Warum der Kopfbahnhof erhalten bleibt!

Rede von Jürgen Resch, Bundesgeschäftsführer Deutsche Umwelthilfe (DUH), auf der 716. Montagsdemo am 22.7.2024

Liebe Freundinnen und Freunde des Stuttgarter Kopfbahnhofs,

ganz schön was los dieser Tage, nicht? Ich meine jetzt mal nicht die Präsidentenwahl in den USA oder die Kriege in der Ukraine und im Nahen Osten. Nein, ich meine

  1. Deutschland mit seiner Klimaschutz-Politik
  2. Die Verkehrswende rückwärts durch den Porsche-Verkehrsminister Wissing
  3. Die neuesten Entwicklungen bei der Deutschen Bahn im Allgemeinen und dem Bahnhof Stuttgart im Besonderen

Das ist vielleicht auch der Grund, warum mich Tom aktuell im Acht-Wochen-Takt einlädt. Zuletzt habe ich am 18. März anlässlich der 700sten Montagsdemo und danach am 13. Mai hier zu euch sprechen dürfen. Erlaubt mir, mit dem Thema Klimaschutz in Deutschland zu beginnen.

Was für ein Krimi: Am vergangenen Montag hatten wir seit 10 Uhr vor dem Berliner Oberverwaltungsgericht für saubere Luft gekämpft. Neun Stunden lang dauerte das Rechtsgespräch. Auf der Gegenseite vertrat ausgerechnet das grüne Umweltministerium die Bundesregierung. Neun Stunden lang wurde dagegen angekämpft, mehr für die saubere Luft zu tun als das, was sie bisher beschlossen hatten.

Gegen Mittag erreichte uns die Nachricht, dass der Bundespräsident buchstäblich in allerletzter Minute – nach fast zweimonatiger Prüfung – doch seine Unterschrift unter die Entkernung des Klimaschutzgesetzes gesetzt hat. Letzten Montag lief nämlich auch die Frist aus, nach der Bundesverkehrsminister Wissing aufgrund des nun kastrierten Klimaschutzgesetzes gezwungen gewesen wäre, entweder ein Wochenendfahrverbot oder eben ein Tempolimit auf Autobahnen zu erlassen. Zu letzterem hätten wir Porsche-Minister Wissing gerne mit einem fertig vorbereiteten umfangreichen Klagetext im Rahmen eines gerichtlichen Eilverfahrens gezwungen.

Nun hieß es am Montag, während der zwei kurzen Pausen der bis in die Abendstunden dauernden Gerichtsverhandlung und während einer fast schlaffreien Montagnacht von einem Vollstreckungsverfahren auf die Einreichung einer Verfassungsbeschwerde umzustellen und die für den Folgetag geplante Pressekonferenz auf die neue Sachlage auszurichten. Was uns dann auch tatsächlich gelang! Etwas übermüdet, aber innerlich elektrisiert, haben wir am Dienstagmorgen der Rekordzahl von 77 Pressekonferenz-Teilnehmern unsere Verfassungsbeschwerde vorgestellt. Noch am Nachmittag machte sich ein Bote auf den Weg nach Karlsruhe. Zeitgleich mit dem Inkrafttreten des nun entkernten Klimaschutzgesetzes am vergangenen Mittwoch wurde bereits die 204-seitige Klageschrift an den Gerichtssenat verteilt.

Der rot-grün-gelben Ampelregierung werfe ich vor, sich mit dieser Gesetzesänderung vom Klimaschutz zu verabschieden! Diesen klaren Verfassungsbruch nehmen wir als DUH nicht hin und ziehen daher erneut vor das höchste deutsche Gericht – wie im Januar 2020 – was im April 2021 zum historischen Klimaschutzurteil und einem Grundgesetzartikel 20a als „Recht auf eine lebenswerte Zukunft“ geführt hat. Es ist ein Treppenwitz der Geschichte, dass das daraufhin unter einer Merkel-Kanzlerschaft verschärfte Klimaschutzgesetz von einer grün mitgetragenen Bundesregierung kastriert wird. Das werden wir nicht akzeptieren! Deutschland ist verpflichtet, den Pariser Klimabeschluss zur Einhaltung des 1,5-Grad-Ziels umzusetzen.

Dass wir uns so gut auf beide Situationen mit fertigen Schriftsätzen vorbereiten konnten, gelang nur durch die grandiose Unterstützung von Spendern und Klimaklagen-Paten, die uns überhaupt diese juristische Schnellboot-Rolle ermöglichen. Ich möchte mich an dieser Stelle bei allen bisherigen Unterstützern ganz herzlich bedanken!

