Rede von Dr. Winfried Wolf, Verkehrsexperte, Journalist und Herausgeber von ‚LunaPark21′, auf der 557. Montagsdemo[1] am 29.3.2021
Liebe Freundinnen, liebe Freunde,
vorneweg – aus wichtigem Anlass – ein paar Worte zu einem Freund, zu dem wir leider den Kontakt verloren haben. Oder er zu uns?
Es war im November 1995. Im Clara Zetkin-Waldheim stellte ich das erste Buch zu S21 überhaupt vor: „Stuttgart 21 – Hauptbahnhof im Untergrund?“. Moderator war Gangolf Stocker. Zwei Wochen später, am 30.11.1995, gründete er „Leben in Stuttgart – kein Stuttgart 21“.
Es war im Januar 2000. In Berlin gründeten wir die Bahnfachleutegruppe Bürgerbahn statt Börsenbahn (BsB). Mit dabei: Gangolf Stocker. Seither waren BsB-Aktive dutzendfach in Stuttgart vor Ort aktiv. Bis zum Jahr 2011 oft von Gangolf geholt und moderiert.
Es waren die Jahre 2005 bis 2008. Das Bündnis Bahn für Alle führte eine – am Ende erfolgreiche – Kampagne gegen den Bahnbörsengang durch. Gangolf Stocker und „seine“ BI waren Teil des Bündnisses.
Diese Stationen waren wesentlich für den S21-Widerstand. Die zentrale Figur in ihr und im Zeitraum 1995 bis 2012 war Gangolf. Solange er hier aktiv war, sah er den S21-Widerstand in dem Zusammenhang von Bahnprivatisierung und Immobilienspekulation. Dass er sich in den letzten Jahren aus der Bewegung verbittert zurückzog, könnte ein abgeklärter Gangolf kommentieren mit: „s´menschelt halt“.
Wir haben einen Kämpfer verloren.
Das Thema meiner Rede heute ist der kritische Zustand des Konzerns Deutsche Bahn – vor dem Hintergrund der Jahresbilanz 2020, zu der am letzten Donnerstag die DB ihre Bilanzpressekonferenz hatte – und vor dem Hintergrund des Alternativen Geschäftsbericht Deutsche Bahn AG, die das Bündnis Bahn für Alle am vergangenen Mittwoch vorstellte.
Die grundlegenden Fakten zur Bahnbilanz 2020 sind bekannt: Es gab im vergangenen Jahr zum ersten Mal seit Gründung der DB AG 1994 einen massiven Umsatzrückgang. Es gab einen Rekordverlust von mehr als 5 Milliarden Euro. Und es gibt eine Rekordverschuldung von inzwischen 33 Milliarden Euro.
Das Top-Management des Bahnkonzerns ließ auf der Bilanzpressekonferenz natürlich verlautbaren, dass Schuld an diesen tiefroten Zahlen die Pandemie habe. Wir vom Bündnis Bahn für Alle sehen das anders. Und belegten dies in einem 76-seitigen „Alternativen Geschäftsbericht Deutsche Bahn AG 2020/21“, der – wie nunmehr zum zwölften Mal – am Tag vor der Bilanzpressekonferenz vorgestellt wurde. Danach gibt es eine strukturelle Krise des DB AG-Konzerns, festmachbar auf den drei Ebenen: (1) Infrastruktur (Abbau und Fahren auf Verschleiß), (2) Ausdünnung der produktiven Belegschaft und Aufbau eines aufgeblähten Wasserkopfes und (3) unverantwortlich steigende Verschuldung.
(1) Infrastrukturabbau:
Jahr für Jahr wird das Netz der DB ausgedünnt und ineffizienter. Ich habe dazu hier für den gedruckten Teil meiner Rede die entsprechenden Zahlen als Tabelle eingefügt.
Tabelle 1: Infrastrukturentwicklung Schiene 1994-2020[2]
Es gibt hier erkennbar einen fortgesetzten Rückbau der Gleislänge (also die Ausweich- und Nebengleise eingeschlossen). Und – besonders deutlich – eine Reduktion der Zahl der Weichen (1994 = 133.000; 2012 = 70.630; 2020 = 65.732). Das ist ein Rückbau von deutlich mehr als 50 Prozent, also auf weniger als die Hälfte. Die Gleisanschlüsse (also die Zahl der Industriegleise, mit denen Betriebe und Gewerbeparks direkt ans Schienennetz angeschlossen werden) haben sich sogar um mehr als 80 Prozent verringert (1994 = 11.700; 2020 = 2.329). Selbst 2020 wurde im Vergleich zum Vorjahr die Länge aller Gleise um weitere knapp 80 Kilometer gekürzt; 339 Weichen wurden in nur diesem einen Jahr aus dem Netz herausgenommen.
