Presseerklärung: Haushaltspläne in BW sprechen nicht von Bildung

Landtagswahl 2011: An ihren Taten sollt Ihr sie erkennen

Stuttgart, 19. Februar 2011: Parkschützer entrollen heute über dem Haupteingang des Stuttgarter Bahnhofs ein Banner mit der Aufschrift „Kein Stuttgart 21! 27.3. ist Landtagswahl – Gruß an Frau Merkel!“ Damit machen die Parkschützer klar, was sie von der neuen Landesregierung und auch von der Bundesregierung erwarten: Keine weitere Verschwendung von Steuermitteln für ein sinnloses Prestigeprojekt wie Stuttgart 21. Statt dessen wirksame Investitionen in die Zukunft unseres Landes: Bildung, Barrierefreiheit und zeitgemäße Mobilität.

Die Haushaltsplanung von Ministerpräsident Mappus sieht für die Landesaufgabe Bildung vor allem Einsparungen vor: Obwohl laut Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) schon jetzt fast 4.700 Lehrer im Land fehlen, plant Mappus die Streichung von 6.500 weiteren Stellen in den nächsten zwei Jahren. Auf der anderen Seite beteiligt sich das Land mit 1,8 Mrd. € an Stuttgart 21 und an der Neubaustrecke Wendlingen – Ulm – einer reinen Bundesaufgabe. Diese Mitfinanzierung durch das Land geht auf Kosten von wichtigen Landesaufgaben und nach einem Gutachten von Prof. Hans Meyer verstößt sie obendrein gegen das Grundgesetz. Für Stuttgart 21 und die Neubaustrecke müssten allein Bahn und das Bundesverkehrsministerium unter Minister Ramsauer aufkommen.

„Im Wahlkampf ist an jeder Ecke von Bildung und Fortschritt die Rede“, sagt Carola Eckstein, Parkschützerin und Mitglied der 'Ingenieure für den Kopfbahnhof 21'. „Nur leider kommt beides in der tagtäglichen Politik und vor allem in den Haushaltsplänen nicht mehr vor. An unseren Schulen fehlen Lehrer, aber statt neue Lehrer auszubilden und einzustellen, plant Ministerpräsident Mappus, weitere 6.500 Lehrerstellen abzubauen. Die Landesaufgabe ‚Bildung‘ wird sträflich vernachlässigt. Nur für Stuttgart 21 und die völlig überteuerte Neubaustrecke nach Ulm hat das Land Geld übrig – und das, obwohl Schienenbau reine Bundesaufgabe ist und die Mitfinanzierung durchs Land sogar verfassungswidrig.“

Deutschland braucht Innovation und Deutschland braucht Mobilität. Aber auch die Politik der Bundesregierung steht im Widerspruch zu den eigenen Absichtserklärungen und all unseren gesellschaftlichen Zielen: Im Berliner Koalitionsvertrag ist 'Barrierefreiheit in allen Bereichen' ein erklärtes Ziel. Trotzdem nimmt die Kanzlerin es billigend in Kauf, dass die bundeseigene Bahn AG enorm viel Steuergeld darauf verwenden will, den perfekt barrierefreien Stuttgarter Hauptbahnhof durch einen Tunnelbahnhof zu ersetzen, der noch nicht einmal barrierefreie Fluchtwege hätte. Auch die Förderung der Mobilität durch den integralen Taktfahrplan (Deutschland-Takt) hat ihren Platz im Koalitionsvertrag – aber offensichtlich nicht im Handeln der Regierung. Mit dem Kopfbahnhof ist der integrale Taktverkehr problemlos umsetzbar, mit Stuttgart 21 wäre er nachweislich unmöglich. Und die viel beschworene Schuldenbremse wird nicht angezogen mit Stuttgart 21, der teuersten aller Varianten.

PS: Auf dem Dach der Haupteingangshalle des Bahnhofs wurden bei der Aktion gravierende Mängel und dirngender Sanierungsbedarf festgestellt: Notdürftig abgedeckte Löcher im Dach und kaputte Blitzableiter. Auch hier zeigt sich: Bestehende Infrastruktur lässt die Bahn verkommen.

