Friedensappell an Ministerpräsident Winfried Kretschmann

Offener Brief an den Ministerpräsidenten des Landes Baden-Württemberg Winfried Kretschmann

Friedensappell:  
Tragen Sie bitte zum Frieden im Land bei! Genehmigen Sie keinen Polizeieinsatz für das Projekt „Stuttgart 21“, bevor alle entscheidenden Fragen geklärt sind!

Stuttgart, 11.12.2011
Sehr geehrter Herr Ministerpräsident!
Lieber Herr Kretschmann!

Ich schreibe Ihnen als Mitglied der Initiative „Theolog(inn)en gegen Stuttgart 21“. Wir haben im Dezember 2010 in unserer von inzwischen über 1200 Christ(inn)en unterzeichneten „Gemeinsamen Erklärung“ unsere vielfältigen Bedenken gegen das Projekt „Stuttgart 21“ zum Ausdruck gebracht. Daran hat sich durch den Volksentscheid nichts geändert. Im Gegenteil.

Mit großer Sorge nehme ich die Vorbereitungen der Polizei auf den Abriss des Südflügels und die Fällung der Schlossgartenbäume wahr. Das ist zurzeit weder rechtlich angemessen noch politisch klug. Es wird die demokratische Kultur im Lande nachhaltig beschädigen und unabsehbare Folgen für den Frieden in der Stadt und im Land haben.

Ich bitte Sie dringend: Lassen Sie das nicht zu! Tragen Sie zum Frieden im Lande bei! Sie wissen doch: Die rechtliche Zukunft von S21 ist völlig ungewiss:

• Das zentrale Interesse der Stadt Stuttgart an S21, dass die Gleisanlagen des Kopfbahnhofs abgebaut und das Gelände überbaut werden dürfen, ist gerichtlich noch völlig ungeklärt. Vielmehr muss damit gerechnet werden, dass mindestens ein Teil der Kopfbahnhofgleise bestehen bleiben muss.
• Ob die Mischfinanzierung von S21 durch Stadt, Land und Bahn verfassungsgemäß ist, muss noch gerichtlich überprüft werden.
• Für den Bau der Grundwassermanagementanlage besteht – nachdem die Wasserentnahmemenge mehr als verdoppelt werden soll – noch keine Genehmigung. Sie wurde dort illegal errichtet.
• Für den Abstell- und Wartungs-Bahnhof Untertürkheim ist das Planfeststellungsverfahren noch nicht abgeschlossen.
• Für die gesamten Anlagen auf der Filder ist ein Genehmigungsverfahren noch nicht einmal eingeleitet.
• Nicht zuletzt ist immer noch nicht geklärt, wer ggf. die (unbestreitbar entstehenden) über 4,5 Mrd. hinaus gehenden Kosten trägt.

In einer rechtlich derart offenen Situation – von den unverändert katastrophalen Mängeln des Projekts selbst ganz zu schweigen – ohne Not ein Baurecht der Bahn mit massivem Polizeieinsatz durchzusetzen, dient auf keinen Fall dem Frieden, sondern stellt eine unangemessene Verschärfung der ohnehin labilen Situation dar. Denn auch der Volksentscheid hat ja keineswegs eine klare Mehrheit für den Weiterbau ergeben.

Vielmehr hat sich landesweit fast die Hälfte der Abstimmenden dagegen ausgesprochen. Und das, obwohl der Volksentscheid eben gerade kein Beispiel für gelungene Demokratie war. Vielmehr werden auch Sie sagen müssen: So etwas darf nie wieder vorkommen:

• dass ein Volksentscheid mit Millionenbeträgen aus der Wirtschaft beeinflusst wird,
• dass in unglaublichem Umfang öffentliche Körperschaften (Rathäuser, Gemeinderäte, Landratsämter, Regionalparlamente) mit einseitigen und falschen Darstellungen Einfluss auf die Abstimmung nehmen,
• dass selbst von staatlicher Seite aus eine Lüge zum Hauptargument der Abstimmung erhoben wird (die Behauptung, die Ausstiegskosten betrügen für den Steuerzahler 1,5 Milliarden).

Deshalb fordere ich Sie so dringend wie herzlich auf, die Durchsetzung des Baurechts der Bahn zu verschieben, bis alle erforderlichen Fragen gerichtsfest geklärt sind – zumindest aber, bis mit rechtsgültiger Unterschrift die Frage der Übernahme von Mehrkosten definitiv geregelt ist.