Während das Straßennetz – übrigens in besonderem Maß in Baden-Württemberg – immer effizienter wird durch mehr und breitere Fahrspuren, durch mehr Parkplätze, neue und größere Raststätten oder neue Umgehungsstraßen – wird das Schienennetz in der Fläche immer starrer, ineffizienter und damit auch störanfälliger.
Bilanz: Der DB-Konzern ist ein Netzabbau-Unternehmen.
(2) Wasserkopf:
Der Bahnkonzern betreibt eine asymmetrische Personalpolitik. Im produktiven Bereich (Gleisbau, Stellwerker, Zugbegleiter, Lokführer, Bordrestaurant, Service, Instandhaltung) wurde die Beschäftigtenzahl im Zeitraum 1994 bis 2020 halbiert. Gleichzeitig gab es den Aufbau eines gewaltigen Heeres von Beschäftigten in Verwaltung und Management. Dieser in der modernen betriebswirtschaftlichen Sprache als Overhead bezeichnete Bereich – eher altmodisch wird das Wasserkopf genannt – ist in der DB AG-Bilanz in dem Segment „Beteiligungen/Sonstige“ verborgen. Das deckte der Bundesrechnungshof in seinem Prüfbericht vom Mai 2020 auf. Wobei das nicht heißen soll, dass alle in diesem Bereich „Wasserkopf“ im Sinne von „unnötig“ sind; doch ein sehr großer Teil zählt zum mittleren und gehobenen Management und zu einer aufgeblähten Verwaltung der inzwischen mehr als 600 Unternehmen, die sich unter dem Dach der DB AG-Holding versammeln. Tabelle 2 fasst die Entwicklung dieses Bereichs zusammen.
Tabelle 2: Entwicklung des DB AG-Segments „Beteiligungen/Sonstige“ 2013-2020[3]
Dieser Bereich zählte 2013 noch gut 27.000 Beschäftigte. Im vergangenen Jahr 2020 waren es 57.878 Beschäftigte. Das sind rund 2000 Beschäftigte mehr als es addiert in den „produktiven“ Bereichen Fernverkehr und Nahverkehr (DB Regio) Beschäftigte gibt.
Und während die DB 2020 mit der Gewerkschaft EVG einen Tarifabschluss über 1,5 Prozent Nominallohnerhöhung im Zeitraum 2020 bis Februar 2023 schloss – also faktisch einen Reallohnabbau vereinbarte – beschloss der Aufsichtsrat am Tag vor der Bilanzpressekonferenz eine Erhöhung der Festgehälter für Richard Lutz, Ronald Pofalla und Bertolt Huber um 10 Prozent, wirksam ab 2023. Beim Bahnchef sind das dann 990.000 Euro. Und da dies natürlich in den Augen dieser Herren ein eher bescheidenes Salär ist, kommen noch satte Boni hinzu.
2019 wurde bekannt, dass der Bahnkonzern auch dazu dient, mit ehemaligen Politikern Beraterverträge abzuschließen, um ihnen den (ab und an unfreiwilligen) Ausstieg aus der Politik zu versüßen. So erhielt der Ex-CDU-NRW-Ministerpräsident Jürgen Rüttgers 220.000 Euro aus der DB-AG-Schatulle. Im Zeitraum 2012 bis 2018 wurde der gewaltige Betrag von gut 2 Milliarden Euro für „externe Beratung“ ausgegeben. Das „Handelsblatt“ sah sich zu der Schlagzeile veranlasst „McKinsey statt Mitarbeiter“.
Bilanz: Der Konzern Deutsche Bahn, der ja 1994 auch deshalb als Aktiengesellschaft gebildet wurde, damit er „entpolitisiert“ wird und „rein wirtschaftlich agiert“, entwickelt sich zunehmend zum Selbstbedienungsladen für Politiker und für eine abgehobene Managerriege.
Verschuldung:
2020 erreichten die Finanzschulden der Deutschen Bahn AG die Summe von 33,3 Milliarden Euro. Damit übersteigen diese erstmals die Schuldensumme, die die Deutsche Bundesbahn am letzten Tag ihrer Existenz, am 31.12.1993, hatte. Wobei die Bundesbahn-Schulden in 44 Jahren angehäuft wurden; diejenigen der DB AG in 26 Jahren.
