Dieser lesenswerte Artikel erschien im eMagazin von German-Architects:
Nein, es geht im Folgenden nicht um Stuttgart 21. Die zum Abriss freigegebene Bahndirektion deutet jedoch an, wohin die Stuttgarter Planungsreisen führen, zu noch mehr tristen Betonvierteln.
Auszüge: German-Architects
"Vittorio Magnago Lampugnani erläuterte im Stuttgarter Rathaus, was er für Gebote der guten Stadtplanung hält – fast alle werden derzeit von den Stuttgarter Planern missachtet. Quartiersweise werden Flächen für belanglose Investorenarchitektur freigeräumt, Reste kleinteiliger Innenstadtstruktur werden bedenkenlos beseitigt, monofunktionale Büro- und Shopping-Center jeder nennenswerten, bezahlbaren Wohnungsdichte vorgezogen..."
"Der Rathaussaal war voll, als Vittorio Magnago Lampugnani, angekündigt als der "bekannteste und profilierteste Architekturhistoriker Europas", am 30. April 2012 über "persönliche Gebrauchsanweisungen zur zeitgenössischen Stadtplanung" sprach. Das tat er im Rahmen der Rosenstein-Quartiersplanungen, einem neuen Bereich im S21-Gelände. Nutzungsmischung, Feinkörnigkeit der Stadtstruktur, Vorrang des öffentlichen Raumes und so weiter: Lampugnani präsentierte nichts Neues, sondern viel von dem, was man seit Jahrzehnten weiß. Aber in Stuttgart seit Jahrzehnten missachtet."
"Das Gerber An wenigen Beispielen sei die derzeitige Entwicklung erläutert. Das 14.000 Quadratmeter große Geviert zwischen Tübinger und Marienstraße wurde komplett abgerissen, um dem "Das Gerber" genannte Projekt Platz zu machen. Nicht alles, was dort stand, war erhaltenswert – aber das Eckhaus an der Marienstraße / Paulinenstraße gehörte beispielsweise zu jenen Bauten, die ihre Entstehungszeit in bester baukultureller Erinnerung gehalten hätten. Das riesige Loch, das derzeit hier klafft, wird demnächst mit 650 Tiefgaragenplätzen dazu beitragen, noch mehr Autos in die Stadt zu ziehen. Angekündigt sind 80 Wohnungen mit insgesamt 9.000 Quadratmetern über einem "Handelssockel", über die ab Mitte 2013 mehr zu erfahren sei. Der "Handelssockel" umfasst 24.000 Quadratmeter Laden- und etwa 7.000 Quadratmeter Bürofläche. Die Architektur: ein bisschen Postmoderne mit ubiquitärer Investorenfassade aus Glas und Steinverkleidung."
"Das Caleido Schräg gegenüber, unmittelbar vis-à-vis der Kirche St. Maria in der Tübinger Straße, wurde Tabula Rasa für das Projekt Caleido gemacht. Auf vollgepfropftem 4.897 Quadratmeter-Grundstück entsteht eine Geschossfläche von 17.200 Quadratmetern. An dieser Stelle bricht eine Nowhere-Architektur in coolem Glas-Schick mit der Parzellenstruktur des Stuttgarter Südens. Geworben wird übrigens mit dem Slogan: "Sehen und gesehen werden – 260.000 Fahrzeuge pro Tag" – fantastische Voraussetzungen für die beiden Wohngeschosse?.."
"Zerstörung ohne Not Erwähnt sei in diesem Zusammenhang das Projekt des Kaufhauses Breuninger am Karlsplatz: Ohne Not werden hier passable, anpassbare Bauten der 1950er Jahre abgerissen...."
"Auf dem frei werdenden Gelände von Stuttgart 21 bieten sich der Stadt alle Möglichkeiten, absolut leergeräumte Flächen gut zu bebauen. Es ist nicht einzusehen, warum nun in der vorhandenen, sagen wir ab jetzt einfach: "Altstadt", ganze Häuserblöcke weggerissen werden – ohne Not..."
Quelle: German-Architects vom 23. Mai 2012
(Nachträgliche Hervorhebungen nicht im Originaltext)