Ein erstes Foto der Aktion: http://twitpic.com/41gr0r

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4 Antworten zu Presseerklärung: Haushaltspläne in BW sprechen nicht von Bildung

  1. pussibär sagt:

    Prof. Baumert, der Direktor des Max-Planck-Instituts für Bildungsforschung, sagt: Baden-Württemberg ist in vielen Bildungsbereichen Benchmark für die anderen Bundesländer. Es gibt zwar auch in Baden-Württemberg Verbesserungsbedarf – Stichwort: Zusammenhang von sozialer Herkunft und Bildungserfolg, insgesamt müsse man aber konstatieren, dass kein Land in Deutschland ähnlich konsequent und zielgerichtet sein Bildungssystem modernisiert hat – kein Abschluss ohne Anschluss, niedrigste Jugendarbeitslosigkeit in Europa, Spitzengruppe bei PISA, konsequente Umsetzung von Maßnahmen im Bereich frühkindlicher Bildung (insbes. Sprachstandsuntersuchung, Orientierungsplan), hohe Durchlässigkeit zwischen verschiedenen Schularten etc. Baumert: Was sich Baden-Württemberg insbesondere im Bereich der beruflichen Bildung leiste, sei – im Vergleich mit anderen Ländern – ein beeindruckender Luxus, der sich aber auch in jeder Hinsicht auszahle. Kein Land hat z.B. über alle Schularten hinweg eine ähnlich gute Schüler-Lehrer-Relation wie Baden-Württemberg. Sicherlich: Es gibt keinen Grund, sich auszuruhen. Manches liegt noch im Argen. Geradezu absurd ist es jedoch, hier alles schlecht zu machen, was im bundesdeutschen Vergleich deutlich besser als der Durchschnitt oder sogar Spitze ist. Fazit: Verbesserungsvorschläge sind o.k., Nörgeln zeugt von Ideologie.

    • ebse sagt:

      Und Sie glauben auch, daß dies aufrecht erhalten werden kann, wenn die Einsparpläne umgesetzt werden?

      Selektive Wahrnehmung hilft uns hier nicht weiter.

      Es geht in einer Gesellschaft IMMER um Gemeinsamkeit.

      Nicht um Eliten. Aber das ist natürlich nur meine Meinung. Die dürfte einen FDP-Anhänger oder CD’U (Filbi-selig, schreib ich bloss) nicht sonderlich beeindrucken. Obwohl ja „C“ wichtig wäre. Aber das ist ja bloss „dünne Fassade“.

  2. Kanneu sagt:

    Nicht zu vergessen, dass zur Bildung nicht nur Lehrer gehören. Viele Schulgebäude sind sanierungsbedürftig und die Schulden des Landes bei den Privatschulen sollten auch nicht vergessen werden!!!

  3. Monika Schittenhelm sagt:

    Hallo! Bitte höret auf, über die Bildungspolitik zu diskutieren! Bei uns geht´s um Verkehrspolitik und um nichts Anderes. Die Gelder, die wir bei einem Ausstieg aus dem Projekt Stuttgart 21 einsparen werden, fließen nie und nimmer in den Bildungsetat und sollen das auch nicht. Es geht hier um Infrastrukturmittel für die Schiene, die für sinnvolle Schienenprojekte in unserem Land ausgegeben werden sollen. In der Tat geht es um die Barrierefreiheit bei vielen Bahnhöfen und um die Modernisierung so manchen verroteten Bahnhofes. Zuallererst geht es um unseren Kopfbahnhof in Stuttgart und um funktionierende Weichenheizungen für den Winter. Es geht aber nicht um Lehrereinstellungen und schon gar nicht um Schulsanierungen. Das ist eine andere Baustelle. Ich find´s schlichtweg überheblich unserem Pressesprecher, mit einem kurzen Blick von außen zu meinen, geschwind mal was über die Bildungspolitik in unserem Land sagen zu können. Konzentrieren wir uns auf die Schiene. Für die Bildungspolitik sind andere zuständig, die wir unterstützen können.

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