Mit dem Einreichen der Verfassungsbeschwerde geht die Arbeit aber erst richtig los. Wir gehen fest davon aus, dass sich das Bundesverfassungsgericht sehr zeitnah mit unserer Argumentation beschäftigen wird. Der Präsident des Gerichts hat vor einigen Monaten geäußert, dass unsere Verfassungsbeschwerde aus dem Herbst 2023 zu den vier prioritären Verfahren des obersten deutschen Gerichts für dieses Jahr zählt. Wir gehen davon aus, dass diese gemeinsam mit der heutigen Beschwerde verhandelt wird.

Die von uns verklagte Ampel-Regierung wird mit umfangreichen Schriftsätzen, Gutachten ihrer Fachbehörden und Eingaben der Industrie in Karlsruhe dagegenhalten. Und von den fossilen Konzernen – insbesondere auch von der vor allem in Stuttgart konzentrierten Automobilindustrie – befürchte ich weitere Angriffe und Kampagnen gegen die DUH. Wir müssen nun bis zur Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts intensiv inhaltlich wie rechtlich für wirksame Klimaschutzmaßnahmen werben und auf alle rechtlichen Einlassungen und Gegengutachten schnell reagieren.

Mit dem seit heute geltenden, kastrierten Klimaschutzgesetz gibt sich die rot-gelb-grüne Ampelregierung einen Freibrief dafür, keine einzige konkrete Klimaschutzmaßnahme in dieser Legislatur mehr ergreifen zu müssen. Und dies, obwohl ihr eigener Expertenrat ihr das Reißen der verpflichtenden Klimaziele bis 2030 und erst recht für die Folgeperiode attestiert.

In Deutschland blockieren fossile Energie- und Autokonzerne eine wirksame Klimapolitik und zerstören unsere Zukunft sowie die unserer Kinder! Das nehmen wir nicht kampflos hin. Der Freifahrtschein gegen den Klimaschutz, den die Bundesregierung – insbesondere Autominister Volker Wissing – ausgestellt hat, zeigt sich aktuell in der Rückabwicklung der Verkehrswende. Anstatt die riesige CO2-Lücke von 180 Millionen Tonnen im Verkehr zu schließen, weitet die Ampel-Regierung die finanzielle Förderung von Klimakiller-Geländewagen und Luxus-Limousinen aus und schwächt gezielt den Schienengüter- und Personenverkehr.

Was hat uns die Bundesregierung nicht alles versprochen: 75% Streckenelektrifizierung der Bahn bis 2030, Verdopplung der Personenkilometer und Anstieg der Schienen-Gütertransporte auf 25%. Das Gegenteil wird praktiziert! Anstatt jährlich 700 - 1000 Kilometer Schienenwege zu elektrifizieren, ist die Zahl im vergangenen Jahr auf ganze 9 Kilometer zusammengebrochen – ein Hundertstel der politischen Zusage. Die Elektrifizierung neuer Bahnstrecken kam praktisch zum Stillstand.

Ich hatte im März dieses Debakel mit dem Bahnvorstand Dr. Lutz angesprochen. Und zu meiner Überraschung wurde mir erklärt, die Bahn werde jetzt den Diesel-Verkehr langfristig beibehalten – aber einfach umsteigen auf das Tanken des Skandal-Kraftstoffes HVO100, aus angeblich 100% altem Frittenfett. Allein, diesen Kraftstoff gibt es nicht in den notwendigen Reststoffmengen. Gemeinsam mit investigativen Journalisten sind wir gerade dabei, den Betrug mit Palm- und Sojaöl aufzudecken, aus dem offensichtlich die angeblichen Altöle aus Asien in Wirklichkeit bestehen.

In Wirklichkeit sollen Güter- und Personenverkehr auf der Schiene in den nächsten Jahren durch steigende Trassenpreise so verteuert werden, dass sich die Rekordinvestitionen in eintausend neue und ausgebaute Autobahnkilometer lohnen. Dazu passend sprechen Bahnvorstände, Regierungspolitiker und Friedrich Merz vom Gesundschrumpfen des Bahnangebots. Und Christian Lindner hat mal so eben 1 Milliarde Euro Bahnmittel auf den Autobahnbau umgewidmet. Das ist Wirtschaftsförderung des Jahres 2024 – zur großen Freude der Öl- und Autokonzerne!

