Rede von Sarah Händel, Mehr Demokratie e.V., auf der 411. Montagsdemo am 9.4.2018
Guten Abend zusammen!
Ich bin die Sarah von ‚Mehr Demokratie e.V.‘ und heute möchte ich euch von Walter erzählen. Er ist pensionierter Lehrer und er will sich einmischen – genau wie wir! Deswegen interessiert er sich für die Politik – draußen in der Welt, aber auch bei sich daheim in Göppingen.
Seit geraumer Zeit beschäftigt ihn eine große Müllverbrennungsanlage. Die Anlage wurde in den 90er Jahren privatisiert und 2016 von einem großen chinesischen Investor übernommen. Momentan befindet sich der Landkreis Göppingen, der für den Müll zuständig ist, in einem veritablen Rechtsstreit mit dem Betreiber.
Für Walter tun sich immer mehr Fragen auf. Er fragt sich:
- Warum bezahlen wir im Landkreis Göppingen eigentlich für unsere Müll-Entsorgung mehr als die Nachbar-Kreise, deren Müll wir mit verbrennen?
- Wollen wir eine größere Schadstoffbelastung durch noch mehr Müllverbrennung akzeptieren?
- Belassen wir die Müllverbrennung in der Hand chinesischer Investoren oder soll der Betrieb wieder in kommunale Hand übergehen?
Walter ärgert es, dass die Verträge seit der Privatisierung geheim sind und deswegen unklar ist, wie die überteuerten Preise zustande kommen. Außerdem möchte er nicht, dass der Betreiber noch mehr Müll verbrennen darf. Und noch dazu soll die Kündigung des Vertrages erst 2030 wieder möglich werden?!
Walter sieht sich mit seiner Kritik nicht allein: Viele Bürger/innen sind unzufrieden und es gibt immer wieder erboste Leserbriefe in der Zeitung. Doch was tun? Walter sind die Hände gebunden! Denn auf Ebene der Landkreise sind in Baden-Württemberg keine Bürgerentscheide möglich.
Wenn Bürger/innen Unterschriften sammeln – wie zum Beispiel im Landkreis Calw oder in Albstadt im Zollernalbkreis mehr als 15.000 Unterschriften gegen geplante Krankenhausschließungen – führt das momentan meist zu gar nichts.
Denn: Ohne Bürgerbegehren ist es viel schwerer, viele Menschen zu erreichen und den Handlungsdruck auf die Politik zu erhöhen! Und ohne gemeinsame Abstimmungen ist es viel schwerer, viele Menschen zu einem Thema aufzuklären und wichtige Fakten bekannt zu machen.
Eine ganze demokratische Ebene ohne Mitbestimmungs-Instrumente der Bürger/innen!? Das gibt es nur noch in Baden-Württemberg und Hessen. Das kann so nicht bleiben! Deswegen haben wir zusammen mit einem großen Bündnis einen sogenannten Volksantrag gestartet! Damit schlagen wir dem Landtag vor, Bürgerbegehren, Bürgerentscheide & Einwohneranträge endlich auch in unseren Landkreisen einzuführen.
Doch damit wir das schaffen, braucht es 40.000 Unterschriften. Erst dann ist der Landtag gezwungen, sich mit unserem Anliegen auseinander zu setzen. Es wäre das erste Mal, dass in Baden-Württemberg so ein Volksantrag zustande kommt und die Bürger den gewählten Politikern einen eigenen Vorschlag machen!
Und das müssen wir in Zukunft viel öfter schaffen: wir Bürger müssen den Politikern klarer vermitteln, was wir wollen und ganz konkrete Alternativen anbieten – nur so steigt der Druck, einen anderen Weg einzuschlagen!
Zum Beispiel beim Feinstaub-Problem: warum einigen wir uns nicht auf 2-3 konkrete Maßnahmen und starten dann dazu einen gemeinsamen Volksantrag an das Parlament?
Wenn wir mit einer Stimme sprechen, ist es viel leichter, uns zu verstehen!
Wir haben diesen Volksantrag zur Mitbestimmung in den Landkreisen auch deswegen gestartet, damit die Menschen dieses 2015 neu eingeführte Instrument kennenlernen. Denn alle, die sich für eine bessere Welt einsetzen, sollten wissen, welche Instrumente zur Verfügung stehen, um sich besser durchzusetzen!
Deswegen bitte ich euch ganz herzlich: unterschreibt jetzt den Volksantrag und helft uns, die 40.000 Unterschriften zu erreichen. Dort beim Info-Stand bekommt ihr die Unterstützer-Formulare.
Füllt eines aus und nehmt euren Freunden und Bekannten ein Formular mit! Wenn euch die Formulare ausgehen, könnt ihr sie auch ganz einfach im Internet selbst ausdrucken oder größere Mengen bestellen unter: www.volksantrag-bw.de
Ganz wichtig: man kann nicht online unterschreiben, es braucht eure Original-Unterschrift!! Deswegen müssen ausgefüllte Formulare unbedingt per Post eingeschickt oder direkt bei uns im Umweltzentrum in der Rotebühlstraße 86/1 in Stuttgart oder an der Mahnwache abgegeben werden.
Vielen Dank euch allen!