Das Baurecht – zumal, wenn es nur zu einem kleinen Teil überhaupt besteht – ist nicht das höchste Recht eines Landes, dem sich alle andern Rechte unterzuordnen hätten (z.B. das des Landes auf Kostenklarheit und -wahrheit). Zumindest hat es zurückzustehen, wenn es nicht auf für einen demokratischen Rechtsstaat angemessene Weise durchzusetzen ist. Und das ist in der aktuellen Situation nicht gegeben. Eine Landesregierung hat auch eine Verantwortung für den Frieden im Land. Nehmen Sie bitte diese Verantwortung wahr!

Mit freundlichen Grüßen
Martin Poguntke

Email: martin.poguntke@online.de

PS: Dieser Brief wird mitunterstützt von:
Friedrich Gehring, Michael Harr, Dieter Hemminger, Annette Keimburg, Gunther Leibbrand, Guntrun Müller-Enßlin, Wolfgang Schiegg, Martin Schmid-Keimburg, Dorothea Ziesenhenne-Harr.

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6 Antworten zu Friedensappell an Ministerpräsident Winfried Kretschmann

  1. Ute sagt:

    Super … Danke!

  2. Demokrat sagt:

    Wir brauchen jetzt keine „Appelle“ mehr, sondern konkrete Schritte, um das verbrecherische Vorgehen der Landesregierung mit ihren Containerzellen für die lokale Bevölkerung bloßzustellen, die sich mit allem Recht vor der Gefahr für Leib und Leben durch S21 und die Zerstörung ihres unmittelbaren Lebensraumes schützen möchte.

    Den Grünen muss für diesen beispiellosen Verrat an ihren WählerInnen, den sie nicht erst seit der Landtagswahl in voller Absicht organisiert haben, der maximale politische Preis abgerungen werden.

    Soll heißen: Schützen sie nicht die unmittelbar von der Gefahr für Leib und Leben S21 betroffene Bevölkerung in der Stuttgarter Innenstadt, setzen sie nicht deren Mehrheitsvotum vom 27.11 (über 52% JA zum Ausstieg) um und wenden die Zerstörung von deren Lebensraum ab, müssen sie aus der Regierung und aus allen anschmarotzten Ämtern gejagt werden.

    Es gibt mehr als genug politische und juristische Hebel, um S21 zu stoppen, und sie müssen JETZT bedient werden! Das wird aber nur dann funktionieren, wenn insbesondere die unmittelbar betroffene räumliche Bevölkerung ihre Lebens- und Schutzrechte und die Umsetzung ihres Mehrheitsvotums einfordert. Natürlich in solidarischer Unterstützung mit der gesamten, starken Bewegung gegen den Milliardenbetrug S21.

  3. zart und klein sagt:

    Mal sehen wie der Christ Kretschmann mit seinen Mit-Christen und Menschen umgeht?

  4. yzzuf sagt:

    Meiner Ansicht nach ist der Beitrag von „Demokrat“ super und großartig – nicht dieser xte Appell.

    Ihr glaubt doch nicht im Ernst, dass Kretschmann willens und in der Lage ist S21 zu stoppen!? Das war er nie!! Dass es nur wenige Bürger gibt/gab, die das durchschaut haben sieht man an den Prozentzahlen für SÖS und den Linken bei den Wahlen. Jetzt mit Appellen etwas zu bewirken ist aussichtslos.

    Zitat: Den Grünen muss für diesen beispiellosen Verrat an ihren WählerInnen, den sie nicht erst seit der Landtagswahl in voller Absicht organisiert haben, der maximale politische Preis abgerungen werden. (s.o.)

  5. Demokratin sagt:

    Super, Demokrat und goldrichtig! Man muss die Grünen aus ihren erschwindelten und betrügerisch ergatterten Ämtern jagen!
    Diese sind nicht gewillt, die Mehrheitsentscheidung der Innenstadtbewohner umzusetzen.

    Übrigens kann man die Stimmen der Dummbürger sowieso nicht mitzählen, so dass wir tatsächlich im ganzen Land die Mehrheit erzielten.

    Alle anderen Behauptungen basieren auf Betrug!

    Jetzt müssen die ganzen Hebel gezogen werden.

    Oben bleiben!

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