Da man die 1950er und 1960er Jahren nicht ohne Weiteres mit der Zeit 1994-2020 vergleichen kann, wurden im Alternativen Geschäftsbericht die letzten 26 Jahren der Bundesbahn-Schulden-Entwicklung (1967-1993) mit den ersten 26 Jahren der Deutschen Bahn AG-Schuldenentwicklung verglichen. Hier dazu die exakten Zahlen in einer dritten Tabelle:
Tabelle 3: Entwicklung der Verschuldung bei Bundesbahn und Deutsche Bahn AG, jeweils im 26-Jahres-Vergleich (Bundesbahn = 1967-1993; Deutsche Bahn AG = 1994-2020][4]
*Schuldenstand jeweils am 31.12. (Zahlen bis 2002 umgerechnet in Euro) **Teilentschuldung vorausgegangen
Das Ergebnis: Im genannten Zeittraum steigerte die Bundesbahn ihre Schulden um 24 Milliarden Euro; die DB AG jedoch um 33 Milliarden Euro. Dabei ist zu beachten: Während die Bundesbahn in der abgebildeten Zeitpanne in einer Hochzinsphase existierte und am Ende ihrer Existenz auf den genannten Schuldenberg 2,6 Milliarden Euro für Zins und Tilgung zahlen musste, existiert die DB AG in einer Niedrigzinsphase; der Schuldendienst liegt bei nur rund 1 Milliarde Euro. Klar ist: Sobald die Rating-Agenturen aufgrund der hohen Schulden den Daumen senken bzw. sobald das Zinsniveau aufgrund einer sich entwickelnden Inflation ansteigt, hat das für die DB AG dramatische Folgen.
Wobei der Bund diesen Verschuldungsprozess noch begünstigt; gewissermaßen „triggert“. So sollen zugesagte Corona-Hilfen von mehr als 5 Milliarden Euro als Bundeszuschüsse zur Erhöhung des Eigenkapitals der DB AG fließen. Damit aber wird der Spielraum für zusätzliche Verschuldung nochmals größer. Und es gibt die Gefahr, dass Brüssel diese Art der Corona-Hilfen, die dann ja nur einem Bahnbetreiber zukommen, als „Wettbewerbsverzerrung“ untersagt. Dabei gäbe es andere sinnvolle Formen, die Corona-Verluste auszugleichen. So könnte der Bund einen Fonds anlegen, auf dem Gelder in die Infrastruktur als Ganzes fließen, was dann allen Bahnbetreibern zugutekäme.
Bilanz: Nach der Bundestagswahl gibt es einen Kassensturz, eine Stunde der Wahrheit. Und es droht eine Zerschlagung des Bahnkonzerns in Netz und Betrieb. Dann kann es in Bälde auch im Fernverkehr mit Hochgeschwindigkeitszügen konkurrierender Gesellschaften zu einem ähnlichen Flickenteppich kommen wie dies in jüngerer Zeit (nicht zuletzt im baden-württembergischen Nahverkehr) demonstriert wurde.
Liebe Freundinnen, liebe Freunde,
nun stellt sich doch die Frage: Wie ist zu erklären, dass die Infrastruktur abgebaut wird (also weniger instand zu halten oder kaputtzumachen ist), dass die staatlichen Zuschüsse für das Netz wachsen und dass sich dennoch der Netzzustand verschlechtert? Oder auch: Warum weist die DB-Tochter DB Netz selbst im Corona-Jahr 2020 ein Plus von 402 Millionen Euro aus, das an die Holding fließt und nicht dem Netzerhalt dient?
Dazu gibt es zwei Antworten: Erstens fließen Teile der Gewinne und der Netz-Bundeszuschüsse in die Global-Player-Aktivitäten des Bahn-Konzerns. Diese werden zunehmend selbst defizitär. So fuhr die Bahntochter Arriva 2020 einen Verlust von 437 Millionen Euro ein. Der dringend notwendige und immer wieder zugesagte Verkauf dieser Auslandstochter wird immer wieder hinausgezögert. Der wesentliche Grund: Lutz und Pofalla sehen sich in den Fußstapfen von Mehdorn und Grube und als Global Players.
Und dann fließen diese Gelder im intransparenten Geflecht des Konzerns in kontraproduktive Großprojekte.
