Der Alternative Geschäftsbericht Deutsche Bahn 2024

Rede von Ernst Delle, K21-Bündnis Rems-Murr und Koordinierungsteam „Bürgerbahn-Denkfabrik für eine starke Schiene“, auf der 752. Montagsdemo am 7.4.2025

Liebe Freundinnen, liebe Freunde einer besseren Bahn,

Ende März war wieder mal eine Gruppe von uns gemeinsam mit UnterstützerInnen aus Berlin zur Demonstration vor dem Bahntower am Potsdamer Platz in Berlin. Anlass war die Aufsichtsratstagung der DB AG und die Pressekonferenz zur Vorlage des Geschäftsberichts zum Jahr 2024. Am Tag davor präsentierte „Bürgerbahn-Denkfabrik für eine starke Schiene“ wieder ihren „Alternativen Geschäftsbericht“ (AGB24).

Tags darauf, am Nachmittag nach der Bilanzpressekonferenz der DB-AG, war in der Rundfunksendung „Wirtschaft am Mittag“ im Deutschlandfunk (DLF) ein Ausschnitt von Michael Jungs PK-Vortrag zu hören. (https://www.deutschlandfunk.de/deutsche-bahn-erneut-mit-milliardenverlust-108.html – Bezug auf Bürgerbahn: Minute 2.44–3:29, Gesamtdauer 4:12)

Eine ausführlichere Auswertung der Bilanz der DB AG und Würdigung des AGB24 leistet Ralf Wurzbacher in einem 5-seitigen Beitrag auf den Nachdenkseiten. (https://www.nachdenkseiten.de/?p=131136) Noch liegt keine gedruckte Version der über 150 Seiten vor! Die elektronische Ausgabe ist als pdf mit ca. 12 MB herunterzuladen von https://buergerbahn-denkfabrik.org/.

Zum AGB24 selbst zunächst die Vorbemerkung der Redaktion: „Für die elektronische Ausgabe des Alternativen Geschäftsberichts 2024 der Deutschen Bahn bezieht sich die Beschreibung und Analyse der wirtschaftlichen Lage auf das 1. Halbjahr 2024, da die DB die Zahlen für das Gesamtjahr 2024 erst auf ihrer Bilanzpressekonferenz veröffentlicht und diese für uns vorher nicht zugänglich sind. Für die Printversion werden dann die Gesamtzahlen kommentiert.“

Nun zum Inhalt, den ich hier nur mit einigen Schlaglichtern andeuten kann. „Den Verfall stoppen – gegen die Zerschlagung – für eine Bahnreform 2.0“ ist der Titel. In rund 50 Beiträgen wird eine Vielzahl an DB-Baustellen abgehandelt: unnütze Prestigeprojekte, Unpünktlichkeitsrekorde, Hochgeschwindigkeitswahn, „Digitalisierungsrausch“ und „Tunnelmania“. Das kommt uns in Stuttgart sattsam bekannt vor – bezieht sich aber auch auf DB-Projekte und DB-Probleme bundesweit.

Zur Gäubahn haben Roland Morlock und Klaus Gietinger Beiträge verfasst:

  • Roland Morlock berichtet unter dem Titel: „Vom sinnvollen Streckenausbau zum überteuerten Megaprojekt“ u. a., welche Diskrepanz beim Netzausbau zwischen der gestellten Anforderung und der Strategie der DB besteht. „Der neue (Pfaffensteig-)Tunnel. Bei diesem muss es sich um ein Teilprojekt handeln, das trotz hoher Kosten nur einen geringen Nutzen aufzuweisen hat und vom hoch rentablen Rest des Ausbauprojektes (Zweigleisigkeit der Gäubahn) den Nutzen einem Parasiten gleich in sich aufsaugt.“
  • Klaus Gietinger referiert unter „Die Gäubahn – Versuch der Zerstörung einer Magistrale“ die historischen Hintergründe, die internationale Bedeutung der Gäubahn und die jüngsten Verwaltungsgerichtsprozesse zum Kampf gegen die Gäubahnkappung so sachlich fundiert, wie wir das aus seinen Filmen kennen („Der Kampf um die Gäubahn ist ein Kampf um die Bahn“ und „Das trojanische Pferd – Stuttgart 21 – der Film“).

(Zwischenbemerkung: Der Film „Das trojanische Pferd“ ist von Klaus Gietinger aktualisiert worden bis März 2025. Sprecht bitte KinobetreiberInnen darauf an, die Filme in ihr Programm zu nehmen!)

Nach diesen Themen aus dem AGB24, die uns hier in Stuttgart besonders bewegen, will ich noch ein paar Schlaglichter werfen auf andere Themen, die dem Redaktionsteam wichtig sind.

