700 Mio. für Grundstücks-Rückabwicklung sind keine Ausstiegskosten
Stuttgart, 28. Oktober 2011 – Der baden-württembergische Wirtschafts- und Finanzminister Nils Schmid hat bestätigt, dass die von der Bahn proklamierten Ausstiegskosten viel zu hoch gegriffen sind. Am Mittwoch bei einer „Volksversammlung“ auf dem Stuttgarter Marktplatz erklärt Schmid, die von der Bahn für eine Rückabwicklung des Kaufs der Gleisflächen geforderten ca. 700 Millionen Euro seien nicht als Ausstiegskosten aus dem Projekt Stuttgart 21 zu werten.
Schnitt Dr. Nils Schmid from Thorsten Puttenat on Vimeo.
„Es freut uns, dass Finanzminister Nils Schmid unsere Sicht der Dinge bestätigt:“ so Matthias von Herrmann, Pressesprecher der Parkschützer. „Wenn die Bahn Geld zurückzahlen muss, das sie ohne Gegenleistung von der Stadt Stuttgart bekommen hat, dann sind das keine Ausstiegskosten! Mit seiner Bestätigung dieser Sicht erteilt der Wirtschafts- und Finanzminister den Forderungen der Bahn eine klare Absage. Dass auch der oberste Finanzexperte der Landesregierung, ein erklärter Befürworter des Projekts S21, die Angaben der Bahn als falsch zurückweist, bestätigt, dass die Ausstiegskosten von der Bahn völlig unseriös gerechnet sind.“
Ausstiegskosten sind Ansprüche, die die Bahn für finanzielle Schäden, die ihr durch einen Abbruch des Projekts – etwa als Reaktion auf das Ergebnis der Volksabstimmung – entstehen, geltend machen kann. Dazu zählen Kosten für bereits ausgeführte Arbeiten wie Planung und Abriss des Nordflügels, nicht jedoch die Rückabwicklung eines Grundstücksgeschäfts: Die Stadt bekommt das Geld zurück, das sie 2001 ohne tatsächliche Gegenleistung an die Bahn gezahlt hat; die Bahn wird wieder Eigentümerin des Gleisvorfelds. Grundstück und finanzieller Gegenwert zuzüglich aufgelaufener Zinsen wechseln wieder die Seiten; dadurch entsteht kein Schaden.
Die Ausstiegskosten belaufen sich nach Angaben der Bahn derzeit auf insgesamt 1,5 Milliarden Euro; darin sind 700 Mio. Euro für den Rückkauf des Gleisvorfeldes enthalten. Die Projektgegner haben dagegen eine Summe von weniger als 300 Millionen Euro berechnet. Zudem ist offen, ob diese Forderungen von der Bahn überhaupt einklagbar wären; schließlich ist die Projektsituation und der mögliche Ausstieg auch der Bahn seit langem bekannt. Man kann also erwarten, dass die Bahn weitere Kosten vermeidet, solange die Fertigstellung des Projekts nicht gesichert ist.
Bahnchef Rüdiger Grube hat die Ausstiegskosten auf Nachfrage folgendermaßen angegeben:
Rückkauf Gleisvorfeld von der Stadt Stuttgart (keine S21-„Ausstiegskosten“) ~ 459 Mio. EUR
5,5% Zinsen für ohne Gegenleistung 2001 bezahlten Kaufpreis (keine S21-„Ausstiegskosten“) ~ 250 Mio. EUR
Aufgelaufene Planungskosten für S21 ~ 227 Mio. EUR
Aufgelaufene Planungskosten Neubaustrecke Wendlingen – Ulm (keine S21-„Ausstiegskosten“) ~ 270 Mio. EUR
Vergebene Aufträge, 'Handwerkerrechnungen' ~ 200 Mio. EUR
Siehe dazu auch die Presseerklärung der Ingenieure22 vom 21. Oktober 2011
Der ist doch schizophren, der Typ. Erst rührt er massiv die Werbetrommel FÜR S21 und jetzt kommt er wieder so. Don’t believe the hype!
Vorsicht, Nils meinte nur, dass die Grundstückskosten nicht in den Ausstiegskosten enthalten sind. Er ging allerdings am Mittwoch davon aus, dass sie in den 1,5 Mrd. € nicht enthalten seien und die Stuttgarter Zeitung kolportierte, es müssten dann ja 2,3 Mrd. € seien. Die Aufrechterhaltung einer Ausstiegssumme von 1,5 Mrd. € ist ein wichtiger Glaubensgrundsatz der Heilslehre vom Tiefbahnhof. Da muss man bei Nils wirklich nachhaken. Wenn er jetzt nur noch von 800 Mio. € Ausstiegskosten sprechen würde (was unsere Konsequenz daraus wäre), Nils Schmid würde die ganze Liebe der Deutschen Bahn AG und der CDU-Landtagsfraktion verlieren. Das wäre für einen Sozialdemokraten im fortgeschrittenem Karrierestadium eine Katastrophe.
Zunächst muss man zwischen Ausgaben und Kosten unterscheiden; das ist den meisten Umgangssprachlern fremd. Da muss erst mal erheblich Geld fließen. Das ließe sich aber gegen die Mrd. Mehrkosten von S21 gegenrechnen, die die Bahn bisher verschweigt für die sie aber allein verantwortlich gemacht werden muss. Und dann sind die saldierten Kosten unter Null. Was die Bahn so an Kosten spart, kommt allen zu Gute. Allerdings sollte die Bahn mal ihren entgangenen Gewinn ausrechnen, der dadurch entsteht, dass sie bei Überschreiten des Budgets immer noch weiter „verdient“ so wie die Spekulanten an der Börse. Grube ist als Zocker zu entlarven.