Wir werden gerade jetzt besonders Druck machen, bis FDP-Minister Wissing aufgrund der rechtskräftig gewordenen Klima-Gerichtsentscheide die notwendigen Klimaschutz-Maßnahmen auf den Weg bringen muss: Allein ein Tempolimit von 100 km/h auf Autobahnen, 80 km/h außerorts und 30 km/h in der Stadt spart mit über 11 Millionen Tonnen CO2 mehr als die Hälfte der diesjährigen Emissions-Lücke im Verkehrssektor ein. Ein Stopp der steuerlichen Absetzbarkeit und damit bis zu 59-prozentigen Subvention von spritdurstigen Klimakiller-Dienstwagen und eine Senkung statt Erhöhung der Schienenbenutzungsgebühr für Gütertransporte können ebenfalls sofort beschlossen und umgesetzt werden.

Vor Wochen kündigte Wissing angesichts des am 15. Juli fällig gewesenen Sofortprogramms richtigerweise an, für den Fall der nicht rechtzeitigen Änderung des Klimaschutzgesetzes die Klimagasemissionen im Verkehrsbereich mit drastischen Maßnahmen absenken zu müssen. Er nannte zur Abschreckung ein generelles Wochenend-Fahrverbot. Ich begrüßte damals ausdrücklich das Eingeständnis von Auto-Minister Wissing, dass eben nur ein wirksames Klimaschutzgesetz – wie wir es nun über die Verfassungsbeschwerde wiederherstellen wollen – die notwendigen Klimagaseinsparungen im Verkehrsbereich erzielen kann. Und ich habe das Tempolimit als sanftere und mindestens gleichwertig wirksame Alternative benannt. Kein anderes Land hat ein Wochenendfahrverbot für zwei Tage eingeführt, nur um an den verbleibenden fünf Tagen in eine besinnungslose Raserei zu verfallen. Alle Industriestaaten haben klug an jedem Tag der Woche einfach die Höchstgeschwindigkeit begrenzt – und denselben Einsparungsbetrag an Klimagasen erreicht.

Ich verspreche Ihnen: Wir werden über unsere bereits vier gewonnenen und nun beim Bundesverwaltungsgericht in Leipzig zur Bestätigung liegenden Klimaklagen wie auch über unsere Verfassungsbeschwerde wirksame Klimaschutzmaßnahmen gegenüber der Bundesregierung und der Industrie durchsetzen. Wir werden weiter Druck machen, bis die Bundesregierung ausreichende Klimaschutzmaßnahmen auf den Weg bringt. Und ich verspreche Ihnen heute, dass wir das mit unserem gesamten hochprofessionellen Klimaschutz-Team der DUH und dem juristischen Team rund um Prof. Remo Klinger schaffen werden.

Remo Klinger ist auch unser Anwalt, der für den Erhalt der Gäubahn – und damit auch für den Erhalt des Kopfbahnhofs in Stuttgart – kämpft. Unsere vor einem Jahr eingereichte Klage gegen die Bundesregierung und gegen den Staatskonzern Deutsche Bahn AG entwickelt sich immer mehr zum Game-Changer.

Es war für mich ein besonderer Moment, vor drei Wochen hier in Stuttgart gemeinsam mit Claus Weselsky, dem Chef der Lokführergewerkschaft, vor die Presse zu treten und für den unterbrechungsfreien Anschluss der Gäubahn an den Stuttgarter Hauptbahnhof zu werben – und Neuigkeiten über unsere Klage vor dem Stuttgarter Verwaltungsgericht zu verkünden.

Um zu kaschieren, dass der Tiefbahnhof S21 zu klein ist, um auch nur die aktuellen Bahnverbindungen in Stuttgart abwickeln zu können, plant die Deutsche Bahn eine langjährige Unterbrechung der wichtigen Bahnmagistrale Stuttgart – Rottweil – Singen – Zürich – Mailand vom Hauptbahnhof. 1,5 Millionen Menschen im südlichen Baden-Württemberg, aber auch Reisende von und nach der Schweiz und Norditalien wären vom Bahnnetz abgeschnitten worden – und das für bis zu 15 Jahre.

Die Unterbrechung der Gäubahn soll so lange bestehen, bis der sogenannte Pfaffensteigtunnel gebaut ist. Dann sollen die Züge aus dem Süden direkt in den neuen Tiefbahnhof von Stuttgart 21 fahren. Doch dieser mit 12 km dann längste Bahntunnel Deutschlands mit aktuell geschätzt drei Milliarden Euro Baukosten ist bis jetzt weder planfestgestellt noch finanziert. Gemeinsam mit dem ehemaligen Schweizer Bahnchef Benedikt Weibel bin ich mir sicher, dass er nie gebaut wird.