So wird 2022 die Hochgeschwindigkeitsstrecke Wendlingen – Ulm in Betrieb gehen. Damit verkürzt sich die Fahrtzeit Stuttgart-Ulm um knapp 20 Minuten. Doch dafür wurden sagenhafte 4 Milliarden Euro bezahlt. Sodann ist die Strecke doppelt so steil wie die alte (über Geislingen), womit Güterzüge sie nicht befahren können. In Ulm dürften viele Fahrgäste, die dort ein- oder aussteigen, nicht die gewünschten Anschlüsse erhalten, da die Bolzstrecke nicht in einen sinnvollen integralen Taktfahrplan passt.
Vor allem aber entspricht der Zeitgewinn Stuttgart – Ulm fast exakt dem Zeitverlust, zu dem es auf der Strecke Ulm – München seit Mitte der 1990er Jahre dadurch kam, dass sich der Zustand der Infrastruktur in diesem Bereich in den letzten zwei Jahrzehnten deutlich verschlechterte. Das Ganze läuft auf ein teures Nullsummenspiel hinaus.
Zu Stuttgart 21 finden sich im Geschäftsbericht gerade mal 15 weitgehend nichtssagende Zeilen – kein Wort zu den erhöhten Projektkosten; kein Wort zu den neuen Tunnelprojekten. Da ist der Bericht deutlich präziser, wenn es um die Anschaffung von „16 Biogasbussen in Nordjütland, Dänemark“, um die „Beteiligung der DB an Volocopter“ (Flugtaxi-Hersteller), um das „neue Verteilerzentrum in Dubai […] strategisch günstig neben dem Flughafen Dubai-Süd“ gelegen oder um die „Anlieferung von 2000 Komponenten für die größten Schienenfahrzeuge weltweit“, für den Einsatz in Pilbara und dort in einem australischen Minenprojekt, geht.
Diese Relationen in der Berichterstattung sind einerseits absurd. Andererseits aber auch typisch. 50 Kilometer Tunnelbauten bislang für Stuttgart 21 – was ist das schon? Weitere 50 km Tunnelbauten – warum auch nicht? Zehn oder 20 Milliarden Euro an verballerten Steuergeldern – für die die Top-Manager ja auch noch hohe Fixgehälter und zusätzlich Boni beziehen – alles kein Problem.
Dabei geht es hier tatsächlich um historische Dimensionen. Und dies ist ein Schatz im neuen Alternativen Geschäftsbericht Deutsche Bahn 2020/21, den wir – und hier Ko-Autor Carl Waßmuth – ausgegraben haben. Im gesamten Zeitraum 1835 bis Ende der 1980er Jahre – also im Zeitraum von gut eineinhalb Jahrhunderten – gab es im Schienennetz der Eisenbahn auf deutschem Boden gerade mal 28,5 Kilometer mit längeren Tunneln. Und auf diesem zeitweilig ja wesentlich größeren Schienennetz wurden auch wesentlich größere Transportleistungen im Personen- und Güterverkehr realisiert. Doch dann – ab den 1990er Jahren, also eigentlich ab der Periode, in der das Netz, wie beschrieben, um rund 20 Prozent abgebaut wurde, explodieren die Tunnelbauten: Zum Zeitpunkt des Jahres 2000 waren es dann bereits 110 Kilometer mit längeren Tunnelbauten. Und am 31.12. 2020 waren es bereits 217 Kilometer.
Warum? Gab es eine Bewegung in der Endmoränenlandschaft? Haben sich neue Mittelgebirge gebildet? Haben sich Rhein oder Elbe ein neues Flussbett gegraben? Nichts von alledem. Vielmehr gibt inzwischen eine begnadete Lobby von Bauindustrie, Banken und Tunnelbauer im Verbund mit den Bahn-Oberen den Ton an. Und es war da sicher für diese Pressure Group vorteilhaft, dass der Ex-Bahnchef Grube inzwischen bei Herrenknecht in Lohn und Brot steht – und damit das Geld kassieren kann, das er in seiner Zeit als Bahnchef, in der er maßgeblich den Tunnelbau – insbesondere mit Stuttgart 21 – förderte, nicht direkt von Herrenknecht kassieren durfte.
