„Stuttgart 21“ (S21) scheint ein ähnliches Desaster zu werden wie der Berliner Großflughafen. Die Kosten für den Tunnelbahnhof und die 60 Kilometer Neubau- und Tunnelstrecken im Stadtgebiet mussten bereits mehrfach nach oben korrigiert werden. Fehlplanungen (Brandschutz, Grundwasser usw.) zu S21 lassen die Kosten explodieren. Nach Informationen von “Bild am Sonntag” soll der Aufsichtsrat der Deutschen Bahn in seiner Sitzung am 12. Dezember vom Vorstand darüber unterrichtet werden, dass Kostensteigerungen bei dem 4,5 Milliarden Euro teuren Projekt im Umfang eines hohen dreistelligen Millionenbetrages wegen der jahrelangen Bauverzögerung anfallen. Auf Seiten der Bahngewerkschaften werden Kostensteigerungen von bis zu einer Milliarde Euro nicht ausgeschlossen.
Ein führender Bahngewerkschafter sagte Bild am Sonntag: “Es wird damit gerechnet, dass S21 bis zu einer Milliarde Euro mehr kosten kann. Es geht um Brandschutz, Grundwasser und Streit um den Verkauf der oberirdischen Gleisflächen.” Die SPD will wegen der erwarteten Zusatzkosten Bundesverkehrsminister Peter Ramsauer (CSU) vor den Verkehrsausschuss laden. Der stellvertretende Fraktionsvorsitzende Florian Pronold zu Bild am Sonntag: “Der Bundestag muss umfassend über drohende Kostensteigerungen bei S21 informiert werden. Wir erwarten, dass Minister Ramsauer in der nächsten Ausschusssitzung am 11. Dezember für umfassende Aufklärung sorgt.”
Wie bereits mehrfach berichtet (z. B. HIER), wusste die Deutsche Bahn bereits 2009, dass das Projekt viel teurer werden würde.
Der „zugrundeliegende Kostendeckel“ ist doch schon längst gesprengt, und zwar viel massiver als die gerade zur Debatte stehenden 800 Millionen.
Zur Erinnerung: Der Kostendeckel beruht auf der Aussage, dass dies (in etwa) der Wert ist, bei dem die Ausgaben für das Projekt dem volkswirtschaftlichen Nutzen entsprechen (wobei für ein Verkehrsprojekt ein Wert von 1 einen grauenhaften Wert darstellt; üblich sind volkswirtschaftliche Gewinne vom Faktor 3).
Und jetzt kommen wir zum volkswirtschaftlichen Nutzen. Nach dem Berlin-Desaster, das im Ausland durchaus interessiert und mit Befremden verfolgt wird, wird auch hier das Desaster offenbarer. Man muss jetzt kein Prophet sein, dass die Neigung in einem Land mit hohem Lohnniveau zu investieren nicht gerade steigt, wenn die Nachrichten wöchentlich berichten, dass genau dieses Land Planungen, die die Zukunft des Landes betreffen, einfach nicht im Griff hat. Von „zukunftssicheren Investitionen“ kann dann nämlich keine Rede sein.
Ich kann hier zwar keine Zahl liefern; ich bin mir aber für meinen Teil sicher, dass hier massive volkswirtschaftliche Verluste entstehen.
Liebe Petra,
auch heute möchte ich gerne die Gelegenheit nutzen und für die Pressearbeit hier bei BAA danken!
Zur Sache aber würde ich gerne darauf hinweisen, dass wir doch bitte nicht aus den Augen verlieren sollten, dass das was jetzt – nachdem man es schon 2008 beim Bundesrechnungshof nachlesen konnte – mit 5,3 und wahlweise 6,5Mrd € genannt wird, noch nicht einmal die Hälfte der Kosten ist, um die es eigentlich geht:
Es ist eben kein Scherz gewesen, wenn schon vor Jahren der Begriff S21 als Zielmarge für die Kosten verstanden wurde. All zu oft wird ja vergessen, dass S21 ohne die Neubaustrecke nach Ulm überhaupt nicht, auch nicht mit seien wir großzügig – 25 Zügen/Stunde in Betrieb gehen könnte. Die Kosten für die Neubaustrecke sind seit langem offiziell mit ca. 5Mrd angesetzt. Jetzt wurde aber im Zusammenhang mit den Abschußvorbereitungen für den Kefer-Flug (damit der Grubenkäfer nicht gleich mit abgeschossen werden muss, was als Eingeständnis des Versagens des Verkehrsministeriums gedeutet werden müsste und dann auch (im Wahlkampfjahr!) Kratzer im Lack am Schwarzem Ritter Angie hinterlassen würde) von der Gefahr erheblicher Kostensteigerungen der Neubaustrecke gesprochen. Soll heißen, beide Hälften des württembergischen Eisenbahngrabes nähern sich zielstrebig der 10 Mrd-Marke. Damit fehlt lediglich noch eine Mrd. für die besagten 21 Mrd € Projekt-Kosten. Diese eine Peanuts-Mrd ist zum Teil schon ausgegeben und der Rest wird sicher auch noch zeitnah verteilt: Wir dürfen uns daran erinnern, dass z.B. der in Bahnangelegenheiten nicht ganz unbedarfte Siemenskonzern erst vor zwei Jahren wegen (vor Gericht festgestellter) Bestechungsgelder in Höhe von mind. 1,5Mrd € ganz unverstellt wegen Korruption verurteilt wurde. Vor kurzem wurde das sog. Schienenkartell zu – wenn ich mich recht erinnere – 125 Mio € Strafe wegen jahrzehntelanger illegaler Preisabsprachen beim Verkauf von Schienen verdonnert und ebenfalls vor wenigen Tagen stand in der Presse, dass Deutschland auch dieses Jahr ein einziger Korruptionssumpf geblieben ist. Und somit dürfte die 1 Mrd an Korruptionsmaßnahmen im Zusammenhang von S21 eher noch zu gering angesetzt sein.
