Beifall für S21-Gegner in Hamburg

Stuttgarter K21-er mit Banner in Hamburg

PolitikerInnen aller Couleur sind wieder "zu Hause". Der G20-Gipfel ist "erfolgreich" beendet. ´Back to normal, business as usual` - den politischen, wirtschaftlichen und juristischen Scherbenhaufen können andere aufräumen. Doch der "Gipfel" ist noch lange nicht zu Ende, er beginnt jetzt erst richtig. Ein Thema wären da - auch - die Grundrechte. Und die Versammlungsfreiheit. Und die immense Verschwendung von Steuergeldern für einen sinnentleerten Gipfel. Nach Rücktritten von Lokalpolitikern und nach Untersuchungsausschüssen wird gerufen. Wo liest man die Zahl der verletzten DemonstrantInnen? Wer ruft nach einem Untersuchungsausschuss zu der Frage, was der G20-Gipfel den Menschen, den Bürgern, den Benachteiligten und Armen (das war ja wohl das Ziel, wenn ich richtig verstanden habe) und dem Frieden (ach, ja, auch das war ein Ziel) gebracht hat? Außer Spesen nichts gewesen; zumindest nichts Besonderes, was in der Abschlusserklärung zu lesen wäre. Die Spesen zahlen natürlich die Steuerzahler. Geboten wurden ihnen dafür hohle Worte. Eine dreiste Verhöhnung der Bevölkerung - und zwar weltweit.

Die Medien haben in diesen Tagen eine tragende Rolle zu übernehmen gemäß ihres  Anspruchs auf Transparenz, Ausgewogenheit und Recherche. War und ist die Gewichtung der Berichterstattung dabei sachlich, frei von  populistischer Skandalisierung, auf der Suche nach dem kriegsähnlichsten Bild und Video?

Weiter unten auf der BAA-Seite ist ein Artikel zu der Verletzung von Grundrechten aus der Süddeutschen Zeitung abgedruckt. Auch Stuttgarter K21-DemonstrantInnen waren mit einem Banner in Hamburg. Sie haben genau das gemacht, was Günter Eich in einem Gedicht gerufen hat: "Schlaft nicht, während die Ordner der Welt geschäftig sind! ..."

Bei der letzten Montagsdemo haben sie das Hamburger Transparent auf der Bühne präsentiert und einer der Demoteilnehmer, Dieter Richter, hat seine Hamburger Eindrücke geschildert (siehe Video von der Montagsdemo).

Im Folgenden ist ein weiterer K21- Augenzeugenbericht zu lesen, der uns von Peter Müller zugeschickt wurde. Obwohl Richter und Müller an unterschiedlichen Plätzen in Hamburg demonstriert hatten, deckt sich vieles in ihren Beobachtungen und Beurteilungen. Hier Peter Müllers Eindrücke:

" ... Viele Ausschreitungen wurden aber auch von der Polizei provoziert. So waren schwer bewaffnete Polizisten (vermummt, mit Helm und Schlagstock) damit beschäftigt, Demonstranten auf dem Hamburger Hauptbahnhof festzunehmen, weil sie angeblich vor der Polizei geflüchtet seien. In Wahrheit war es aber so, dass wegen G20 viele Nahverkehrsmittel mit Verspätung oder überhaupt nicht fuhren. So kamen halt viele G20-Gegner erst spät oder zu spät zu ihren Zügen und sind deshalb im Laufschritt durch den Bahnhof gesprintet. In einem Fall konnte ich hören, wie die Beamten nach der Abfahrtszeit des Zuges fragten. Danach wurden die Demonstranten so lange festgehalten, bis der Zug weg war. Außerdem bekamen sie einen Platzverweis für den Hauptbahnhof, was natürlich total unsinnig war. Ich habe mich da eingemischt und bekam von der Polizei nur zu hören: "Hau ab, sonst nehmen wir dich auch fest." Also das Übliche!

