19.10.2023 Pressemitteilung von Bürgerbahn – Denkfabrik für eine starke Schiene
„Bürgerbahn – Denkfabrik für eine starke Schiene“ begrüßt die späte und leider sehr verlustreiche Einsicht des DB AG-Managements, sich von seinen Auslandsgeschäften mit Arriva zu trennen. Das ist ein erster Schritt in die richtige Richtung. Damit wird eine alte Forderung von „Bürgerbahn statt Börsenbahn“, dem Vorläufer von „Bürgerbahn-Denkfabrik für eine starke Schiene“ zur Beendigung der Globalisierungsaktivitäten der DB AG wenigstens in einem ersten Schritt erfüllt.
Bürgerbahn hat aber ganz generell die Globalisierungsaktivitäten der DB AG von Anfang scharf kritisiert. In der langen Serie alternativer Geschäftsberichte, die immer parallel zum offiziellen Geschäftsbericht des DB Konzerns veröffentlicht wurden, hat Bürgerbahn immer wieder auf die hohen Verluste dieser Auslandsgeschäfte verwiesen. Die ganze Dimension dieser Auslandsengagements wird erkennbar, wenn man den Gesamtumsatz der DB AG nach Inland und Ausland betrachtet. Mittlerweile sind die Auslandsgeschäft mit 56,5 % am Gesamtumsatz beteiligt. Es wird höchste Zeit, die Umorientierung auf das Kerngeschäft wirklich anzugehen und alle Auslandsgeschäfte der DB AG kritisch zu überprüfen. Die Bahn versteckt in ihren eigenen Geschäftsberichten gern diese Fakten und minimalisiert den Umsatzanteil branchenfremder und ausländischer Geschäfte auf nur 20 %, der Rest wird in den Bilanzen geschickt versteckt. Allein die Umsätze von Arriva und Schenker summierten sich im Jahr 2022 auf 31,8 Mrd. €.
Die DB stellt den Verkauf von Arriva als ersten Schritt zum Rückzug von der bisherigen DB-Strategie „Global Player“ sein zu wollen, dar. Dazu der Finanzvorstand der DB Dr. Levin Holle: „Das strategische Ziel der Deutschen Bahn ist es, Rekordinvestitionen in den umweltfreundlichen Schienenverkehr im deutschen Kerngeschäft zu tätigen. Damit verbunden ist eine massive Steigerung der Investitionen gemeinsam mit der deutschen Bundesregierung in unsere Schieneninfrastruktur und unsere Züge. Somit steht der unterzeichnete Kaufvertrag im Sinne der Starken Schiene.“
Gut so, kann Bürgerbahn da nur kommentieren. Aber wirklich und gründlich und seriös. Denn der Käufer von Arriva ist alles andere als ein seriöses Unternehmen, sondern nur ein windiger US-Hedgefonds, der in seinem Portfolio alle möglichen Infrastrukturbereiche von Logistik, Energieerzeugung bis Straßenbau, Abwassereinigung usw. hält. Mit Nahverkehr hatte er bislang nichts zu tun. Er wird Arriva sicher, wie das solche Fonds üblicherweise machen, nach Strich und Faden ausquetschen, ein Maximum an Geld heraussaugen und das strukturell und finanziell geschwächte Unternehmen danach an einen anderen „strategischen Investor“ weiterverkaufen. Zwar verkündet er, „Arriva bei seinem zukünftigen Wachstum zu unterstützen“, aber davon wird nach Abschluss des Kaufvertrages und Übertragung der Assets wenig übrigbleiben. Leidtragende dieser Strategie sind wie üblich bei solchen Transaktionen die Beschäftigten von Arriva, die Fahrgäste des Unternehmens und zum Teil auch die Auftraggeber, die Verkehrsleistungen an Arriva vergeben haben.
Ob überhaupt der Erlös aus dem Arriva-Verkauf in Infrastrukturinvestitionen bei der DB landet, ist höchst zweifelhaft. Eher werden erst mal die Verluste aus dem Arriva- Engagement abgedeckt. Und wann das verkaufte Arriva „ausgelutscht“ dem nächsten Hedgefond zum Fraße vorgeworfen wird, ist sicher nur eine Frage von wenigen Jahren.
Insofern ist mit dem Arrivaverkauf noch lange keine durchgreifende Kurskorrektur erkennbar. Denn bislang haben alle Bundeskanzler seit der Bahnreform die Globalisierungsaktivitäten der DB AG unterstützt. Erst kürzlich hat sich die Bahn wieder in Katar und in Kanada engagiert (um dort den gesamten Schienenverkehr in Toronto zu übernehmen). Und in den USA hat die DB AG sich im börsennotierten Speditionsunternehmen „USA Truck“ eingekauft, mit dessen 1.900 LKW sie in USA Logistikgeschäfte betreiben will. Damit geht die DB mal wieder wie bei Schenker „auf die Straße“ , während sie in Deutschland das Schienennetz weiter vernachlässigt. In Ägypten soll sich die DB unter dem Beifall des Kanzlers beim Ausbau eines Hochgeschwindigkeitszuges engagieren.
Das alles spricht nicht für ein Ende der globalen Engagements der DB AG. Nicht nur Bürgerbahn kritisiert diese Geschäftspraktiken der DB, sondern auch der Bundesrechnungshof weist auf die hohen Risiken hin, die mit diesen Auslandsgeschäften der DB AG verbunden sind.
Fazit: die Bahn muss sich endlich auf ihre verkehrspolitischen Hausaufgaben der Ertüchtigung der Bahn für die klimapolitische dringende Verkehrswende konzentrieren. Nur zur Erinnerung: Gekauft wurde Arriva für 2,7 Mrd. €. Der jetzt angebahnte Verkauf wird voraussichtlich nur noch 1,2 Mrd. bringen. Deswegen muss diese erste Revision der Auslandsschäfte und branchenfremden Geschäfte gründlich weitergeführt werden, dass daraus eine Vollbremsung zu Gunsten des Kerngeschäfts wird.
Dazu Prof. Monheim, Sprecher von Bürgerbahn – Denkfabrik:
„Der Verkauf von Arriva ist ein erster, kleiner Schritt in die richtige Richtung. Aber er reicht nicht. Sämtliche Auslandsengagements der DB AG und sämtliche branchenfremde Aktivitäten wie z.B. bei Schenker müssen kritisch überprüft werden. Wir brauchen ein Bahnmanagement, das sich voll auf die dringenden Aufgaben des Bahnnetzausbaus und der Bahnnetzsanierung in Deutschland konzentriert und dabei nicht nur ein paar Korridore sondern das ganze Land im Blick hat, damit eine attraktive Flächenbahn endlich die nötige Verkehrswende bringt. Wir brauchen eine Verkehrspolitik, die Vorstand und Aufsichtsrat auf diese Kernaufgabe orientiert.“