Aber unabhängig ob die Gäubahn „nur“ für 15 Jahre oder dauerhaft vom Bahnknoten Stuttgart abgetrennt wird – wir lassen uns das nicht gefallen! Erstmals in Deutschland klagen wir nicht gegen einen Planfeststellungsbeschluss, sondern dass der bestehende zum Bau von S21 korrekt umgesetzt wird. Darin enthalten ist die Auflage, dass die Gäubahn allenfalls für wenige Monate vom Stuttgarter Bahnhof abgetrennt werden darf, zum Beispiel für Modernisierungen an der Strecke und ein modernes Stellwerk.

Unsere Klage nimmt nun Fahrt auf. Das Stuttgarter Verwaltungsgericht hat sich Ende Juni zu Wort gemeldet und der Bundesregierung und der Deutschen Bahn „wegen Anspruch auf ordnungsbehördliches Eingreifen zur rechtmäßigen Umsetzung der Planfeststellungsbeschlüsse ‚Stuttgart 21‘ wegen langjähriger Abbindung der sogenannten Gäubahn“ eine Frist bis zum 1. August 2024 eingeräumt, um zu erklären, ab welchem Zeitpunkt mit „baulichen Maßnahmen jedweden Trägers“ zu rechnen ist, die dazu führen, dass Züge nicht mehr wie bisher über die Gäubahnstrecke den Stuttgarter Hauptbahnhof anfahren können.

Damit müssen Eisenbahnbundesamt und Deutsche Bahn AG verbindlich erklären, wann sie nach bisherigem Zeitplan bauliche Maßnahmen beispielsweise an der Panoramabahn beziehungsweise im Bereich der Stellwerke und Signaltechnik planen, die zu einer rechtswidrigen Abbindung der Gäubahn führen würden. Da die Entscheidung des VG Stuttgart zudem in einer Berufungs- bzw. Revisionsinstanz (VGH Mannheim bzw. BVerwG Leipzig) überprüft werden muss, rechnen wir mit einer Verhandlung des VG Stuttgart nach der Sommerpause.

Zahlreiche Oberbürgermeister entlang der Gäubahnstrecke unterstützen uns, genauso wie immer mehr Landtags- und Bundestagsabgeordnete. Mitte Juni hatte ich eine große Veranstaltung gemeinsam mit dem ehemaligen Schweizer Bahnchef Benedikt Weibel. Der Singener Oberbürgermeister Bernd Häusler (CDU) formulierte am Ende die gemeinsame Botschaft der von den aktuellen rechtswidrigen Planungen betroffenen 1,5 Millionen Menschen: Alle Hoffnungen lägen auf der DUH und unserer Klage.

Ich bin froh, nun auch noch einen der profundesten Kenner des deutschen Bahnsystems auf unserer Seite zu wissen. Gemeinsam mit Claus Weselsky fordern wir die Deutsche Bahn AG auf, die Gäubahn dauerhaft über die bisherige Strecke weiter in den Kopfbahnhof einfahren zu lassen und den ab Ende 2025 geplanten Parallelbetrieb von Kopf- und Tiefbahnhof nicht nur für ein Jahr sondern dauerhaft beizubehalten. Damit hilft unsere Gäubahnklage, den Bahnknoten Stuttgart dauerhaft leistungsfähig zu erhalten und auch die Verdopplung des Personenverkehrs bis 2030 auf der Schiene überhaupt abwickeln zu können.

Ich setze mich aktuell in offiziellen wie informellen Gesprächen mit Bundes- und Landesregierung, mit Abgeordneten, dem Vorstandsvorsitzenden der Deutschen Bahn Dr. Lutz genauso wie mit den informell mit uns sympathisierenden Experten im Bahnmanagement dafür ein, dass sich die Bahn endlich ehrlich macht und eingesteht, dass ein leistungsfähiger Bahnknoten Stuttgart nicht ohne den zusätzlichen Erhalt des Kopfbahnhofs funktioniert. Und wir wechseln nicht nur schöne Worte, sondern wir werden diese Position durch unsere Klage durchsetzen.

