Update: Veränderungen der Stuttgart-21-Verträge zwischen Stadt und Bahn

Rede von Tom Adler, Demoteam, auf der 591. Montagsdemo[1] am 13.12.2021

Liebe Mitstreiter*innen, meine Damen und Herren,

ich hatte am 29.11.2021 auf unserer Bühne auf dem Schlossplatz zu den geplanten Veränderungen der Stuttgart-21-Verträge zwischen Stadt und Bahn gesprochen. Dazu gibt es heute ein update, weil diese veränderten Verträge im Gemeinderat am kommenden Donnerstag durchgewunken werden sollen.

Auch die Kontext-Wochenzeitung und die Stuttgarter Zeitung hatten darüber berichtet, die StZ allerdings gewohnt knapp. Anders Kontext-Autor Jürgen Lessat, der sauber recherchiert und unter der Überschrift „Koste es was es wolle!“ richtig eingeordnet hat.

Jürgen Lessat hat bei seiner Recherche auch festgestellt, dass das Transparenzversprechen der Stadtspitze zwar für Banalitäten gilt – nicht aber für so Brisantes wie Stuttgart 21 – deshalb wurde und wird diese Vertragsänderung vor der Öffentlichkeit verheimlicht und im Gemeinderat wird darüber nicht öffentlich diskutiert und abgestimmt.

Im Kern geht es darum: Sämtliche behaupteten Vorzüge des S21-Tunnelbahnhofssystems haben sich inzwischen als Täuschungen der Öffentlichkeit herausgestellt. Als allerletztes, positiv aufladbares Argument für ihr faktenresistentes Weiterbauen wird von den Stuttgart-21-Befürwortern in den letzten Jahren der Wohnungsbau auf dem Gleisvorfeld strapaziert.

Sie hoffen damit, bei den Stuttgartern, in unserer Hauptstadt der Mietenexplosion, mehr Zustimmung zum Weiterbauen zu schaffen. Nicht besonders erfolgreich offenbar, denn nach wie vor sind rund 50% der befragten Stuttgarter gegen S21.

Dieser Versuch – gewissermaßen das ‚letzte Aufgebot‘ der Stuttgart-21-Vertreter in Stadtspitze und Gemeinderat – er droht mit den Verträgen, die mit der Stadt zwischen 2001 und 2009 abgeschlossen wurden, krachend zu scheitern: Denn die Verträge sehen vor, dass die Bahn das Gelände zwischen 2035 und 2037 geräumt für anschließende Bebauungsplanverfahren der Stadt übergibt. Das heißt: Bauen auf dem Gleisvorfeld des Kopfbahnhofs wäre erst Ende der 30er, Anfang der 40er Jahre möglich.

Wohnungsbau auf dem für das Stadtklima so wichtigen Gleisvorfeld – während die Wohnbevölkerung Stuttgarts seit Ende 2018 schrumpft? Und das statistische Bundesamt für Anfang der 30er Jahre einen spürbaren Rückgang der Bevölkerungszahlen vorhergesagt! Was für eine grandiose Fehlplanung!

Die eingefädelten Vertragsänderungen sollen jetzt retten was zu retten ist für die Unterstützer und Profiteure der klimaschädlichen Tunnelbauerei: die Stadt will die Räumung des Gleisvorfelds jetzt weitgehend selber übernehmen und hofft dabei, ein paar Jahre schneller zu sein als die Bahn.

Das lässt sie sich einiges kosten: Sie geht erstens voll ins Risiko, weil niemand weiß, was auf die Stadt alles zukommen wird bei der Untergrundsanierung des Gleisvorfelds! Genauer gesagt: sie will das Kostenrisiko der dutzende Millionen teuren Bodensanierungen der Stuttgarter Bevölkerung aufbürden, denn diese Millionen werden überall fehlen, wo es z.B. um wirksamen Klimaschutz, Verkehrswende oder Personal für Kitas und Pflege geht – schon in den laufenden Haushaltsberatungen wurde der Antrag der FrAktion LINKE-SÖS-Pirat-Tierschutz für eine Ballungsraumzulage für städtisch Beschäftigte abgelehnt!

Zweitens werden der Bahn die Verzugszinsen reduziert, die sie an die Stadt überweisen müsste wegen der verspäteten Übergabe der Bahngelände. Was in etwa auf die 40 Mio. € hinausläuft, die die Bahn für die Räumung des Gleisvorfelds vorgesehen hatte.

Zur schnelleren Räumung des Gleisvorfelds will die Stadt auch das Natur- und Artenschutzrecht aushöhlen: sie will Ausnahmegenehmigungen durchsetzen, damit geschützte Tierarten auf dem Gleisvorfeld bei Bedarf nicht umgesiedelt, sondern eben einfach mit dem Bagger platt gefahren werden dürfen. Vorangetrieben ausgerechnet von einem grünen Baubürgermeister!

Jetzt müssen die Grünen-nahen Verbände wie z.B. der BUND endlich aufhören, sich bei Stuttgart 21 wegzuducken vor den Parteifreunden im Rathaus und der Landesregierung! Gegen diese Stuttgarter Aushöhlung des Artenschutzes muss mobilisiert und geklagt werden!

Dieser Vertrag, liebe Freund*innen, ist ein Geschenk an die Deutsche Bahn, eine weitere verdeckte Mitfinanzierung des Klimaskandalprojekts Stuttgart 21!

Am kommenden Donnerstag, 16.12., soll er in der Liederhalle im Gemeinderat abgesegnet werden.

Dieser Vertrag ist ein weiterer Vertrag zur Täuschung der Öffentlichkeit, zur Beschleunigung der Klimakatastrophe und zur Aushebelung des Artenschutzrechts.

Im Rathaus wird immer noch nicht verstanden, wie klimaschädlich die Bauindustrie und insbesondere der Tunnelbau und wie eng unser Zeitfenster ist – 10 Jahre! – um zu verhindern dass die Klimakippunkte unwiderruflich in Bewegung gesetzt werden!

Deshalb sollte, wer immer kann, am kommenden Donnerstag, 16.12.2021, vor dem Sitzungsbeginn um 16:30 Uhr, zur Liederhalle kommen. Um den Gemeinderäten mit Banner und Plakat zu zeigen: dass ein klimafreundliches Stuttgart keine Gleisvorfeldbebauung verträgt, und dass wir mit dem Kopfbahnhof –

Oben bleiben!

[1] ab 21.12.2020 wegen Corona-Pandemie jeweils Montags, 18 Uhr, wieder online:
https://www.parkschuetzer.de/videos/

Rede von Tom Adler als pdf-Datei

 

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Eine Antwort zu Update: Veränderungen der Stuttgart-21-Verträge zwischen Stadt und Bahn

  1. Steffen Hans sagt:

    wann und Wo wurde denn die Umfrage mit 50% Ablehnung von S21 gemacht ? vor der Mahnwache ?

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