BUND: DB-Aussagen über Eidechsen „billiges Manöver“

Der BUND, Regionalverband Stuttgart,  hat nachstehend folgende Presseerklärung abgegeben:

Pressemitteilung

S21 Eidechsen als Sündenböcke - Bahn lenkt von eigenem Unvermögen ab

Nun wissen wir endlich, warum Stuttgart 21 und die anschließende Neubaustrecke nach Ulm um so viel teurer wird und die Zeitpläne ständig gerissen werden – es ist der Artenschutz und insbesondere die streng geschützten Zaun- und Mauereidechsen. Dies ist der Tenor eines Interviews mit S21-Chef Manfred Leger, veröffentlicht in der Stuttgarter Zeitung am 7. April 2016.

Der BUND sieht in den Aussagen des S21-Chefs ein billiges Manöver um vom Unvermögen der Bahn bei dem Projekt Stuttgart 21 abzulenken. Die nicht nur nach Bundesnaturschutz-, sondern auch nach Europarecht streng geschützten Zaun- und MauereidechsenZaun- und Mauereidechsen müssen quasi als Sündenböcke herhalten. Unvollständige und veraltete Planungsunterlagen, ständiger Personalwechsel bei der DB-Projekt GmbH
und Beratungsresistenz gegenüber anderen Behörden und Bürgern, sind die wahren Kostentreiber und Zeitfresser des Milliardenprojektes.
„Mit dem Thema Eidechsenschutz ist die Bahn nun schon seit über 5 Jahren bundesweit konfrontiert und sollte deshalb so langsam Routine haben aktuelle Eidechsenbestände ordentlich zu erfassen und frühzeitig Ersatzbiotope einzurichten, bevor die Tiere umgesiedelt werden“, merkt Gerhard Pfeifer, BUND- Regionalgeschäftsführer und Biologe verwundert an. Bezogen auf die aktuellen Gesamtkosten des Bahnprojektes Stuttgart-Ulm in Höhe von 10 Milliarden Euro machen die Artenschutzmaßnahmen für die Eidechsen knapp 30 Millionen bzw. 0,3% von den Gesamtkosten aus. Betrachtet man die erheblichen Eingriffe in wertvolle Biotope, bei denen auch noch eine Vielzahl anderer schützenswerter Tierarten betroffen sind - und nicht nur Eidechsen, so ist diese Summe relativ bzw. naturschutzfachlich notwendig und rechtlich geboten.

Die Kostenermittlung von S21 Chef Leger von 2000 bis 4000 Euro pro Eidechsen-Umsiedlung kann der BUND so nicht nachvollziehen und hält sie für fragwürdig. „In punkto Glaubwürdigkeit von DB-Zahlen haben wir bei S21 einschlägige Erfahrungen gemacht“, so Pfeifer. Pfeifer abschließend: „Man hat den Eindruck, dass die Naturschutzmaßnahmen und deren Kosten von der Bahn dramatisiert, aber die eigentlichen Preistreiber von Stuttgart 21 – die extrem teuren Tunnelbaumaßnahmen und der geplante Tiefbahnhof hingegen klein geredet werden.“
Für Rückfragen:
Gerhard Pfeifer, 0711/61970-40
Für Rückfragen:
Gerhard Pfeifer, 0711/61970-40 "

Hierzu noch einen Leserbrief an die Stuttgarter Zeitung, um dessen Veröffentlichung hier gebeten wurde:

Stuttgarter Zeitung 7.4.2016 S. 1, 18

Geballte Inkompetenz

In Ihrer Ausgabe vom 7.4.2016 darf der Chef der DB-Projektgesellschaft Stuttgart-Ulm, ein Herr Manfred Langer auf zwei Großseiten rumjammern, dass er mit seinem Projekt, der ICE-Trasse nicht vorankommt. Als Entschuldigung führt er die Eidechsen an. Die Frage stellt sich mir, ob sich ein S 21-Chef solche Inkompetenz leisten darf.

Bereits im April 1986 hat die Bahn mit den ersten Planungen für eine autobahnnahe Trasse nach Ulm begonnen. Das sind bis heute 30 Jahre. In dieser Zeit ist von den vielen Planungsbeteiligten niemand auf die Idee gekommen, sich auch nur ansatzweise Gedanken zu machen wie denn rechtlich und fachlich mit den Eingriffen in Natur und Landschaft oder wie jetzt bekannt wird, mit den streng geschützten Tier- und Pflanzenarten umzugehen sei. Ein gewaltiges Versäumnis, das aber für das angeblich bestgeplante deutsche Großprojekt typisch ist!

Wissen die Planer und Ingenieure noch einigermaßen Bescheid, wenn es um Tunnel- oder Gleisbau geht, so versagen sie häufig in planerischen Randbereichen, die jedoch höchst Projektrelevant sind auf der ganzen Linie. Das gesamte Projekt Stuttgart 21 ist eine einzige Katastrophe, was solche Fälle von Inkompetenz anbetrifft. Denken wir nur an den Brandschutz, an den Lärm- und Grundwasserschutz oder an die vielen Pannen beim Artenschutz, die absolut vermeidbar gewesen wären.

Auch im vorliegenden Fall haben es die Projektverantwortlichen versäumt, sich rechtzeitig um das Thema zu kümmern und sofern ihnen selbst das nötige Fachwissen fehlt, es sich einzukaufen. Man hätte in den 30 Jahren genug Zeit gehabt, die Bestände zu erfassen, Ersatzbiotope zu bauen und die Tiere umzusiedeln. Wenn die Bagger auffahren, ist es dafür zu spät.

Nach meiner Einschätzung ist fraglich, ob der Chef der DB-Projektgesellschaft Stuttgart-Ulm, Herr Manfred Langer für die Umsetzung eines solch komplexen Projektes geeignet ist.

Conrad Fink

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