Für eine auch aus Klimaschutzgründen notwendige Verdopplung des Bahnverkehrs bis 2030 muss die Gäubahn dauerhaft nach Stuttgart angebunden und zudem schnellstmöglich modernisiert werden. Und ganz konkret fordern wir von Bahnchef Richard Lutz, dem Oberbürgermeister der Landeshauptstadt Stuttgart Dr. Frank Nopper und vom baden-württembergischen Verkehrsminister Winfried Hermann: Nehmt endlich den Kopf aus dem Sand und bereitet euch vor für den Fall des Erfolgs der DUH-Klage. Wir fordern einen „Plan B“ für den dauerhaften und nicht nur temporären Doppelbetrieb von Kopf- und Tiefbahnhof.

Und um dies den Stuttgartern zu versüßen, haben wir in unserer Pressekonferenz aufgezeigt, wie andere Länder und Städte durch die Überbauung des Kopfbahnhofs dennoch eine städtebauliche Nutzung dieser Fläche betreiben können. Sicherlich eine Provokation für die Autokonzerne in Stuttgart, dass dann in den Gebäuden moderne Züge und nicht klimaschädliche SUVs in der Tiefgarage parken.

Und es gibt weitere gute Nachrichten. Eher am Rande: Stuttgart hat festgestellt, dass ihnen das Geld zum Bebauen des Gleisvorfeldes fehlt. Und Gewerbeimmobilien werden derzeit wie sauer Bier angeboten. Aber darauf vertrauen wir nicht. Ich habe noch was im Köcher:

Die Entwidmung von Bahnflächen ist nach der letzten Änderung des Allgemeinen Eisenbahngesetzes überhaupt nur noch möglich, wenn ein „überragendes öffentliches Interesse“ besteht. Das könnten Projekte zugunsten der Landesverteidigung, Wind- oder Solarprojekte oder bestimmte Bundes-Fernstraßenvorhaben sein. „Der Bau von Wohnungen oder die Schaffung von Arbeitsplätzen gehöre nicht dazu“, so interpretiert der Städtetag zumindest Angaben des EBA.

Das hilft uns hier in Stuttgart. Für das Gleisvorfeld des Hauptbahnhofs hat die Stadt bisher keinen Entwidmungsantrag gestellt. Also auch keine Berufungsmöglichkeit auf das alte Gesetz. Das heißt: Das neue Recht lasse eine Entwidmung des Gleisvorfeldes zugunsten von Gebäuden, wie von der Stadt Stuttgart vorgesehen, nicht zu.

Darauf alleine verlasen wir uns nicht, hiermit kündige ich das nächste Rechtsverfahren gegen die Bundesrepublik Deutschland und die Deutsche Bahn AG an: Aktuell läuft das Planfeststellungsverfahren „Stuttgart Rückbau Gleisvorfeld Stuttgart Hauptbahnhof ‚Betriebsgleise‘“. Wir werden als DUH bis zum 22. August eine umfangreiche Stellungnahme einreichen und hoffen, damit diese Maßnahme verhindern zu können. Aber wir verlassen uns da nicht darauf. Sollte ein Planfeststellungsbeschluss ergehen, werden wir durch alle Instanzen gegen diese Maßnahme klagen. Angesichts der verschärften Rechtsgrundlage des neuen Eisenbahngesetzes wird dies sicher eine Musterklage, die dann bis zum Bundesverwaltungsgericht nach Leipzig gehen wird.

Für unsere Klageverfahren, die notwendigen Gutachten und den Aufbau einer immer größeren Allianz von Menschen und Institutionen, die die Gäubahn erhalten wollen, brauche ich eure Unterstützung! Wir haben bei weitem nicht ausreichende finanzielle Mittel für diesen Einsatz für eine nicht nur erhaltene sondern schnell durchgehend auch zweigleisig wieder ausgebaute Gäubahn. Bisher unterstützen uns immerhin 120 Gäubahn-Paten. Wir rechnen mit einer erbitterten Gegenwehr, Anträgen und Gegengutachten, auf die wir jeweils schnell und fachkundig reagieren müssen. Zudem rechne ich mit der Notwendigkeit, diese Grundsatzklage bis hinauf zum Bundesverwaltungsgericht zu führen.

Ich bitte Euch ganz herzlich und persönlich: Unterstützt alle Aktiven hier in Stuttgart und entlang der Gäubahn. Geht auf die Veranstaltungen, sprecht mit Politikern und spendet an die Aktiven vor Ort. Nur wer dann noch Geld übrig hat, den bitte ich, auch unsere Rechtsverfahren mit einer Spende oder noch besser einer Gäubahn-Patenschaft zu unterstützen!

Wir werden es schaffen – oben zu bleiben! Wenn wir alle daran glauben und uns gemeinsam dafür einsetzen!

Rede von Jürgen Resch als pdf-Datei

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