Ich bitte also darum, nicht aus den Augen zu verlieren: Es gibt kein einziges DBAG-Projekt dass nicht schlussendlich mehr als das Doppelte der zunächst genannten Kosten verschlungen hätte. (Es gibt Aufzählungen des Bundesrechnungshofes die auf den Mindestfaktor 2,5 lauten.) Also 5 Mrd. bis dato allein in Stuttgart und auf den Fildern genannter Kosten (bevor der Bau überhaupt begonnen hat), 5 Mrd. ebenso für die (ebenfalls noch nicht gebaute) sog. Neubaustrecke. Beides mindestens mit Faktor zwei multipliziert ergibt 20 Mrd. Plus die Peanuts-Mrd ergibt die 21 Mrd.
Hinzufügen muss ich noch, dass das oben Genannte keine Interpretation oder Meinung von mir ist, das lässt sich alles in frei zugänglichen Quellen nachlesen. Meiner persönlichen Meinung nach aber, sind selbst die 21 Mrd. Peanuts im Vergleich zu den Beträgen um die es eigentlich geht:
Es ist im Zusammenhang mit diesem von mir nur widerstrebend Projekt genannten S21, von vorne herein nie darum gegangen ein Bauvorhaben für den Schienenverkehr in Württemberg zu realisieren!. Das Ziel war und ist immer schon gewesen, soviel wie möglich (Güter-) Schienenverkehr auf die Straße zu verlagern – damit unser aller geliebter Daimler möglichst viele, viele LKWs (Gigaliner!) verkaufen kann. Wenn also durch all die Begleitmaßnahmen der scheinbaren Bauvorbereitung (Entgleisungen im Gleisvorfeld, wochenlange S-Bahnausfälle vor zwei Jahren, Güterwaggons im BHF Feuerbach, einstürzende Gleishallendächer usw. usf.) die vorhandene Infrastruktur für öffentlichen Schienenverkehr möglichst umfassenden zerstört wurden und dann aus irgendwelchen Lappalien (z.B. 1 Mrd.) das scheinbare Bauvorhaben dereinst einfach sang und klanglos eingestellt worden sein wird, fließen die eigentlichen Beträge jenseits von 100 Mrd. munter und fröhlich weiter, weil Geld z.B. für den Ausbau der Rheintalstrecke zur Anbindung der NEAT auf Jahrzehnte nicht mehr vorhanden sein wird, weil Geld auch nur für die Instandsetzung des Kopfbahnhofes keines mehr vorhanden sein wird, weil also scheinbar gar keine andere Möglichkeit mehr besteht, als dass die Güter und Personen auf der Straße transportiert werden. Wenn dann außerdem im Großraum Stuttgart die Pendler gezwungen sein werden, mit dem Auto zur Arbeit zu fahren, weil die S-Bahnen und andere Züge schlicht nicht mehr fahren können, dann ist aus Sicht von Daimler und Konsorten die Welt endlich wieder in Ordnung und über Peanuts wie 21 Mrd für ein nie wirklich gewolltes (sondern nur zerstörendes) Projektchen, lässt sich bei einer Fahrt durch den Rosensteintunnel auf die Prag ein müdes Witzchen reißen.
Wir (BAA, K21 et al) sollten aufhören, das was nach außen S21 genannt wird, in viel zu kleinen Maßstäben zu betrachten. Es geht um mehr, um viel mehr! Und hört bei Geld allein noch nicht einmal auf. Mehr noch als z.B. BER ist S21 dazu angetan in einem nur vermeintlich demokratischen Staat exemplarisch für mindestens ganz Europa darzulegen, dass auch eine scheindemokratische Hülle nichts anderes als das Fundament des ewig gleichen Obrigkeitsstaates ist. Mit S21 tritt der nunmehr schon Jahrtausende alte Feudalismus wieder munter an die Öffentlichkeit und wir Untertanen dürfen zunächst unseren Frondienst in Form von Steuern leisten, mit denen dann der letzte Rest Allmende, wie er gerade in der immer staatlichen gewesenen württembergischen Eisenbahn augenscheinlich war, zerstört werden wird – auf dass den Untertanen (wer sollte sich dazu besser eignen als die 60 Jahre CDU-Wähler?) endgültig klar wird, dass sie nicht Herr/Frau im Hause sind und somit auch niemals sein werden.
Auf unseren Demos ist manchmal die Bundschuhfahne zu sehen. Und tatsächlich wird sie immer von einem Mitstreiter aus dem Remstal getragen, der natürlich auch die Geschichte vom Armen Konrad und den Bauernaufständen (in Württemberg) kennt. D.h. die damalige, feudalistische Obrigkeit (mit ihren falschen Maßen) gibt es schon lange nicht mehr, aber der Bundschuh ist immer noch da. Also die werden uns nicht los, wir die aber schon! Oder kurz und knapp:
Oben bleiben!
Zur Erinnerung: exakt die Bundschuhbewegung hat auch die vollständig planfestgestellte und vom Bundesverwaltungsgericht freigeschaltete Daimler-Teststrecke am Boxberg verhindert!