Rede von Hermann Schmid, SPD-Mitglied gegen S21 aus Waiblingen, auf der 620. Montagsdemo am 18.7.2022
Norbert, vielen Dank – Du hast ja diesen Schaumschläger-Preis hier erfunden und ihn, wie man hier hinten sieht, auch selbst modelliert. Heute verleihen wir ihn nun an Martin Körner, den ehemaligen Fraktionsvorsitzenden der SPD im Stuttgarter Gemeinderat. Als des Lateinischen kundiger Denkmalschützer hast Du mir als Motto dieser Verleihung vorgeschlagen: „Quo vadis, Martin?“ – also „Wohin gehst Du, Martin?“ Allerdings wissen wir ja schon, wo Martin Körner hingeht oder besser: hingegangen ist – nämlich als Chefberater zum politischen Gegner, dem Stuttgarter Oberbürgermeister. Da ich in der Schule ebenfalls Latein gelernt habe, frage ich lieber „Ubi stas, Martin?“ – „Wo stehst Du, Martin?“ Und ich finde: bei Stuttgart 21 jedenfalls auf der falschen Seite! Deshalb verdient er diesen Preis – und ich werde dessen Vergabe hier nun auch begründen:
Also, liebe Schaumschlägerpreis-Verleihungsgemeinde, lieber Preisträger, lieber Martin Körner. Ich, Hermann Schmid aus Waiblingen, stehe hier als Mitglied der SPD gegen Stuttgart 21, als Sozialdemokrat, der vor 52 Jahren in diese Partei eingetreten ist – während Du gerade noch im Bauch Deiner Mutter heranreiftest. Ich darf Dich also duzen und Dich einen „Genossen“ nennen.
Ich weiß, Du bist ein schlauer Kopf – wesentlich schlauer jedenfalls als Stuttgarts Oberbürgermeister Frank Nopper, der Dich deswegen ja geholt und Dir zum 1. Juli die Leitung des Referats „Strategische Planung und Nachhaltige Mobilität“ der Stadt Stuttgart anvertraut hat.
Strategische Planung und Nachhaltige Mobilität machst Du nun also – Du, der Du es gerade daran in den letzten Jahren leider sichtlich und komplett hast fehlen lassen. Du, der Du als Nachfolger des Heimerl-Spezis Professor Dr. Rainer Kußmaul, meines ehemaligen ÖTV- und ver.di-Gewerkschaftskollegen Manfred Kanzleiter und der am Ende amtsmüden Roswitha Blind ab 2014 die Stuttgarter SPD-Gemeinderatsfraktion weiter auf den Tiefbahnhof eingeschworen und so die Partei in der Wählergunst noch tiefergelegt hast.
Während eines „SPD-Dialog-Forums“ 2016 in Böblingen behauptete der damalige Landesvorsitzende, mein Namensvetter Nils Schmid, „Stuttgart 21“ sei ein „Minderheitenthema“, mit dem keine Wahlen zu gewinnen seien. Ich aber sage: Eine Politik, wie sie die SPD-Führung in Sachen S21 nun schon seit Jahrzehnten betreibt, ist sehr wohl dazu angelegt, um Wahlen zu verlieren. Wir sehen das Jahr für Jahr, Wahl für Wahl.
Warum also, lieber Martin Körner, hast Du Dein Mandat, Dein Amt und Deinen Verstand nicht dazu genutzt, um dieses fehlgeplante, sündteure, brandgefährliche, umweltschädliche, leistungsschwache, überholte und saumselige Projekt „Stuttgart 21“ noch zu stoppen? Oder wenigstens all die Fehler einzugestehen, die von der Stuttgarter SPD-Fraktion in all den Jahren begangen worden sind?
Zahllose engagierte Mitglieder haben unsere Partei wegen dieses unsäglichen Vorhabens verlassen, viele Sozialdemokrat*innen haben inzwischen resigniert oder wählen nun oft nicht mal mehr die Kandidatinnen und Kandidaten ihrer eigenen Partei. Kein Wunder, dass die SPD in Baden-Württemberg immer mehr verkümmert.
