Rede von Maggie Klingler-Lauer, AK „S21 ist überall“, auf der 334. Montagsdemo am 15.8.2016
Erfolge im Kampf gegen unnütze Großprojekte
Liebe Freunde,
wir sind nicht allein, das konnten die sechs Kolleg(inn)en vom Arbeitskreis „Stuttgart21 ist überall“ beim sechsten Forum in Bayonne erfahren. Wir haben neue Informationen und Erfolgsmeldungen:
- Der Bau des Tiefbahnhofs und der Tunnels unter Florenz wurde nach überraschender Entscheidung des italienischen Staatspräsidenten Renzi gestoppt! Nach 20 Jahren Planung, zehn Jahren Bauzeit, einer wüsten Baugrube, nach zehn Jahren Protest und 750 verpulverten Millionen!
- Im Susatal wollen die Betreiber der Schnellbahntrasse jetzt einen Entlastungstunnel einweihen, weil sie mit den eigentlichen Tunnelarbeiten nicht vorankommen.
- Die französische Regierung beschloss, die Planung für die Schnellbahntrasse Bordeaux – Spanien zu stoppen! Grotesk allerdings: Der Trassenanschluss in Spanien wird weiter geplant!
- In Notre Dames des Landes (NDDL) kam es Ende Juni zu einer von der Regierung aufgezwungenen Volksabstimmung, die die Protestbewegung genauso knapp verlor wie wir 2011.
Die Protestbewegung war von uns gewarnt worden, wusste, dass aufgezwungene Volksabstimmungen so zugeschnitten und inszeniert werden, dass nur die Betreiber gewinnen können – sonst würden sie nicht erlaubt. Die Protestbewegung verband mit der Volksabstimmung eine erfolgreiche Infokampagne.
Anders als bei uns, wo viele nach der Volksabstimmung nach der Berechtigung von weiterem Widerstand fragten, kann NDDL den Widerstand selbstbewusst fortsetzen. Sie sagen: Euer Projekt ist nicht legal, verstößt gegen Umweltgesetze, gegen die Vereinbarungen der Weltklimakonferenz, gegen Beschlüsse zum Gemeinwohl. Unser Protest ist legitim.
Dieses Jahr war das Forum geprägt vom Pariser Klimagipfel COP 21 im Dezember 2015. Von der Dringlichkeit, die Klimaerwärmung aufzuhalten, von der fehlenden Konsequenz nach der COP 21 und der Bedeutung der Bewegungen gegen Großprojekte, für den Erhalt der Umwelt und des Klimas. Dieser Bedeutung müssen wir, die wir vor Ort kämpfen, uns selbst mehr bewusst werden und bei den Umweltverbänden einfordern.
Intensive Diskussionen gab es beim Forum auch zur Krise der Demokratie, zur Verhärtung sozialer Konflikte und der dramatischen Lage der Flüchtlinge.
Das internationale Netzwerk wird in diesem Jahr seine Einheit demonstrieren:
- am 26. Oktober 2016 in Straßburg, wo das Permanente Tribunal der Völker seinen Urteilsspruch an die europäischen Institutionen und das Europaparlament übergeben wird. Der Urteilsspruch ist eine Verurteilung der EU und der Nationalstaaten wegen Missachtung der grundlegenden Bürgerrechte bei zahlreichen Großprojekten. Stuttgart 21 ist auch genannt.
- am 8. Dezember, wenn die Bewegungen vor Ort Aktionen organisieren mit dem Logo des weißen Elefanten.
- am 17. September bei den Großdemonstrationen gegen die geplanten Freihandelsabkommen Ceta und TTIP, die die Betreiber von Großprojekten enorm stärken, die politischen Entscheidungsträger einschränken und den Stopp eines begonnenen Projektes behindern würden.
Seit 2010 haben sich im internationalen Netzwerk die Beziehungen zwischen den Gruppen verstärkt und auf neue Gruppen ausgedehnt. In Bayonne waren 39 Gruppen vertreten, so viele wie noch nie.
Die Stuttgarter Bewegung gehört mit zu den Pionieren, das wurde in Bayonne deutlich. Wir haben Vorbildfunktion. Stuttgart wurde viel gelobt für das neue Konzept „Umstieg 21“ und für die unermüdliche Arbeit unserer Fachgruppen, Mahnwache, Musikgruppen, unserer Montagsdemos.
Dieser gute Ruf war auch spürbar in San Sebastian im Baskenland. Dorthin waren wir eingeladen im Anschluss an das Forum in Bayonne, von einer noch jungen Bewegung gegen einen Tiefbahnhof.
Das Projekt in San Sebastian liest sich wie eine Blaupause von Stuttgart 21:Tunnels unter der Stadt, ein Tiefbahnhof mit angeschlossener unterirdischer Shoppingmall direkt am Strand, Abriss des Fernbahnhofs und der Gleisanlagen, Vermarktung und Bebauung der frei werdenden Flächen.
Der Tunnelbahnhof bringt, wie bei uns, keine Verbesserung des öffentlichen Verkehrs, sondern eine Beeinträchtigung. Verheerend: besonders bedroht ist der zauberhafte Strand dieser wunderschönen Stadt.
Der Saal war bis zum letzten Platz gefüllt, als wir den Stuttgarter Protest vorstellten. An diesem Abend waren wir Stuttgarter beeindruckt von den Aktivitäten der Bewegung aus San Sebastian und von der Bewunderung für den Stuttgarter Protest.
Der Arbeitskreis bleibt mit der sympathischen und mutigen Bewegung in Verbindung, ich grüße San Sebastian mit dem dortigen Kampfruf: Stop metro ari!
Oben bleiben!