Rede von Dipl.-Ing. Karl-Heinz Peil, Frankfurt, auf der 667. Montagsdemo am 17.7.2023
Ich möchte einleiten mit einem Hinweis auf den Stand der seit Ende 2018 laufenden Vorbereitungen und beginnenden Bauplanungen für das Projekt Fernbahntunnel Frankfurt: Ende Mai fand dazu in Frankfurt ein Podiumsgespräch mit dem regionalen Projektleiter der DB Netz, Herrn Bolte, statt.
Bereits die Umstände dieser Veranstaltung waren etwas dubios. Eingeladen hatte der Verein „Kulturelles Frankfurt“ in den großen Saal der Evangelischen Akademie. Von den 100 Plätzen war nur die Hälfte belegt, denn die Ankündigung dieser Veranstaltung wurde quasi als Insidertipp verbreitet, so z.B. über den örtlichen BUND und das Frankfurter Bündnis Verkehrswende.
Bezeichnend war, dass nach der Veranstaltung der örtlich gut bekannte Verkehrsexperte der CDU und Befürworter des Projektes im Gespräch zu mir meinte, dass die Kommunikationspolitik der DB-Netz katastrophal sei – nun ja, das kann man so sehen. Ich meine aber, dass die DB Netz hier ein Projekt plant, bei dem die Öffentlichkeitsarbeit strategisch perfekt konzipiert ist. Diesbezüglich können wir in Frankfurt von euch in Stuttgart wohl einiges lernen, wie auch die Ende April erfolgte erste Vorführung des Dokumentarfilms „Das trojanische Pferd“ von Klaus Gietinger gezeigt hat. Diese war übrigens besser besucht als die oben genannte Podiumsveranstaltung.
Doch der Reihe nach: Es gab in den 90er Jahren auch in Frankfurt Bestrebungen – ebenso wie jetzt mit Stuttgart 21 – den kompletten Hauptbahnhof nach unten zu verlagern. Dieses konnte zum Glück verhindert werden. Im Jahr 2003 gab es dann ein umfangreiches Konzept, um die Engpässe im Bahnnetz des Rhein-Main-Gebietes oberirdisch auszubauen. Davon wurde aber bis heute nur ein Teil realisiert. Hauptgrund dafür ist, dass alle Ausbaumaßnahmen nur sehr schleppend verlaufen und für eine Vielzahl kleinerer Projekte vor allem personelle Ressourcen fehlen, wie im letzten Jahr der Fahrgastverband Pro Bahn kritisierte.
2018 gab es dann einen Paukenschlag. Nach der allgemein begrüßten Ankündigung zur Einführung des Deutschlandtaktes im Fernverkehr der Bahn bis zum Jahr 2030 hieß es aus dem Bundesverkehrsministerium mehrere Wochen später: Für den Deutschlandtakt benötige man einen zusätzlichen Tiefbahnhof unter dem bestehenden Kopfbahnhof in Frankfurt, wegen einem dafür notwendigem Zeitgewinn. Die dafür geschätzten Kosten von etwas mehr als drei Mrd. Euro könnten bereit gestellt werden, vorbehaltlich einer zu erstellenden Machbarkeitsstudie. Auch hierfür gab es regional weitestgehende Zustimmung, denn die Verknüpfung mit dem Deutschlandtakt klang ja einleuchtend.
Als aber Ende Juni 2021 diese Machbarkeitsstudie vorgestellt wurde, gab es erste Irritationen. Realisierbar bis zur Inbetriebnahme sei dieses Projekt erst bis zu einem Zeitpunkt nach 2040. Hoppla, hätte man das nicht von Anfang an sagen können, ganz ohne Machbarkeitsstudie? Nun ja, das kann man auch als strategische Kommunikation bezeichnen.
Ich komme nun zu dem Grund, warum ich hier stehe mit meinem Redebeitrag. Nachdem ich die sogenannte Machbarkeitsstudie intensiv geprüft und kommentiert hatte, um Anstöße für die örtliche Debatte zu geben, war eine spezielle Thematik noch unterbelichtet. Von den ca. 170 Seiten des Erläuterungsberichtes befassen sich ca. 120 Seiten mit baulichen Varianten und ca. 50 Seiten mit allen Aspekten der Brandsicherheit bei unterschiedlichen Tunnelvarianten und den Anforderungen an den Tiefbahnhof. Wohlgemerkt: Der Brandschutz wird dort ausführlich behandelt, ohne jedoch Antworten auf die aufgeworfenen Fragen zu geben.
