Ehemaliger SBB-Chef wundert sich über DB-Investitionspolitik
Stuttgart, 21. November 2011: Die JA-zum-Ausstieg-Kampagne war gestern zu Gast in Zürich, wo sie von renommierten schweizer Bahnexperten und Verkehrspolitikern empfangen wurde: Nationalrätin Franziska Teuscher von den Grünen, ProBahn-Vorsitzender Edwin Dutler und der ehemalige SBB-Chef Benedikt Weibel. Unter seiner Führung wurde das groß angelegte Projekt Bahn2000 realisiert, das aus 135 Bauprojekten in der ganzen Schweiz besteht. In Sachen Demokratie äußerten sich die schweizer Gastgeber sehr unerwartet: „Ein bisschen Stuttgart würde auch der Schweiz guttun“, sagte Franziska Teuscher. Was jedoch das milliardenschwere Großprojekt Stuttgart 21 angeht, war das Urteil klar und eindeutig: „Das ist gegen jede eisenbahntechnische Vernunft. Es ist die größte Dummheit, die ich an Projekten je in Europa gesehen habe!“ (Edwin Dutler). Der Aufwand und die Kosten stehen in keinem Verhältnis zum Nutzen.
Die gesamte Veranstaltung finden Sie bei bei Fluegel.tv unter http://www.fluegel.tv/beitrag/3036, siehe unten.
Der SBB-Chef a. D. Benedikt Weibel zieht den Vergleich zum gesamtschweizer Großprojekt Bahn2000; wörtlich sagte er: „135 Bauprojekte, eine Neubaustrecke – Gesamt-Investitionssumme 6 Mrd. Schweizer Franken. Ich betone das, weil ich bin ja neutral, also ich bin in dem Sinne ja nicht gegen Stuttgart 21. Aber man muss die Kosten und den Nutzen in Erwägung ziehen. Für 6 Milliarden haben wir das gesamte Netz hochgefahren. Seither wächst das Bahnangebot um 7 Prozent pro Jahr. […] Und Sie können jetzt selber diese Kosten-Nutzen-Überlegung machen, weil, wenn ich richtig im Bild bin, ist das Gesamtvolumen der Investition für Stuttgart 21 etwa gleich hoch, vielleicht etwas höher und dann stellen Sie dem den Nutzen gegenüber …“ (ab Min. 18:40)
Ausgangspunkt des überaus erfolgreichen Projekts Bahn2000 war auch in der Schweiz ein unsinniges Großprojekt, das am Widerstand der Bevölkerung scheiterte: Die Haupttransversale (am Min. 15:45, vergl. auch http://de.wikipedia.org/wiki/Bahn_2000). Dieses umstrittene Schnellbahnprojekt wurde beerdigt (Min. 16:15 und ab Min. 26:25). Stattdessen wurden das Netz, das Fahrplanangebot und das rollende Material optimiert (Min. 16:20) – Ergebnis ist der integrale Taktfahrplan, ein hoch attraktives und zuverlässiges Verkehrsnetz, das z. B. zwischen Bern und Zürich Hauptverkehrsträger ist, weit vor dem Auto: „Wir haben das Netz beschleunigt und nicht eine einzige Strecke.“ (Benedikt Weibel).
Bahn2000 und vor allem die dazugehörige Schnellbahnstrecke wurde in sehr intensiver Abstimmung mit der Bevölkerung geplant und umgesetzt (ab Min. 17:40), sodass Nationalrätin Franziska Teuscher heute sagen kann: „Ich bin sehr stolz auf unsere schweizer Verkehrspolitik, weil die eigentlich immer zusammen mit der Bevölkerung entwickelt wurde.“ (ab Min. 8:59).
Heute Abend versammelt sich der Widerstand gegen Stuttgart 21 zur 100. Montagsdemo – denn auch wir wollen ein leistungsfähiges Bahnnetz im ganzen Land und keine zentrale Milliardengrube.