuttgart 21 auf die gravierende Haftungslage. Bestätigt sieht er dieses Engagement, da der Aufsichtsrat der Bahn - nach einem ersten Schreiben des Aktionsbündnisses - in seiner Sitzung am 12. Dezember darauf bestanden hatte, sich erst nach genauer Information entscheiden zu können.

Noch sei Zeit, so der Bündnissprecher, für einen geregelten Ausstieg aus Stuttgart 21 und den Umstieg auf eine finanzierbare, technisch machbare und verkehrlich sinnvolle Alternative, deren Prüfung der neue Stuttgarter Oberbürgermeister Fritz Kuhn bereits angeregt habe.

Gegen eine Fortsetzung des Projekts spreche auch das erst jetzt bekannt gewordene, dem Bahnvorstand aber schon lange vorliegende Gutachten des neutralen Rechtsprofessors und Eisenbahnrechtlers Dr. Urs Kramer. Es bescheinige ebenfalls die Unverkäuflichkeit des Gleisvorfeldes. Damit sei, so von Loeper, „eine weitere wesentliche Grundlage für die Planung und für die Finanzierung des Tiefbahnhofs entfallen“.

Anlagen:
diese Pressemitteilung im PDF-Format
- Brief des Aktionsbündnisses an die Mitglieder des Aufsichtsrats der Deutschen Bahn
-
Rechtsgutachten von Arne Maier

 

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3 Antworten zu Pressemitteilung: Rechtsgutachten belegt Ende für Stuttgart 21

  1. Thomas Renkenberger sagt:

    Wir haben gelernt, unsere Hoffnungen zu zügeln. Vielleicht ist dies das Endspiel, aber jeder Fußballer weiß: Nach dem Spiel ist vor dem Spiel. Und nur eine Mannschaft hat Chancen, die nicht sich selbst zerfleischt.

  2. Anni Berta Zeh sagt:

    Bitte prüft nochmal und verändert Eure eigene, ungenaue Darstellung dessen, was von Loeper in seinem Brief wirklich geschrieben hat. Im ersten Absatz Eurer Pressemitteilung schreibt Ihr: „…. müssten seine Mitglieder damit rechnen, für unabsehbare Schäden persönlich haftbar gemacht und wegen Untreue angeklagt zu werden. Ein Rechtsgutachten mit diesem Ergebnis hat der Jurist Eisenhart von Loeper ….“.

    Das macht nach meiner Auffassung keinen Sinn. Von Loeper benutzt den Begriff „unabsehbare Schäden“ hingegen in seinem Brief wie folgt: „Demnach spricht alles dafür, zur Vermeidung unabsehbarer Schäden Stuttgart 21 zu beenden und statt dessen …“.

    Vorstand und Aufsichtsrat der DB, die Politiker werden wohl kaum für (heute) unabsehbare Schäden in Haftung genommen werden können, wie das Euer Text insinuiert. Sie können aber, so verstehe ich von Loeper, in Haftung genommen werden, wenn sie trotz Überschreiten des Kostendeckels das S21-Spekulations-Projekt weiter vorantreiben. Das wünsch‘ ich denen auch, dass sie allesamt deswegen vor den Kadi kommen, einschließlich des zu professoralen Ehren gekommenen Ex-OB, und nicht unter die Kuratel des Oberstaatsanwalts, der mit den Verfahren gegen S21-Gegner so total überbeschäftigt ist.

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