Auch während der Demo provozierte die Polizei allein durch martialisches Auftreten und das Auffahren von Wasserwerfern, obwohl es dafür keinen Anlass gab. Zur Abschlusskundgebung auf dem Millerntorplatz wurden ohne Vorwarnung Wasserwerfer eingesetzt. Begründet wurde das mit angeblichen Flaschenwürfen, die allerdings von den Demonstranten nicht beobachtet wurden. Die Polizei schoss einfach in die Menge, wo sich zum Beispiel auch Rentner und Familien mit Kindern aufhielten. Außerdem habe ich in den Tagen vorher im Fernsehen wiederholt beobachtet, dass es für die Wasserwerferbesatzungen auch nach dem 30.09.2010 immer noch normal zu sein scheint, den Wasserstrahl auf die Köpfe der Demonstranten zu richten. Das bestätigte sich auch gestern.

Erfreulich fand ich, dass einige Stuttgart 21-Gegner trotz massiver Bedrohung durch Polizeikräfte ihren Protest gegen Stuttgart 21 und G20 zum Ausdruck bringen konnten und dafür von den Hamburgern viel Lob und Beifall ernteten. Während der Abschlusskundgebung wurde übrigens die U-Bahnstation Millerntor geschlossen und die Straßen rund um den Kundgebungsort gesperrt, was natürlich die Masse nach der durchaus friedlichen Kundgebung erneut provozierte, da viele fürchten mussten, nicht rechtzeitig zu ihren Zügen und Bussen zu kommen.

Übrigens trugen die Mitglieder des Anti-Konflikt-Teams alle einen weißen Button mit der Aufschrift: "G20 - Wir helfen gerne". Das sagt eigentlich schon alles. Diese Demonstrationen rund um den G20-Gipfel unterschieden sich also kaum von den Blockupy-Demos in Frankfurt oder anderen. Begründet wird das teilweise Fehlverhalten der Polizisten mit deren Einsatzbedingungen. Allerdings sollten die betroffenen Polizisten ihren Frust nicht an Demonstranten, sondern an den Verantwortlichen auslassen."

Foto: Peter Müller

 

 

 

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6 Antworten zu Beifall für S21-Gegner in Hamburg

  1. obenbleibär sagt:

    Gut gemacht! Danke für die Präsenz!
    Zu den Ausschreitungen mehren sich auf twitter inzwischen Meldungen, die in eine ganz andere Richtung gehen, zB.:

    Und wer war noch so im Schwarzen Block in Hamburg? Berichte über Präsenz von rechtsextremen Gewalttätern und V-Leuten der Polizei. Linke wollen Untersuchungausschuss
    https://www.heise.de/tp/news/Und-wer-war-noch-so-im-Schwarzen-Block-in-Hamburg-3770308.html

  2. Annelies Haack sagt:

    Dazu möchte ich auch was schreiben. An der Mahnwache wurde ich 2x heute angerufen, direkt aus Hamburg und zwar 11:10 Uhr und 11:40 Uhr. Ich verstand ihn sehr schlecht – er wollte sich bedanken bei den Leuten aus Stuttgart, dass sie da waren und sagte zu mir, dass wir uns wehren sollen und weiter für unseren Kopfbahnhof kämpfen. Am Schluß hörte ich die Worte „Oben bleiben“ !!!!
    Das war doch super, oder?

  3. Stichling sagt:

    Danke, Peter, für deinen tollen Bericht! Barbara

  4. hermann sagt:

    schade, dass unsere bewegung immer wieder von
    polit-aktivisten, und auch politikern missbraucht wird. Deren themen haben mit S 21
    nichts zu tun !!!
    Der Bericht von Dieter Richter am Montag war äußerst unsachlich. Er stellt die Realität auf den Kopf „Nur die Polizei war schuld“. Wir schreien gerne „Lügenpack“, aber dann dürfen wir doch solche Leute nicht in unseren Reihen haben.
    Also besser informieren, es gibt viele Fernsehrsender und noch mehr Zeitungen, die
    eben nicht gleichgeschaltet sind, daraus kann
    sich jeder ein einigermaßen objektives Bild
    machen.

  5. Peter Müller sagt:

    Ja lieber Hermann, dann lies weiter Deine „Stuttgarter Zeitung“ und bezichtige Augenzeugen der Geschehnisse der Lüge.

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