Zu einigen Beiträgen im Gemeinderat wegen Kosten und Finanzen von S21
Liebe Freunde,
Im Verwaltungsausschuss des Gemeinderats dieser Stadt letzte Woche – da wart Ihr als Bürgerbewegung immer wieder kraftvoll kritisch hörbar und spürbar. Das war gut so, Kompliment.
Heute liegt mir daran, mit Euch beim Thema Kosten und Finanzierung von Stuttgart 21 relativ kurz auf fünf Debattenbeiträge einzugehen:
Erstens: Projektleiter Leger sprach vom „Luxusbahnhof“ Stuttgart 21, den die Bahn nicht gewollt habe, sondern die Politik. Auch vom Prestigebau war die Rede. Dieser Luxus- und Prestigebau zeigt eine skandalöse Kehrseite: dass es für den Tief- und Schief-Verkleinerungs-Haltepunkt mit nie dagewesenen Gefährdungen nie einen öffentlichen Bedarf gegeben hat. Warum hat sich die Bahn zu diesem Bau missbrauchen lassen gegen die Interessen ihrer Lokführer, gegen ihre Bahnreisenden und gegen die unerlässlich bessere Infrastruktur der Bahn? Unsere Antwort: Weil dies unsinnig „politisch gewollt“ war, koste es auch noch so viele Mängel und Milliarden Euro. Deshalb „stehen wir hier und können nicht anders“.
Zweitens: Im Juni diesen Jahres hat die Bahn zwei Jahre Bauzeitverzögerung eingestanden (dazu Mehrkosten bis 6,511 Milliarden Euro). Jetzt will Herr Leger das annullieren: man wolle die Inbetriebnahme 2021 einhalten, um den Druck auf das Eisenbahn-Bundesamt aufrecht zu erhalten und um Nachtragskosten der Auftragnehmer zu vermeiden. Die Bahn will also sich und andere überlisten. Nicht mit uns, Herr Leger, zumal Sie eingestehen, dass schwierige Phasen des Projekts noch bevorstehen. Das lässt doch größere Bauzeitverzögerungen erwarten.
Drittens : Sehr widersprüchlich war es, als sich die Projektbefürworter Herr Körner von der SPD und Frau von Stein von den Freien Wählern für Vertrauen in die Bahn aussprachen und deren „verständliche Darstellung“ behaupteten. Da scheint das politisch Gewollte einen selektiven Gedächtnisschwund für alle jahrelangen Mogeleien der Bahn und für die fehlende Offenlegung ihrer Gutachten hervorzurufen.
Viertens: Auffällig hat Herr Kotz von der CDU gesagt, die Frage der Sicherheit sei keine politische Entscheidung. Genauer erschiene es mir zu sagen, die Sicherheit dürfe kein Spielball parteipolitischer Interessen sein. Das hieße dann aber bei der „Volksabstimmung“ von 2011:
- Die Bahnchefs Grube und Kefer haben bekanntlich ein Jahr später eingestanden, dass der viel beschworene Kostendeckel um zwei Milliarden Euro gesprengt sei. Das hat aber der Sachentscheidung zu S21 die Legitimation entzogen, wie der politische Vordenker dieser Abstimmung Prof. Wieland anerkannt hat.
- Und zudem hätte zwar damals wie heute der Ausstieg von Stadt und Land beschlossen werden können, aber wenn es nicht dazu kam, gilt: an gesetzlich entschiedenen Rechtsfragen, so am vorbeugenden Gefahrenschutz, kann das Projekt scheitern. Warum? Weil jeder Kraft des Grundgesetzes ein unverzichtbares Menschenrecht auf Leben und Gesundheit hat, selbst wenn es die Mehrheit gar nicht wollte. Mehrheit geht hier also nicht vor Wahrheit, speziell nicht beim Brand- und Behindertenschutz, nicht beim Irrsinn sechsfacher Gleis- und Bahnsteigneigung, auch nicht beim grundgesetzlich geforderten Erhalt und Ausbau des Schienenverkehrs, den der angebliche Luxusbahnhof zu Grabe trägt. Über vieles konnte also die Volksabstimmung keine Antwort geben. Wo es aber möglich gewesen wäre, hat man ihr durch Täuschung die Legitimation entzogen. Damit muss Schluss sein, weil die Demokratie nicht zu Schanden gehen darf.
- So kann und muss Stuttgart 21 auch daran scheitern, dass es für den Aufsichtsrat und die Projektpartner eine Rechtspflicht zum Aus- und Umstieg von S21 gibt.
Fünftens: Schließlich, liebe Freundinnen und Freunde: Übermorgen im Theaterhaus und drei Wochen später im Bahn-Aufsichtsrat in Berlin geht es auch um politische Vernunft und Mut zum Besseren. Ja, Mut zum Umstieg weg von sogenannten „Restrisiken“, die im Gemeinderat bei S21 gesehen wurden und die der Kopfbahnhof vermeidet.
Politisch vernünftig hieße: Der Umstieg von S21 würde uns von den Restrisiken von Stuttgart 21 befreien – wie es gegen „Restrisiken“ beim Atomausstieg geschah. Und der Umstieg würde der Gefahr begegnen, dass sich diese Gesellschaft an den Rändern schmerzhaft radikalisieren müsse, um sich zu erneuern. Wenn der Umstieg politisch gelingt, auch weil viele Milliarden Steuergelder nicht in den Sand gesetzt werden dürfen, dann wäre dies also eine beispielgebende Ermutigung. Sie wäre enorm wichtig, damit unsere bedrohte Demokratie erstarkt und gewinnt!
Oben Bleiben!