Ich zitiere sinngemäß, aber verkürzt die in der Einleitung genannten 8 Themenfelder:

  1. Kernaufgabe des Alternativen Geschäftsberichts ist eine Kritik der Politik und des Geschäftsgebarens der DB. Dieses schlägt sich nirgends so klar nieder wie in den Geschäftszahlen. Die Bahngesellschaften der Nachbarländer Deutschlands (DSB, CD, ÖBB, SBB) können über hervorragende Geschäftszahlen und neue Passagierrekorde in 2024 berichten.
  2. Dreh- und Angelpunkt für ein störungsfreies Funktionieren der Bahn ist der Zustand der Bahnin­fra­struktur. Die DB hat ihre Ingenieur- und Baukapazitäten im Wesentlichen auf die schon häufig kritisierten Großprojekte konzentriert.
  3. Die falsche Investitionsstrategie der DB im Fernverkehr hat in 2024 zum Passagierrückgang in diesem Marktsegment beigetragen. In dem boomenden Segment des Nachtzugverkehrs hält sich die DB vornehm zurück und betätigt sich für die ausländischen Anbieter, die erfolgreich in diesem Segment unterwegs sind, als Bremser.
  4. Das Deutschlandticket ist das einzig erfolgreiche Produkt der Verkehrswende der Ampelkoalition. Durch seine ungesicherte Finanzierung ist sein Fortbestand nach 2025 extrem gefährdet. Dazu tragen aber auch die reformunwilligen Aufgabenträger und Verkehrsverbünde sowie die bürokratischen Vergabestrukturen im Schienenpersonennahverkehr bei.
  5. Kritisch setzt sich der AGB24 auch mit den strukturellen ideologischen Scheuklappen auseinander, die zu den Fehlentwicklungen bei der DB beigetragen haben. Das betrifft sowohl den Fahrzeugbau wie auch die Infrastruktur und die Bahnhöfe als zentrale Zugangspunkte zum System Bahn. Diese wiederum fließen dann in den verkorksten 3. Zielfahrplanentwurf für den Deutschlandtakt ein. Kritisch setzen wir uns auch mit der derzeit gängigen Methodik der Nutzenermittlung als Grundlage von Investitionsentscheidungen für Bahnprojekte auseinander, die in hohem Maße manipulationsabhängig ist und aufgrund falscher Bewertungskriterien zu falschen Investitionsentscheidungen führt.
  6. Aus dem DB-Alltag kommen Beiträge zum Nachtzugverkehr, zur sträflich vernachlässigten Bordgastronomie im Fernverkehr und zur Verdrängung relevanter Probleme des Brandschutzes in Eisenbahntunneln, die durch die rasant anwachsende Zahl von Tunnelstrecken im Netz der DB künftig eine noch größere Bedeutung gewinnen werden. Gleichermaßen diskutiert wird die Aufarbeitung der schweren Eisenbahnunglücke von Burgrain und Rönneburg.
  7. Das Umweltthema treibt uns umso mehr um, je häufiger durch die Planung neuer Hochgeschwindigkeits- und damit verbunden gigantischer Tunnelstrecken die Belange des Umwelt- und Klimaschutzes immer wieder missachtet werden. Dazu die Artikel zum Greenwashing der DB und dem notwendigen Beitrag, den der Bahnverkehr zur CO2 -Reduktion des Verkehrssektors leisten muss, aber nicht leistet, weil der CO2-Rucksack bei der Evaluation von Neubauprojekten keine Rolle spielt.
  8. Last but not least wagen wir einen Blick in die Zukunft, die für die Deutsche Bahn eher grau aussieht. Eine neue Bundesregierung, die – wie es derzeit aussieht – wieder mehr dem Straßenbau zugeneigt ist und gerne die DB zerschlagen will, um den Fernverkehr leichter zur Finanzierung der Aufrüstung an Hedgefonds verscherbeln zu können.

Soweit die Themen im AGB24, zu denen in ca. 50 Beiträgen auf über 150 Seiten Auskunft erteilt wird. Zunehmend beteiligen sich auch KollegInnen vom „Aktionsbündnis Bahn Bürgerinitiativen Deutschland“ (https://abbd.info/) mit Beiträgen. Diese rund 55 Basisinitiativen und die Bürgerbahn-Denkfabrik gewinnen an Einfluss.

Liebe Freundinnen und Freunde einer besseren Bahn, wir sind mit den Problemen um den Tiefbahnhof und die Gäubahn nicht allein. Wenn es gelingt, die Bürgerbahninitiativen bundesweit effektiv zu vernetzen, können wir oben bleiben!

Rede von Ernst Delle als pdf-Datei

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