Gemeinsame Pressemitteilung der Schutzgemeinschaft Filder, der Ingenieure22 und des Aktionsbündnisses gegen S21 vom 2.12.2020
Erste und zugleich letzte Güterzüge auf der Neubaustrecke Wendlingen-Ulm!
Erste, mit Schienen für die Neubaustrecke Wendlingen-Ulm beladene Güterzüge quälen sich von Ulm her, wo die Trasse weniger steil ist, die Neubaustrecke hoch. Das sind Züge für Bau- und Wartungsarbeiten und zum Verlegen der Gleise. Keinesfalls ist das, anders als die Güterverkehrschefin, Dr. Sigrid Nikutta, im SWR-Interview vom 19.11.2020 zunächst glauben machen wollte, der Auftakt für eine dauerhafte Nutzung der Neubaustrecke für Güterzüge! Die unsinnige Streckenführung, 155 Meter höher als über die Geislinger Steige, ist vor allem auf dem steilen nördlichen Teil weder für Güterzüge geeignet, noch für solche konzipiert. Im besagten SWR-Interview wird das von der Güterverkehrschefin der Bahn – durch die Reporterin in die Enge getrieben – auch eingeräumt. Die Gegner von „Stuttgart 21“ haben das von Anfang an erkannt und auch kommuniziert: Die von der DB AG betriebenen Güterzüge können, wie Dr. Sigrid Nikutta nun bestätigte, die Strecke gar nicht benutzen, weil dem Güterzugpark der DB AG alle dafür notwendigen technischen Voraussetzungen fehlen.
Der stellvertretende Vorsitzende der Schutzgemeinschaft Filder und Eisenbahnfachmann Dipl.-Ing. Frank Distel benennt den weiteren, hinter diesen Aussagen stehenden Skandal: „Die Neubaustrecke ist ein Projekt des Bundesverkehrswegeplans. Als solches konnte es im Sinne des wirtschaftlichen Einsatzes von Steuermitteln nur verwirklicht werden, wenn der Quotient aus Nutzen und Kosten den Faktor „1“ übersteigt. Um dies zu erreichen, hat die Deutsche Bahn AG die Mitbenutzung der Strecke durch täglich 21 sogenannte „Leicht-Güterzüge“ auf der Nutzenseite eingerechnet. Diesen Güterverkehrstyp gibt es jedoch gar nicht im Waggonpark der DB AG und wird es – schlimmer noch – mangels entsprechendem Transportbedarf auch nie geben. Doch nur mit solchen Phantasie-Zügen konnte der Wert „1“ annähernd errechnet werden.“
Um den für die Wirtschaftlichkeit nötigen Faktor größer 1 zu erreichen, bedurfte es darüber hinaus eines weiteren Zuschusses durch eine verfassungswidrige Zahlung des Landes Baden-Württemberg in Höhe von 900 Mio. €. Dazu Dr. Eisenhart von Loeper, Sprecher das Aktionsbündnisses: „Laut Art. 87e des Grundgesetzes sind für Bahnhöfe und Bahnstrecken ausschließlich der Bund und die Deutsche Bahn AG zuständig! Das Ganze ist ein skandalöser Betrug an den Steuerzahler*innen, von dem man jetzt ablenken möchte mit der Meldung „Güterzüge auf der Neubaustrecke“. Im SWR-Interview wird die manipulierte Wirtschaftsberechnung von der Vertreterin der Bahn nun indirekt eingeräumt. Höchste Zeit, dass dies vom – seinerzeit insoweit über den Tisch gezogenen – Bundestag aufgegriffen wird.“
Schlussendlich verbirgt sich hinter dieser nicht wahrhaftigen Nutzen-Kosten-Rechnung auch ein Subventionsbetrug gegenüber der EU-Kommission.
Dipl.-Phys. Wolfgang Kuebart von „Ingenieure22“: „Die ersten Güterzüge auf der Neubaustrecke werden auch die letzten sein.“
Um das Maß voll zu machen, erinnert der Beitrag „10 Jahre Schlichtung“ in der SWR-Serie „Eisenbahnromantik“ an die Worte des ehemaligen Technikvorstands Volker Kefer, der unumwunden einräumte, dass „Stuttgart 21“ und die Neubaustrecke als rein „politisch gewollte Projekte“ erzwungen wurden und die Wirtschaftlichkeit dabei „irrelevant war“. So wird zu viel Geld für schlecht geplante Bahnprojekte vergeudet und die verfassungsrechtlich verankerte Pflicht der Deutschen Bahn AG, einen gut funktionierenden, zukunftsfähigen Bahnbetrieb zu gewährleisten, bleibt mehr und mehr auf der Strecke.