Nun bin ich selbst zwar seit langen Jahren lokal bekannt als Umweltaktivist, habe aber auch eine berufliche Vergangenheit als Ingenieur in der Technischen Gebäudeausrüstung. Diese begann vor 45 Jahren damit, dass ich mit Unterstützung der Frankfurter Feuerwehr eine Diplomarbeit über Brandschutz in Krankenhäusern verfasst habe. Infolgedessen spielten in meiner Berufstätigkeit unterschiedlichste Aspekte des Brandschutzes eine große Rolle. Als Fachingenieur war ich mit der Umsetzung der Vorgaben befasst, die von Brandschutz-Fachplanern erstellt wurden. Diese wiederum haben selbstverständlich bei den ersten Baubesprechungen eines Projektes darauf verwiesen, dass man bereits mit der örtlichen Feuerwehr gesprochen habe.
Bei Projekten in Frankfurt hat dieses noch eine besondere Bedeutung, gilt diese schließlich seit Jahrzehnten als berühmt-berüchtigt für strenge und von Fachplanern als überzogen geltende Anforderungen, die noch aus Hochhausbränden in früheren Zeiten ihren Ursprung haben.
In meinem ersten Fragenkatalog an die DB Netz nach Durchsicht der Machbarkeitsstudie war deshalb auch die Frage enthalten, ob es denn Absprachen mit der Branddirektion Frankfurt gebe. Die Antwort fiel schwammig und unverbindlich aus: Man werde demnächst – d.h. Anfang 2022 – damit beginnen, Gespräche mit der Stadt Frankfurt zu dem Projekt zu führen. Eine Anfrage an den Magistrat der Stadt Frankfurt ergab jedoch, dass – Stand Anfang dieses Jahres – keinerlei Rückfragen und Absprachen mit der Branddirektion erfolgt sind. Eine weitere Anfrage an die DB Netz im Frühjahr letzten Jahres beinhaltete dann eine Reihe von Einzelfragen zum Brandschutz, die sich aus der damals von mir bereits erfolgten Zusammenarbeit mit Hans Heydemann und Christoph Engelhardt ergaben. Diesmal gab es gar keine Antwort.
Wir haben dann trotz der offenen Fragen gemeinsam eine „Fachtechnische Bewertung des Brandschutzes beim Fernbahntunnel“ fertiggestellt, die Anfang April vom „Frankfurter Bündnis Verkehrswende“ veröffentlicht wurde. Erst vor kurzem habe ich auf Umwegen erfahren, dass man bei der DB Netz sich sehr wohl mit unserer Studie befasst, dass man dort aber eine Nicht-Kommunikation mit uns offenbar für zweckmäßiger hält. Die DB Netz hat hierbei den Vorteil, dass das Thema Brandschutz nach einer Expertendebatte klingt und alle Aussagen dazu als noch verfrüht dargestellt werden können, denn schließlich beginnt man erst jetzt bei der Bahn mit der eigentlichen Bauplanung.
Ganz anders sieht es hingegen bei dem Thema aus, das nicht nur das Frankfurter Bündnis Verkehrswende, sondern größere Teile der Öffentlichkeit brennend interessiert: Welche Klimabilanz ergibt sich eigentlich für dieses Großprojekt? Im Anhang unserer Brandschutzstudie hat nun Hans Heydemann dankenswerterweise mit viel Kleinarbeit eine Klimabilanz des Projektes Fernbahntunnel erstellt. Warum? Nun, aus rein fachlicher Sicht kann man das Ergebnis unserer Brandschutzstudie wie folgt zusammen fassen: Wenn man gegenüber den derzeitigen Vorplanungen noch wesentlich mehr Beton in den Untergrund bringen würde, könnte auch die Brandsicherheit von Tunnel und Tiefbahnhof entsprechend verbessert werden – was aber die Klimabilanz des gesamten Projektes noch katastrophaler machen würde.
Wie geht nun die DB Netz damit um? Bei der von mir vor zwei Jahren erfolgten Anfrage zur Machbarkeitsstudie war auch folgende Frage enthalten, die ich hier mal zitiere: „Inwieweit ist basierend auf den Vorgaben des Klimabeschlusses des Bundesverfassungsgerichtes vom 23.4.2021 eine Klimabilanz dieses Einzelprojektes im Rahmen der strategischen Umweltprüfung vorgesehen?“
Statt einer eindeutigen Antwort gab es aber nur verschwurbelte Formulierungen, wie: „Der Fernbahntunnel ist wesentliches Element des Deutschlandtaktes und der Verkehrswende und trägt damit aktiv zum Klimaschutz bei. Selbst unter Einbeziehung der Emissionen der Infrastrukturbereitstellung ist der Schienenpersonen- und Schienengüterverkehr der mit Abstand klimafreundlichste motorisierte Verkehrsträger… Gemeinsam mit der Bauindustrie arbeitet die DB in der Zukunftsinitiative Bahnbau bereits an innovativen und nachhaltigen Bauverfahren. So können Sensoren im Beton die Betonqualität und damit Langlebigkeit verbessern, Bakterien werden zur Betonsanierung eingesetzt. ...“
Diese Auszüge sollen hier genügen. Unsere Aussage – auch in Frankfurt – sowohl zum Brandschutz wie auch zum Klimaschutz ist ganz einfach und eindeutig: Oben bleiben!
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