14. Jahrestag der Atomkatastrophe von Fukushima

Rede von Dr. med. Jörg Schmid, Internationale Ärzte für die Verhütung des Atomkrieges (IPPNW), auf der 748. Montagsdemo am 10.3.2025

Liebe FreundInnen einer vernünftigen Verkehrspolitik, liebe BefürworterInnen eines modernen Kopfbahnhofs,

nach dem schweren Erdbeben in Japan und dem folgenden dreifachen Super- GAU in der Atomanlage Fukushima Daiichi sind jetzt 14 Jahre vergangen. Gleichzeitig jähren sich dieses Jahr die Atombombenabwürfe auf Hiroshima und Nagasaki zum 80. Mal.

Noch nie war die Gefahr einer nuklearen kriegerischen Auseinandersetzung so greifbar wie heute. Alle Atomwaffenstaaten modernisieren ihre Arsenale. Und einzelne von ihnen drohen in den Kriegs-Konflikten wie in der Ukraine oder in Palästina offen mit dem Einsatz nuklearer Waffen. Zugleich erleben wir in der Ukraine in Saporischschja oder am Sarkophag in Tschernobyl die direkte Gefahr, die von AKWs in Konfliktgebieten ausgeht.

Das nukleare Tabu, das uns die Atombombenopfer als ihr Vermächtnis hinterlassen haben, ihr „Nie wieder“, droht, gebrochen zu werden.  Als ÄrztInnen der IPPNW sagen wir deshalb gerade heute am Fukushima-Jahrestag: Ein Atomwaffenverbot und der Ausstieg aus der zivilen Nutzung der Atomenergie gehören untrennbar zusammen! Denn ohne zivile Atomtechnik gibt es keinen Atombombenbau! Und wir sagen auch angesichts der aktuellen Debatte: Mut zur Abrüstung und Diplomatie statt Rückkehr zur alten Aufrüstung-Spirale!

Die Spuren einer radioaktiven Verstrahlung sind an den Orten einer nuklearen Katastrophe über Generationen festgeschrieben – das gilt für Hiroshima und Nagasaki, ebenso wie für Tschernobyl und Fukushima. Aus der Region um Fukushima wurden 150.000 Einwohner zwangsevakuiert. Zusätzlich flohen viele auf eigene Faust auch außerhalb der Sperrzonen, da sie den Angaben der japanischen Behörden nicht trauten – zu Recht, wie die von Greenpeace durchgeführten damaligen Radioaktivitätsmessungen ergaben. Bis heute, also andauernd seit 14 Jahren, gilt noch für insgesamt sieben Landkreise die Evakuierungsanordnung weiter.

In Fukushima gibt es also weiter keine Normalität. In den Reaktoren 1 und 2 befinden sich die geschmolzenen Brennstäbe, die wegen tödlicher Strahlendosen nicht entnommen werden können – diese müssen weiterhin mit 80 Tonnen Wasser täglich gekühlt werden, um eine Kettenreaktion zu verhindern. Gleichzeitig ist der bauliche Zustand der Reaktor-Ruinen besorgniserregend. Jedes erneute Erdbeben kann deren Einsturz bewirken – mit der Konsequenz einer erneuten Freisetzung von Radioaktivität.

Seit 2023 hat man mit der Einleitung des stark verseuchten Kühlwassers ins Meer begonnen. Zur Erinnerung: In Fukushima lagern über 1 Million Tonnen Kühlwasser, in einer riesigen Anzahl an Tanks. Vor der Einleitung wird das radioaktive Kühlwasser massiv verdünnt, um Grenzwerte einzuhalten: das ist eine grobe Täuschung der Bevölkerung, denn die Menge der gesundheitsgefährdenden Radioaktivität bleibt natürlich gleich, nur am Messpunkt der Einleitung treten geringere Werte auf.

Wir fordern deshalb: Stoppt sofort die Verklappung in Fukushima!

Als nächstes will die japanische Regierung die bei den Dekontaminierungsarbeiten abgetragene und in riesigen Halden in Plastiksäcken gestapelte Erde als „Recyclingmaterial“ überall im Land für Baumaßnahmen einsetzen. Die japanische Regierung ignoriert dabei die gesundheitlichen Gefahren der Niedrigstrahlung ebenso, wie sie den Zusammenhang zwischen den gestiegen Schild­drüsen­krebs­erkrankungen und dem Super-GAU verleugnet.

Wir sagen: Schluss mit der Täuschung und Verharmlosung radioaktiver Niedrig-Strahlung – und das nicht nur in Japan, aber auch bei uns in Deutschland!

Bei uns sind die Betriebsgenehmigungen aller deutschen AKWs erloschen, der Rückbau ist im vollen Gange. Darauf können wir stolz sein. Aber ... auch bei uns gibt es starken Druck der rechten und der rechtsextremistischen Parteien, den von uns erkämpften Atomausstieg wieder rückgängig zu machen, und diese Kräfte wollen noch mehr: Sie wollen die Einschränkung unserer Grund-, Menschen- und auch unserer Umweltrechte – und die brauchen wir für den Kampf gegen unsinnige Großprojekte wie Stuttgart 21.

Deshalb: Wir müssen uns gemeinsam gegen den Rechtsruck wehren! Nie wieder Faschismus! Hiroshima, Nagasaki, Fukushima und Tschernobyl mahnen uns, gleichzeitig für eine atomwaffenfreie Welt und für den Atomausstieg weltweit einzutreten.

Stehen wir als Umweltbewegung zusammen und fordern gemeinsam eine nachhaltige Energie- und Verkehrspolitik! Erneuerbare statt alte Atom-Antworten!

Abschalten und oben bleiben!

Rede von Jörg Schmid als pdf-Datei

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