Viele Journalisten haben bei dem Thema "Stuttgart 21" offenbar selten hinterfragt, was die Bahn ihnen serviert. Pressemeldungen der Bahn werden zum Fakt. Die PR-Strategie der Bahn ist erfolgreich und die Journalisten sind dabei behilflich. Einer der wenigen kritischen Journalisten, die hartnäckig beim Thema bleiben und nachfragen, ist Stern-Reporter Arno Luik. Durch seine regelmäßige Berichterstattung im Stern hat er das umstrittene "Jahrhundertprojekt" auf die nationale Agenda gesetzt. Für seine Enthüllungen hat der gebürtige Königsbronner im November 2010 den "Leuchtturm für besondere publizistische Leistungen" erhalten. In einem Artikel der Wochenzeitung Kontext nimmt er Stellung zur aktuellen Lage um "Stuttgart 21".
ZITAT Anfang: Kontext Wochenzeitung
Das Spiel mit dem Feuer – von Arno Luik
Die Volksabstimmung zum Bahnprojekt Stuttgart 21 ist eine Entmündigung der politisch engagierten Bürger, ja sogar ein Spiel mit dem Feuer. So wie die geißlersche Schlichtung bereits sehr viele Bürger enttäuscht hat, enttäuscht nun die Volksbefragung viele Wähler der Grünen.
Ein paar Tage nach den S-21-Anhörungen im Stuttgarter Rathaus im Spätherbst 2010 schrieb ich an den Schlichter:
"Sehr geehrter Her Geißler, ich möchte Ihnen zu Ihrem Schlichterspruch gratulieren. Sie haben die in Sie gesetzten Erwartungen erfüllt. Die Bürger sind – wenigstens vorübergehend – von der Straße, und Land, Bahn und Bund haben nun die Carte blanche, die sie für ihr milliardenschweres Projekt unbedingt brauchten: Die von Ihnen geforderten Nachbesserungen sind nun die Begründung für milliardenschwere Kostensteigerungen.
Und auch politisch ist Ihr Schlichterspruch ein Lehrstück der besonderen Art: Die Bürger haben gelernt, dass sie mitreden, mitdiskutieren dürfen, aber dann, wenn es ums Mitbestimmen und Mitentscheiden geht, sie doch nur Zuschauer sind. Der Souverän ist also kein Citoyen, sondern nur ein TV-Konsument."
So weit der Brief, so weit meine damalige Einschätzung der Dinge. Aber halt, halt, die Bürger dürfen nun doch mitbestimmen. Es gibt sogar eine Volksbefragung! Was wollt Ihr mehr? Ja, die Bürger dürfen mitbestimmen, aber sie dürfen es doch nicht. Denn allen ist klar, vor allem den Grünen, die auf diese Abstimmung politisch setzten, dass das Abstimmungsquorum unerreichbar hoch ist.
Die Volksbefragung, böse oder nur scharf formuliert, sie ist dies: eine Farce. Sie ist eine Entmündigung der politisch engagierten Bürger. Die geißlerschen S-21-Anhörungen und die Volksabstimmung: postdemokratische Lehrstücke. Schlimmer noch: ein Spiel mit dem Feuer... weiterlesen HIER
QUELLE: Kontext Wochenzeitung 16. November 2011
(Nachträgliche Hervorhebungen nicht im Originaltext)
ZITAT Ende
Sehen Sie hier einen atmosphärischen Rückblick auf eine interessante Veranstaltung im Stuttgarter Rathaus mit Arno Luik im April 2011 (zu Teil 2 geht es HIER)