„Eine Partei, die nicht bereit ist, ihre bisherige Politik zu überprüfen und – wo notwendig – zu ändern, die stur an alten Beschlüssen festhält, darf sich nicht wundern, wenn Wähler*innen und Mitglieder sich abwenden.“ Das hatte nach der wieder mal für die SPD verlorenen Gemeinderatswahl im Jahre 2009 unser leider viel zu früh verstorbener Mitstreiter und Genosse Peter Conradi gemahnt: „Verlorenes Vertrauen zurückzugewinnen“ sei schwer und beginne „mit der selbstkritischen Prüfung und der Bereitschaft, neue Antworten zu finden“. Und, so fragte Peter Conradi damals: „Wann beginnt die SPD Stuttgart damit?“
Du, lieber Martin Körner, hast in Deiner Zeit an der Spitze der Stuttgarter SPD-Fraktion leider nicht damit begonnen. Deshalb hast Du Dir heute nun diese Auszeichnung auch verdient – den Schaumschläger-Preis des Aktionsbündnisses gegen Stuttgart 21.
Rede von Hermann Schmid als pdf-Datei
Ja, es ist traurig mit der SPD im Land, ich hatte immer auf Einsicht gehofft. Weshalb Nils Schmid die SPD aufs „Abstellgleis“ geführt hat, verstehe ich immer noch nicht.
Schaumschlagende gibt es ja grad genug, die zur Kaste der Politiker*innen zu zählen sind – nicht alleine in der Partei SPD … obwohl [1]
Jetzt ist es mitunter gar nicht so leicht die Schaumschlagenden zu erkennen. Es steht diesen nicht sogleich erkennbar ins Gesicht geschrieben. Vor dem Mund ankommend, was auch äußerst selten zu erleben ist – es sei denn, deren Erregtheit bringt zum überbordenden Wortschwall die feuchte Aussprache hinzu.
Demokratie am Ende? So Heise-Online mit ihrem TELEPOLIS beginnend am 19. Dez. 2013 von Wolfgang J. Koschnick, der in 30 Teilen bis 23. Juni 2014, den Niedergang der parlamentarischen Demokratien analysiert https://www.heise.de/tp/thema/Demokratie-am-Ende%3F – darin auch:
5. Juni 2016 Die Demokratien zerlegen sich selbst https://heise.de/-3227609 -209 Kommentare-
Politikverdrossenheit: die semantische Verlogenheit eines Begriffs
25. Sept. 2017 Das Ende der Volksparteien ist das Ende des Volks https://heise.de/-3839626 -269 Kommentare-
Die Bundestagswahl hat deutlich gemacht, dass die Zeit der stabilen Regierungen zu Ende geht und der auf Optionen setzende Wechselwähler dominant wird
[1] Edzard Reuter im Gespräch mit Stefan Siller im Nov. 2015 https://www.bei-abriss-aufstand.de/2015/12/29/offene-fragen-am-tag-der-offenen-baustelle-s21/#comment-47396
Min. 20:29 „Erst im Laufe der Jahre habe ich dann gelernt und gesehen, mit […] als die Partei der ich nun seit, ja, seit fast 70 Jahren angehöre … Da habe ich mir damals gesagt: Jetzt halt mal den Mund! …
Wolfgang Drexler tritt im Sept. 2010 als 1. Sprecher des Bahnprojekts „Stuttgart 21“ zurück, weil seine Partei einen sofortigen Baustopp will. Ein Nachfolger ist in Sicht. — Kurz vor dem für die Öffentlichkeit bekannt gewordenen geplanten Vorgehen der Polizei am 30. Sept. 2010 „Schwarzer Donnerstag“.
https://up.picr.de/34852263lp.pdf darin auf Seite 3:
25.07.2007 Landtag Baden-Württemberg Plenarprotokoll 14 / 29
TOP 1 Regierungserklärung – Baden-Württemberg 21 – und Aussprache
Abg. Wolfgang Drexler SPD ………. 1820, 1837
Abg. Stefan Mappus CDU ………………… 1823
Abg. Winfried Kretschmann GRÜNE……… 1826