Bilanz: Stuttgart 21 mit dem hier vorherrschenden Tunnelbauwahn war und ist die Versuchslandschaft für eine bundesweite Tunnelbau-Orgie. Das war bereits angelegt, als Bahnchef Heinz Dürr in den Jahren 1994 bis 1998 die Projekte Stuttgart 21, Frankfurt 21 und München 21 verkündete. Wobei in Frankfurt und München die entsprechenden 21er Projekte nur scheinbar gestoppt wurden. Inzwischen wird in Frankfurt ein (ebenfalls unnötiger) Fernbahn-Tunnel für 4,8 Milliarden Euro geplant. Und in München gibt es das gigantische Projekt „Zweite S-Bahn-Stammstrecke“, das Chancen hat, in die S21-Oberliga der zerstörerischen Bahn-Projekte aufzurücken.
Insgesamt befinden sich derzeit – und für den Zeitraum 2020 bis 2030 – Vorhaben für neue große Tunnelbauten mit einer Länge von 71 Kilometern in der Deutsche-Bahn-Tunnelbau-Wundertüte. Dabei sind im Übrigen die weiteren 40 bis 50 Kilometer mit S21-Tunneln noch gar nicht erfasst. Dann haben wir im Jahr 2030 fast 300 Kilometer mit längeren und langen Tunnelbauten – eine Verzehnfachung dessen, was wir Ende der 1980er Jahre hatten. Zehn Mal mehr Tunnelbauten, die im gesamten Zeitraum der Eisenbahn, seit dem Bau der ersten Strecke zwischen Nürnberg und Fürth, und bis zu den Wendejahren 1989/90, also auch in der Blütezeit der Eisenbahn auf deutschem Boden, als ausreichend erachtet worden war.
Es ist nicht vorstellbar, wie man die Missachtung eines Kosten-Nutzen-Denkens, das im Top-Management der Deutschen Bahn AG vorherrscht – dabei zu 100 Prozent gedeckt von Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer, auf den Punkt bringen könnte.
Auch wenn die Corona-Pandemie natürlich eine enorme Belastung für den Schienenkonzern darstellt, so zeigt auch die Jahresbilanz 2020 der Deutschen Bahn AG: die Krise dieses Unternehmens ist vor allem hausgemacht. Der Konzern Deutsche Bahn AG wird von einem völlig abgehobenen, bahnfremden Top-Management geleitet – und auf einen Prellbock zugesteuert. Und während die Beschäftigten in den produktiven Bereichen der Bahn gerade in der Corona-Krise sich als systemrelevant erwiesen, meist engagiert ihren Job taten, werden sie in den Jahren 2020 bis 2023, wenn es nach dem geltenden Tarifvertrag – abgeschlossen zwischen DB AG und EVG – geht, mit Reallohn abgespeist. Zur gleichen Zeit genehmigen sich die Bahnoberen gewaltige Fixgehälter, eine neuen Steigerung ihrer Einkommen um 10 Prozent und satte Boni.
Eine Verkehrswende wird es nicht ohne Bahnwende und nicht ohne ein Auskehren auf den oberen Etagen des Konzerns Deutsche Bahn AG geben. Der Widerstand gegen Stuttgart 21 ist auch ein Engagement für eine solche umfassende neue Verkehrs- und Bahnpolitik.
Liebe Freundinnen, liebe Freunde,
wir sehen uns in Bälde wieder auf der Straße und unter freiem Himmel.
Und wir werden oben bleiben!
1] ab 21.12.2020 wegen Corona-Pandemie jeweils Montags, 18 Uhr, wieder online:
https://www.parkschuetzer.de/videos/
[2] Quelle: Jeweilige DB-offizielle Broschüren „Daten und Fakten“ 1994-2020.
[3] Quellen: Geschäftsberichte (GB) Deutsche Bahn 2014 Seite 191, 2015 Seite 191, GB 2016 Seite 174, GB 2017, Seite 171, GB 2019 Seite 173 und GB 2020 Seite 174.
Im 2016er Geschäftsbericht wird für 2015 die Zahl der Beschäftigten wiedergegeben, die in der Tabelle in eckigen Klammern gesetzt erscheint. Im 2015er Bericht ist die Zahl „25.652“ wiedergegeben. Dieser Bruch ist nicht nachvollziehbar. Auch die aktuellen drei Prüfberichte des Bundesrechnungshofs aus dem Jahr 2020, die die hohen Zahlen von Beschäftigten aufführen, gehen darauf nicht ein.
[4] Quellen: Geschäftsberichte Deutsche Bahn AG und Berichte Deutsche Bundesbahn; Letzteres nach: Winfried Wolf: „Eisenbahn und Autowahn", Hamburg 1992, Seite 185 f. und Seite 406 ff.